# taz.de -- Frankreichs unzählige Fußball-Talente: Alle weltmeisterlich | |
> Die französische Nationalmannschaft steht wieder einmal in einem großen | |
> Finale. Kein Verband produziert so unaufhörlich große Talente wie | |
> Frankreich. | |
Bild: Spielmacher Antoine Griezmann ist auch von Selim Amallah kaum in den Grif… | |
Zwei Sterne prangten noch über dem gallischen Gockel auf dem Trikot [1][von | |
Randal Kolo Muani], als er über eine dieser typischen Fußballgeschichten | |
referierte. Wobei, vielleicht nicht ganz so typisch, denn dass einer 44 | |
Sekunden nach seiner Einwechslung in einem WM-Halbfinale sein erstes | |
Länderspieltor erzielt, scheint dann doch mehr als eines der | |
branchenüblichen Wasserträgermärchen. | |
„Magisch“, so der Stürmer von Eintracht Frankfurt über seinen Abstauber z… | |
2:0-Endstand gegen Marokko, „ich träume immer noch“. Der 24-Jährige aus | |
Bondy bei Paris, der eine Vorarbeit von [2][Superstar Kylian Mbappé], | |
ebenfalls Bondy, verwertete, ist überhaupt nur last minute bei der WM, weil | |
sich Christopher Nkunku kurz vorher verletzte. | |
Wo also selbst die Aushilfen der Ersatzspieler zu WM-Helden avancieren | |
können, da wird am Sonntag schon fast zwangsläufig nach dem dritten Stern | |
gegriffen. Im Katar-Derby trifft Mbappé auf seinen Klubkollegen Lionel | |
Messi von Paris St. Germain, dem Verein aus dem Portfolio der staatlichen | |
Investmentholding des Emirats. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wird | |
es freuen, er war schon am Mittwoch im Al-Bayt-Stadion und schaute danach | |
zum Kabinenbesuch rein, nachdem er es vorigen Sommer im Doppelpass mit dem | |
Emir sogar fertiggebracht hatte, den schon fast nach Madrid abgewanderten | |
Mbappé in Paris zu halten. | |
Kein anderes europäisches Land zeigt sich so offen für katarische | |
Geldspritzen und Wirtschaftsaktivitäten, nicht nur im Fußball. Macrons | |
[3][Vorgänger Nicolas Sarkozy soll im Gegenzug mit dem damaligen | |
Uefa-Präsidenten Michel Platini] für die WM-Vergabe nach Katar | |
antichambriert haben. Wer das Politelement noch weiter beschwören will, | |
kann den französischen Finaleinzug außerdem damit untermauern, dass sich | |
dort niemand in Bindenstreitigkeiten verlor. Kapitän Hugo Lloris erläuterte | |
vor der WM: „Wenn wir ausländische Besucher in Frankreich willkommen | |
heißen, möchten wir oft, dass sie unsere Regeln und unsere Kultur | |
respektieren. Das werde ich auch tun, wenn ich nach Katar fahre.“ | |
## Zahlreiche Ausfälle | |
In Wirklichkeit braucht es all die Parallelen und Überhöhungen aber nicht, | |
ausnahmsweise reicht zur Einordnung von Frankreichs Erfolgssträhne der | |
Blick auf den Fußball. Noch immer scheint allenfalls mit Überheblichkeit | |
erklärbar, wie man vorigen Sommer ein EM-Achtelfinale gegen die Schweiz | |
herschenken konnte. Ansonsten? EM-Finale 2016, WM-Sieg 2018, zwischendrin | |
mal eine Nations League und jetzt also wieder ein WM-Finale. Nebst dem | |
Eindruck, dass kein anderer Verband so unablässig Talente produziert wie | |
Frankreich. | |
Die Mannschaft des akribischen Trainers Didier Deschamps agiert hier, nur | |
zur Erinnerung, unter anderem ohne den amtierenden Weltfußballer Karim | |
Benzema. Gut, der war 2018 auch nicht dabei („Sextape-Affäre“) und galt | |
nach seiner Begnadigung mancherorts sogar eher als Störenfried bei den | |
sonst so harmonischen Didier-Tours. Allerdings fehlt mit N’Golo Kanté zudem | |
der Dauerläufer, wichtiges Erfolgsgeheimnis der 2018er-Weltmeister, und mit | |
Paul Pogba deren Zentrumsspieler und Einpeitscher. Auch in der Abwehr gibt | |
es Verletze, aber da könnten die Franzosen sowieso drei bessere | |
Viererketten aufstellen als etwa die Deutschen eine einzige. | |
Dass sie vor dem Marokko-Spiel von einem lästigen Virus heimgesucht wurden? | |
Dann ging es diesmal eben auch noch ohne die bisherigen WM-Stammspieler | |
Adrien Rabiot in der Ballverteilung und Dayot Upamecano in der | |
Innenverteidigung. Irgendwer findet sich immer, und mit ihrem neuen | |
Mittelfeld um den jungen, omnipräsenten Aurélien Tchouaméni und den zum | |
Spielmacher umfunktionierten Antoine Griezmann treten die Franzosen sogar | |
etwas attraktiver auf als bei ihren körperbetonten Zweckkicks von 2018. | |
Jouer et laisser jouer gewissermaßen, spielen und spielen lassen. Wer vorn | |
Mbappé, Griezmann, Ousmane Dembélé und Olivier Giroud hat, ist dabei im | |
Zweifelsfall immer effizienter als der Gegner, jedenfalls [4][solange der | |
keinen Messi] hat. | |
Alles Weitere wird man am Sonntag sehen. „Es wird ein großes Finale gegen | |
einen Spieler, der die Geschichte dieses Sports geprägt hat“, sagt Torwart | |
Lloris. Ihrerseits haben sich seine Franzosen „die goldene Gelegenheit | |
geschenkt“, als erstes Team seit Brasilien 1962 den WM-Titel zu | |
verteidigen. Brot-und-Spiele-Experte Macron kann jubilieren: „Unsere | |
Landsleute brauchen einfache und reine Freuden, der Sport liefert sie und | |
der Fußball ganz besonders.“ | |
15 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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