# taz.de -- Nach Katar- und Marokkogate: Mit Aktionsplan gegen EU-Korruption | |
> Der Korruptionsskandal im EU-Parlament mit Katar und Marokko zieht | |
> weitere Kreise. Nun sollen Transparenz- und Lobbyregeln stark verschärft | |
> werden. | |
Bild: Von Eva Kailis Anwälten fordern nun viele Antworten, wie hier am 22. Dez… | |
BRÜSSEL taz | Als Reaktion auf den Korruptionsskandal um Katar und Marokko | |
will das Europaparlament die Transparenz- und Lobbyregeln deutlich | |
verschärfen. Geplant ist eine sogenannte Abkühlungsfrist von zwei Jahren. | |
In dieser Zeit dürften Ex-Abgeordnete keine Lobbyarbeit mehr machen. | |
Außerdem sollen die Parlamentarier künftig dienstliche Treffen, Reisen und | |
Geschenke offenlegen. | |
Die Vorschläge sind Teil eines Aktionsplans, den Parlamentspräsidentin | |
Roberta Metsola am Donnerstag dem Fraktionschef vorlegte. Die belgische | |
Justiz beschuldigt den ehemaligen EU-Abgeordneten Antonio Panzeri, nach | |
seinem Ausscheiden eine Lobbyorganisation gegründet zu haben, über die dann | |
Geld geflossen sein soll – unter anderem an die [1][ehemalige | |
Vizepräsidentin] Eva Kaili. | |
Panzeri, Kaili und ihr Lebensgefährte Francesco Giorgi sitzen seit Mitte | |
Dezember in belgischer Untersuchungshaft. Ihnen wird „Mitgliedschaft in | |
einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption“ vorgeworfen. | |
Die Polizei hatte bei mehreren Razzien in Brüssel rund 1,5 Millionen Euro | |
sichergestellt. In der Wohnung von Kaili [2][fanden die Ermittler 150.000 | |
Euro in bar]. Die Griechin soll versucht haben, die Politik des Parlaments | |
im Sinne des Emirats Katar beeinflusst zu haben. Panzeri soll Geld aus | |
Marokko angenommen haben. | |
## Aufklärung konzentriert sich auf EU-Parlament | |
Neben dem EU-Parlament sollen auch andere Institutionen den | |
Einflussversuchen ausgesetzt worden sein. Die EU-Kommission hat eine | |
interne Prüfung eingeleitet; ein Ex-Kommissar hatte Kontakt zu Panzeri und | |
seiner Lobbygruppe. | |
Bisher konzentriert sich die [3][Aufklärung] jedoch auf das | |
Europaparlament. Es hat Kaili aller Ämter enthoben. Bei der Plenarsitzung | |
in der kommenden Woche in Straßburg wollen die Abgeordneten einen | |
Nachfolger für die ehemalige Vizepräsidentin bestimmen. Als | |
aussichtsreichster Kandidat gilt der Luxemburger [4][Marc Angel]. Wie Kaili | |
gehört er der sozialdemokratischen S&D-Fraktion an. | |
Ebenfalls in der kommenden Woche will das Parlament über schärfere | |
Transparenz- und Lobbyregeln beraten. Die Vorschläge Metsolas, zu denen | |
auch ein Verbot der sogenannten Freundschaftsgruppen gehört, reichen nicht | |
allen aus. Der grüne Europaabgeordnete und Transparenzexperte Daniel Freund | |
spricht zwar von einem „großen Schritt“. Das Reformpaket greife aber immer | |
noch zu kurz. | |
„Eine Offenlegung des Vermögens von Abgeordneten zu Beginn und Ende der | |
Legislatur ist der vielleicht stärkste Anreiz gegen die Annahme von | |
Schmiergeld“, so Freund. Eine Reform der Ethikregeln müsse umfassend und | |
öffentlich sein. | |
## Eine weitere Abgeordnete tritt zurück | |
Einige Abgeordnete rufen sogar nach einem Untersuchungsausschuss. Nach den | |
geltenden Regeln kann er aber erst nach dem Ende der Ermittlungen | |
eingeleitet werden. | |
Nach den spektakulären Enthüllungen im Dezember kommt die belgische Justiz | |
nun wohl nicht mehr so recht voran. Ermittlungsrichter Michel Claise soll | |
eingeräumt haben, dass bisher nicht genügend Beweise gegen [5][Kaili] | |
vorlägen. | |
Dennoch zieht der größte Bestechungsskandal der EU-Geschichte weitere | |
Kreise. Am Mittwoch legte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im | |
Europaparlament, [6][die belgische Sozialistin Marie Arena], ihr Amt | |
nieder. Zuvor war bekannt geworden, dass sie auf Kosten des Emirats eine | |
Reise nach Katar angetreten hatte – ohne diese zu melden. Arena wies alle | |
Vorwürfe zurück. | |
Allerdings stand sie Panzeri nahe, der früher ebenfalls den | |
Menschenrechts-Ausschuss leitete. Dieser Ausschuss steht nun ebenso im | |
Fokus wie die sozialdemokratische S&D, der fast alle verdächtigten | |
Politiker angehörten. Die Genossen weisen jedoch jede Kollektivschuld von | |
sich. Die bisherigen Erkenntnisse seien nur „die Spitze des Eisbergs“, | |
heißt es in der S&D-Fraktion, auch andere Parteien seien nicht immun gegen | |
Bestechung. | |
12 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Korruptionsskandal-im-Europaparlament/!5902579 | |
[2] /Korruptionsskandal-in-der-EU/!5903393 | |
[3] /Korruption-in-Griechenland/!5905642 | |
[4] https://www.europarl.europa.eu/meps/de/202073/MARC_ANGEL/home | |
[5] https://www.europarl.europa.eu/meps/de/125109/EVA_KAILI/home | |
[6] https://www.europarl.europa.eu/meps/de/124936/MARIA_ARENA/home | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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