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# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Von aufdringlichen Gestalten
> Die Filmreihe „Bis(s) zum Abspann“ nimmt sich der Untoten des Kinos an.
> Und auch „Das Wachsfigurenkabinett“ kann als gruselig bezeichnet werden.
Bild: Szene aus Paul Lenis Stummfilm „Das Wachsfigurenkabinett“ (Deutschlan…
Mit der Filmreihe „[1][Bis(s) zum Abspann]“ werden sich die Kinos Delphi
Lux und Odeon in den kommenden Wochen der beliebtesten Untoten in Literatur
und Kino annehmen: den Vampiren. Das Programm ist dabei breit gefächert,
reicht von Jim Jarmuschs melancholischer Vampir-Modernisierung „Only Lovers
Left Alive“ bis zur Action von „Blade“, mit Wesley Snipes als coolem
Vampirjäger.
Los geht es allerdings mit dem klassischsten aller Vampire, Bram Stokers
Erfindung „Dracula“, [2][hier in der 1958 entstandenen Version] der
britischen Filmgesellschaft Hammer. Die suchte nach ihrem großen
kommerziellen Erfolg mit „The Curse of Frankenstein“ einen ähnlich
erfolgreichen Horror-Nachfolger – und fand ihn bekanntlich auch.
Die erstklassigen britischen Schauspieler Christopher Lee (als Dracula) und
Peter Cushing (als Dr. Van Helsing) wurden zum Gruseltraumpaar jener Jahre,
und überhaupt beschritt der Film, der davon erzählt, wie der blutrünstige
Graf im viktorianischen London attraktiven Damen nachstellt, in der
Darstellung von Gewalt und Erotik durchaus neue Wege: Das Blut tropft hier
ziemlich dekorativ von Draculas Fangzähnen … (5. 1., 20.30 Uhr, [3][Delphi
Lux]).
Wenn man den Begriff Horror ziemlich weit dehnt, dann könnte man vielleicht
auch Paul Lenis Stummfilm „Das Wachsfigurenkabinett“ als Horrorfilm
bezeichnen – wenngleich wir heute wohl eher von einem #metoo-Film sprechen
würden: In drei Episoden stellen Despoten am Rande des Wahnsinns (Harun
al-Raschid, Iwan der Schreckliche, Jack the Ripper) jungen Frauen äußerst
aufdringlich nach.
Das Ganze ist allerdings lediglich die Fantasie eines jungen
Schriftstellers, der sich die entsprechenden Geschichten für das Panoptikum
eines Jahrmarktes ausdenkt. Unbestritten gilt der Film vor allem aufgrund
seiner Dekorationen als ein Klassiker des deutschen Expressionismus.
Zu sehen war „Das Wachsfigurenkabinett“ bis vor Kurzem allerdings nur
äußerst selten, denn es hatte sich keine deutsche Kopie erhalten – das
Originalnegativ war 1925 auf dem Pariser Zollamt verbrannt.
Mittlerweile gibt es erfreulicherweise eine von der Deutschen Kinemathek
digital restaurierte Fassung des Films auf Basis einer Nitrokopie aus dem
British Film Institute National Archive – allerdings mit englischen
Zwischentiteln (und deutscher Untertitelung), da die deutschen
Zwischentitel aufgrund fehlender Zensurkarten und Textlisten nicht
rekonstruiert werden konnten. Zur Vorführung im Kino Arsenal begleitet
Eunice Martins „Das Wachsfigurenkabinett“ live am Piano (8. 1., 18 Uhr,
[4][Arsenal]).
Frederick Wiseman kennt man vor allem als Dokumentarfilmer von
ausgesprochen zeitintensiven Institutionenporträts. [5][Sein jüngster Film]
„Un couple“ ist nun allerdings das genaue Gegenteil: ein lediglich
einstündiger Spielfilm, gedreht an nur einem Schauplatz (plus einem
Interieur) und mit nur einer Schauspielerin.
Nathalie Boutefeu, die auch das Drehbuch verfasste, verkörpert Sofja
Tolstaja, die Ehefrau des Schriftstellers Lew Tolstoi, und monologisiert –
auf der Basis von Tolstajas eigenen Aufzeichnungen und Tolstois Briefen –
in einer Küsten- und Gartenlandschaft über die äußerst komplexe und
schwierige, insbesondere von Tolstois Eifersucht und seinen
Gemütsschwankungen geprägte Beziehung zu ihrem Mann, die ihr eigenes Leben
und ihre Kreativität zu überschatten droht (6. 1., 19.30 Uhr,
[6][Arsenal]).
5 Jan 2023
## LINKS
[1] https://www.yorck.de/specials/biss-zum-abspann
[2] https://www.yorck.de/filme/dracula?sort=Popularity&date=2023-01-05&…
[3] https://www.yorck.de/filme/dracula?sort=Popularity&date=2023-01-05&…
[4] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmvorfuehrung/das-wachsfigurenkabinett…
[5] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmvorfuehrung/un-couple-1273/
[6] https://www.arsenal-berlin.de/kino/filmvorfuehrung/un-couple-1273/
## AUTOREN
Lars Penning
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