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# taz.de -- Republikaner im US-Repräsentantenhaus: Zu zwanzigst gegen den Rest
> 20 Republikaner*innen verhindern die Wahl Kevin McCarthys zum
> Sprecher. Wer sind die Abweichler und was wollen sie?
Bild: Findet Trump zu versöhnlich: der Republikaner Matt Gaetz
Berlin taz | Eine Rebellion von nicht einmal zwei Dutzend republikanischen
Abgeordneten [1][blockiert das US-Repräsentantenhaus]. Die Erklärung, warum
diese Leute sich zusammengetan haben, um die Wahl des langjährigen
republikanischen Minderheitsführers Kevin McCarthy zum neuen Speaker of the
House zu verhindern, ist gar nicht so eindeutig. Es sind unterschiedliche
Gruppierungen und Teilmengen von Teilmengen, die da als Block agieren.
Von den 20 Abgeordneten etwa, die am Dienstag und Mittwoch gegen Kevin
McCarthy stimmten, gehören 19 dem sogenannten Freedom Caucus an. Das ist
eine 2015 gegründete Gruppe von Abgeordneten, von denen die meisten bei den
2014er Halbzeitwahlen, unterstützt von der Tea Party, ins
Repräsentantenhaus gewählt worden waren. Der Freedom Caucus gilt als die am
weitesten rechts stehende parlamentarische Gruppierung im US-Kongress, auch
wenn es zur Zeit der Trump-Regierung verschiedene Versuche von Mitgliedern
gab, noch weiter rechts stehende Vereinigungen ins Leben zu rufen.
Der Freedom Caucus an sich allerdings ist größer als die 20, die sich jetzt
gegen McCarthy stellen, rund 50 Abgeordnete gehören dazu. Zwar sind der
frühere und der derzeitige Chef der Gruppierung, Andy Biggs aus Arizona und
Scott Perry aus Pennsylvania, die lautesten Sprecher gegen McCarthy. Aber
die Mehrheit der Mitglieder stimmt für McCarthy, einige stehen recht
prominent an dessen Seite, allen voran die notorische [2][Marjorie Taylor
Greene], die sich als QAnon-Anhängerin und fanatische Trump-Unterstützerin
einen Namen gemacht hat.
Sie beschwerte sich in dieser Woche in der Internet-Show des früheren
Trump-Strategen Stephen Bannon, „[3][Bannon's War Room“], Biggs, Perry und
der Abgeordnete Matt Gaetz würden schlicht versuchen, mit ihrer Opposition
zu McCarthy politische Posten für sich selbst herauszuhandeln. Das spricht
für heftigen Zoff innerhalb des hartrechten Flügels: Greene, Biggs, Perry,
Gaetz und die heutige „Rebellin“ Lauren Boebert aus Colorado etwa hatten
noch 2021, nach Trumps Amtszeit, als das zweite Impeachmentverfahren gegen
ihn noch lief, die sogenannte „MAGA Squad“ gegründet. Benannt nach Trumps
Wahlspruch „Make America Great Again“, kämpften sie gemeinsam für die
absolute Loyalität zum Expräsidenten – jetzt stehen sich Greene und die
anderen in zwei Lagern feindselig gegenüber.
## Massive Zugeständnisse
Die Mitgliedschaft im Freedom Caucus ist nur ein Beispiel dafür, dass es
nicht unbedingt ideologische Gründe sind, die die 20 Rebell*innen (17
Männer und 3 Frauen) zusammenbringen. Bis auf drei wurden alle von ihnen
bei den letzten Wahlen von Trump unterstützt – aber das gilt für zwei
Drittel der 222 gewählten republikanischen Abgeordneten. Und Trumps direkte
Aufforderung vom Mittwoch, ihren Widerstand gegen McCarthy einzustellen,
stieß auf taube Ohren – im Gegenteil: Bei der letzten Abstimmung verlor
McCarthy sogar noch eine Stimme mehr: Victoria Spartz aus Indiana stimmte
nur noch mit „Anwesend“.
Auch sie war im November von Trump unterstützt worden – und liegt mit
Teilen des rechten Flügels ihrer Partei über Kreuz: Als einzige in der
Ukraine geborene US-Abgeordnete setzt sie sich für noch mehr Unterstützung
für Kyjiw ein, während andere aus dem rechten Lager die Hilfe lieber heute
als morgen einstellen wollen. Auch geografisch haben die „Never-Kevins“
nicht viel gemeinsam: Arizona und Texas sind mit je drei abtrünnigen
Abgeordneten leicht überrepräsentiert, aber ansonsten verteilt sich deren
Herkunft auf die gesamten USA – wenngleich aus Kalifornien, McCarthys
Bundesstaat, niemand dabei ist.
Es liegt also nahe, dass es tatsächlich eher persönliche Ambitionen oder
vergangene Konflikte mit McCarthy sind als politisch-strategische
Differenzen, die diese Allianz in Opposition zum republikanischen
Kandidaten gebracht haben. Umso schwieriger ist es jetzt allerdings, aus
der Falle wieder herauszukommen. Wenn auch nur fünf republikanische
Abgeordnete nicht für McCarthy stimmen, hat er keine Mehrheit – jedenfalls
nicht ohne Hilfe der Demokrat*innen.
So weit, wie sich die 20 in ihrer Ablehnung McCarthys aus dem Fenster
gelehnt haben, können sie kaum ohne massive Zugeständnisse umschwenken. Das
könnten Ausschussposten sein, eine veränderte Geschäftsordnung, die eine
leichtere Abwahl des Speakers erlaubt und einiges mehr. Allerdings: Da sind
auch noch 200 andere republikanische Abgeordnete, die sich inzwischen
erpresst und vorgeführt fühlen.
Dass es den Republikaner*innen unter diesen Startbedingungen möglich
sein sollte, ihre knappe Mehrheit tatsächlich in effektive
Oppositionsarbeit gegen die Biden-Regierung zu verwandeln, erscheint
derzeit vollkommen unmöglich.
5 Jan 2023
## LINKS
[1] /Machtkampf-bei-den-US-Republikanern/!5906972
[2] /Republikaner-und-Marjorie-Taylor-Greene/!5749155
[3] https://t.co/hEsjQ4M2Qi
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
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