# taz.de -- Wolf riss Pferd von Ursula von der Leyen: Ponykiller zum Abschuss f… | |
> Die Region Hannover will einen prominenten Wolf abschießen lassen: Der | |
> Rüde hatte ein Pony der EU-Kommissionspräsidentin getötet. | |
Bild: Große Pferdefreundin: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen | |
Berlin taz | Und dann traf es ausgerechnet Ursula von der Leyens Pony | |
Dolly: Ein bereits bekannter „Problemwolf“ (Kennung: GW950m) tötete Anfang | |
September auf einer Koppel nahe Hannover das 30 Jahre alte Pferd der | |
EU-Kommissionspräsidentin. Eine Erbgutanalyse hat den Räuber nun überführt. | |
Das, was viele Schäfer und Bauern bereits erlebt haben, widerfuhr nun auch | |
der CDU-Politikerin: Jedes Jahr werden tausende Weidetiere von Wölfen | |
gerissen. „Die ganze Familie ist fürchterlich mitgenommen von der | |
Nachricht“, ließ sie mitteilen. Das Pony muss auch ziemlich süß gewesen | |
sein, wie Fotos auf von der Leyens [1][Instagram-Kanal] nahelegen. | |
Wenige Wochen nach Dollys Tod schickte die Kommissionspräsidentin den | |
Abgeordneten von CDU/CSU im EU-Parlament einen bemerkenswerten Brief – zum | |
Thema Wolf. „Es gibt vermehrt Berichte über Wolfsangriffe auf Tierbestände | |
und steigende Risiken für Menschen vor Ort“, schrieb von der Leyen darin. | |
„Diese Situation wirft verständlicherweise in betroffenen Regionen Europas | |
die Frage auf, ob der aktuelle Schutzstatus von Wölfen angemessen ist.“ | |
Bisher dürfen sie nur in sehr wenigen Ausnahmefällen geschossen werden. Von | |
der Leyen erklärte nun, sie habe die Dienststellen der Kommission | |
angewiesen, alle Daten daraufhin zu prüfen, ob der Schutzstatus geändert | |
werden muss. Gleichzeitig betonte sie, dass die Mitgliedstaaten schon jetzt | |
„im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit“ eine | |
begrenzte Anzahl von Wölfen „entnehmen“, vulgo: töten dürften. | |
Diese Möglichkeit nutzt jetzt auch die Region Hannover gegen GW950m: „Eine | |
artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung wurde beantragt und entsprechend | |
der rechtlichen Anforderungen geprüft. Diese sind erfüllt“, teilte | |
Christina Kreutz, Sprecherin der Regionsverwaltung, am Freitag der taz mit. | |
„Das Tier hat zahlreiche Nutztiere gerissen. Insgesamt sind 13 Risse | |
registriert, die dem Tier zugeschrieben werden. Betroffen waren | |
insbesondere Schafe, aber auch Rinder und ein Pferd“, so Kreutz. Die | |
Genehmigung sei im Oktober erteilt worden und gelte seitdem bis 31.1.2023 | |
für den Rüden. Die Frage, ob der Anlass für die Abschussgenehmigung der | |
Übergriff auf von der Leyens Pony war, ließ die Sprecherin unbeantwortet. | |
Das Land Niedersachsen hatte GW950m [2][bereits 2021] auf die Abschussliste | |
gesetzt, ihn jedoch wenige Wochen später wieder davon gestrichen, nachdem | |
ein anderes Tier des Rudels geschossen worden war. Man habe erst einmal | |
sehen wollen, ob das Rudel nach dem ersten Abschuss weniger Nutztiere | |
reiße, sagte eine Sprecherin der Umweltministeriums am Freitag der taz. | |
Die Wölfe sind im Jahr 2000 nach Ausrottung der Tierart hierzulande vor 150 | |
Jahren dauerhaft nach Deutschland zurückgekehrt. In den zwölf Monaten bis | |
Ende April 2022 wurden laut Bundesamt für Naturschutz [3][1.175 Wölfe] | |
nachgewiesen. Auch die Zahl der bei Wolfsangriffen getöteten, verletzten | |
oder vermissten Nutztiere stieg laut Behörden fast jedes Jahr stark, 2021 | |
waren es [4][3.374]. Viele Bauern sehen die vergleichsweise tier- und | |
naturfreundliche Viehhaltung auf der Weide durch Wölfe zusätzlich | |
gefährdet. Zudem gibt es Sorgen, dass Wölfe Menschen angreifen könnten. | |
Naturschützer argumentieren, der Wolf habe zur Natur in Deutschland gehört, | |
bis er vertrieben wurde. Zudem sei er der [5][„Gesundheitspolizist]“ der | |
Natur, er reiße zum Beispiel kranke Rehe und verhindere so, dass sie andere | |
anstecken. | |
## Naturschützer fürchten nicht um Schutzstatus des Wolfs | |
Dass nun von der Leyen wegen ihres Ponys den Wölfen an den Kragen will, wie | |
das einige Medien suggeriert haben, ist unwahrscheinlich. „Ich kann in dem | |
Schreiben der Kommissionspräsidentin keinen emotionalen Hang entdecken“, | |
sagte Marie Neuwald, Referentin für Wölfe und Beweidung des | |
Naturschutzbunds (Nabu) der taz. Alles andere wäre ja auch sehr | |
unprofessionell, so Neuwald. | |
Tatsächlich reagierte von der Leyen mit ihrem Schreiben ausdrücklich auf | |
einen Brief der Unionsabgeordneten und eine [6][Resolution des | |
EU-Parlaments]. Dieses hatte Ende November in einer Entschließung besonders | |
die Schäden für die Weidewirtschaft und Angriffe auf Menschen betont. Die | |
Abgeordneten forderten, „dass die Kommission entsprechend Artikel 19 der | |
Habitat-Richtlinie unverzüglich ein Überprüfungsverfahren entwickelt, damit | |
der Schutzstatus von Populationen in bestimmten Regionen geändert werden | |
kann, sobald der gewünschte Erhaltungszustand erreicht ist“. Dass dieser | |
Erhaltungszustand gemäß EU-Recht jetzt schon erreicht ist, steht allerdings | |
nicht in dem Beschluss. Wie viele Tiere dafür nötig sind und wie weit | |
verbreitet sie dafür sein müssen, ist umstritten und auch nicht klar | |
festgelegt. | |
## Jäger halten Wolfszahl für hoch genug | |
Neuwald ist der Meinung, dass die Wölfe noch nicht so weit sind: „Ich | |
glaube nicht, dass sich an dem Schutzstatus etwas ändern wird, wenn die | |
EU-Kommission ihn überprüft.“ Den Wolf zu bejagen würde den | |
Weidetierhaltern auch nichts bringen, so Neuwald. „Sobald ein Wolf in einer | |
Region ist, müssen Weidetiere geschützt werden, denn auch ein Einzelwolf | |
kann Schaden anrichten. Wölfe lernen durch eine Bejagung nicht, Abstand zu | |
Weidetieren zu halten. Dies kann nur durch Herdenschutz mit Elektrozäunen | |
oder – dort wo es passt – Herdenschutzhunde erreicht werden.“ Der Nabu | |
verlangt, dass die Bundesländer Anschaffung und laufende Kosten | |
bezuschussen. | |
Helmut Dammann-Tamke, Vizepräsident des Deutschen Jagdverbands, dagegen | |
findet, in seiner Heimat Niedersachsen gebe es schon genug Wölfe, um die | |
Art zu erhalten. „Wir haben in der Lüneburger Heide die höchste Wolfsdichte | |
weltweit. Wenn der günstige Erhaltungszustand dort nicht gegeben ist, wo | |
dann?“, sagte er der taz. „Rudel, die immer wieder Nutztiere in | |
Weideregionen reißen, sollten komplett entnommen werden, da die Wölfe sonst | |
ihr auf Nutztiere fokussiertes Jadgverhalten von Generation zu Generation | |
weitergeben“. Wo es nicht möglich oder erlaubt sei, wolfssichere Zäune | |
aufzustellen, etwa an den von Schafen beweideten Nordseedeichen, dürften | |
keine sesshaften Wölfe geduldet werden, sagte Dammann-Tamke. | |
9 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/p/CJWNd71BIUt/?utm_source=ig_embed&utm_campai… | |
[2] https://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressemitteilungen… | |
[3] https://www.bfn.de/pressemitteilungen/aktuelle-wolfszahlen-bundesweit-161-r… | |
[4] https://www.dbb-wolf.de/wolfsmanagement/herdenschutz/schadensstatistik | |
[5] https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/wissen/15812.html | |
[6] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0423_DE.html | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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