# taz.de -- Zeichnungen von Axel Scheffler: Grüße aus London | |
> Briefmarken als Quelle der Inspiration: Eine neue Ausstellung im Museum | |
> für Kommunikation nimmt den Zeichner Axel Scheffler in den Blick. | |
Bild: Axels Schefflers Briefkunst, ein Motiv der Ausstellung | |
Auf dem Kuvert klebt eine große Briefmarke, die Queen Viktoria auf einem | |
Gemälde darstellt. Die gealterte Königin sitzt stolz auf ihrem Pferd, das | |
von ihrem betagten Diener mit Kilt (John Brown) gehalten wird. Der Umschlag | |
des Briefs ist komplett mit einem Aquarell bemalt und scheint das Motiv zu | |
wiederholen. | |
Doch wurde die Szene von einer Tag- in eine Nachtszene verwandelt, in der | |
ein Mond mit Gesicht zu sehen ist und eine freundlich lächelnde Fledermaus | |
über dem Pferd flattert. Die beiden Personen gucken den Betrachter mit | |
großen Augen irritiert an. Das stolze Pferd ist hier nur noch ein Gerippe. | |
Darunter eine Adresse: Anke Kuhl, Frankfurt. | |
Der an die bekannte Illustratorin gerichtete Brief stammt von einem | |
Kollegen: Axel Scheffler. Der in London lebende Künstler ist vor allem | |
durch seine Zusammenarbeit mit der Autorin Julia Donaldson bekannt. Für | |
ihre Geschichten schuf er zahlreiche Illustrationen und Figuren, die seit | |
Jahrzehnten Kinder wie Erwachsene erfreuen: allen voran der | |
[1][„Grüffelo“], dessen „Grüffelokind“, der Drache „Zogg“ oder �… | |
Der 1957 geborene Hamburger lebt seit 1982 in England. Ursprünglich ging er | |
zum Studium dorthin. Er blieb dort und konnte so Geschöpfe kreieren, die | |
Kultcharakter haben. Sein markanter Stil zeichnet sich durch skurrile | |
Figuren mit Kulleraugen aus, oft Monster, vor denen Kinder jedoch keine | |
Angst haben. | |
## Ein ganzes Œuvre zu entdecken | |
Nun zeigt die Ausstellung „Von Monstern, Mäusen und Menschen. Axel | |
Schefflers fantastische Briefbilder“ im Berliner Museum für Kommunikation | |
eine bislang unbekannte Seite des Illustrators, ja, ein ganzes Œuvre ist zu | |
entdecken: Dutzende von Kuverts sind in Schaukästen an der Wand und in der | |
Mitte der Galerie im 2. Stock ausgestellt. | |
Die persönlich und liebevoll gestalteten Umschläge offenbaren Schefflers | |
subversiv-verrückten Humor und warten mit vielen zeittypischen Anspielungen | |
auf: Seepferde tragen Coronamasken, die Queen hält Händchen mit dem | |
Grüffelo. Auf manchen Kuverts sind Schnabeltierbriefträger unterwegs. | |
Der zur Eröffnung nach Berlin gereiste Künstler beschreibt die | |
Initialzündung dafür so: „Mir fiel Ende der 1970er Jahre ein Buch mit | |
illustrierten Umschlägen von Jean-Michel Folon (ein belgischer Künstler, | |
1934–2005; d. Red.) in die Hände. Das hat mich angeregt.“ | |
Von London aus hatte Scheffler allen Grund, Briefe zu schreiben, denn in | |
den 1980er Jahren gab es weder SMS noch E-Mails. Seien es befreundete | |
Illustratorinnen wie [2][Anke Kuhl], Cartoonisten wie Manfred von Papen | |
(Papan), die Autorin Julia Donaldson, Verleger, Journalisten, Verwandte: | |
Von Beginn an benutzte er die Kuverts als Zeichenpapier. | |
## Fan der Royal Mail-Marken | |
Anfangs machte er auch Fotomontagen. Darunter finden sich Schnappschüsse | |
derb lachender Politiker wie Hans-Dietrich Genscher und Helmut Kohl – | |
eindeutig noch aus den 1980er Jahren. Bald überwog das Gezeichnete. | |
Besonders gerne bezieht Scheffler die Briefmarken der Royal Mail mit ein in | |
die Gesamtkonzeption. „Ich kaufe die monatlich herauskommenden | |
Briefmarken“, gibt der Zeichner an, „so sie mir gefallen, und habe über die | |
Jahre auch viele aufgehoben. Früher konnte ich die Sondermarken noch im | |
Post Office kaufen – heute muss ich sie leider digital bestellen.“ | |
Typisch für die Royal-Mail-Marken sind Abbildungen der Royals und | |
militärische Motive. Deshalb tummelt sich die Queen – von blutjung bis | |
gealtert – besonders häufig auf den Marken. Einen witzigen Effekt erzielt | |
der Zeichner, indem er die meist fotografierten Büsten der Queen oder von | |
martialisch dreinblickenden Soldaten des Krimkrieges auf den Marken | |
geschickt zeichnerisch zu einem vollständigen Körper verlängert. | |
Manchmal zeichnet Scheffler das Motiv ab und interpretiert es in seinem | |
typischen Strich neu, sodass sich witzige oder auch makabre Effekte | |
ergeben. Oft erzählt das gezeichnete Motiv auch eine unabhängige kleine | |
Geschichte. Ein eigener Stempel des Londoner Zeichners ziert viele | |
Umschläge und auch einige royale Marken können mit Schefflerfiguren seiner | |
populären Kinderbücher auftrumpfen. | |
Die gesammelten Kuvertschätze sind in der Ausstellung nach Adressaten | |
geordnet. Wie sehr diese die Umschläge schätzen, zeigt, dass sie alle | |
aufgehoben wurden und nun – manche mit leichten Spuren des Transports, | |
abgerissenen Ecken oder Klebstellen – sogar für zwei Ausstellungen | |
reichten: In Leipzig findet eine parallele Schau statt. „Die Umschläge | |
geben mir völlige Freiheit, ohne Auftrag oder Textvorgaben zu zeichnen“, | |
sagt Scheffler. Und: Solange er die Feder schwingt und die analoge Post | |
weiterhin ausgetragen wird, wird er auch seine Kuverts bemalen, versichert | |
er.[3][[https://www.mfk-berlin.de/ausstellung-axel-schefflers-fantastische- | |
briefbilder/]] | |
21 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Verfilmung-des-Kinderbuchs-im-ZDF/!5129963 | |
[2] /Neue-Kinder--und-Jugendbuecher/!5671138 | |
[3] https://www.mfk-berlin.de/ausstellung-axel-schefflers-fantastische-briefbil… | |
## AUTOREN | |
Ralph Trommer | |
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