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# taz.de -- Die Wahrheit: Und dann macht es bumm!
> Der Wahrheit-Verbrauchertipp für den Energiesparwinter: Sechs seriöse
> Alternativen zu den gewöhnlich gebräuchlichen Heizkörpern.
Die Energiekrise lässt die Heizkosten explodieren und alte Gewohnheiten
überdenken. Mit einem porösen Öltank im Garten gilt man heute schnell als
Umweltsau, mit einen prall gefüllten Methankessel als Putin-Knecht. Doch
welche Alternativen zur Öl- oder Gasheizung sind momentan auf dem Markt?
Die Wahrheit gibt einen exklusiven Überblick für frierende Verbraucher.
## Wärmepumpe
Diese Apparatur zur umweltschonenden Wärmegewinnung, die in Ausmaß und
Aufmachung verdächtig an texanische Ölfördertürme erinnert, gilt in der
aktuellen Wintersaison als ökologisches Must-Have in den Vorgärten
besserverdienender Klimafreunde.
Zum Heizen der angrenzenden Behausung nutzt die höchstens fußballfeldgroße
Anlage trickreich thermische Energie, die sie der Umwelt entzieht. Als
Wärmequellen werden entweder das Erdinnere, das Grundwasser oder die
Grundstückseigentümer angezapft. Letzteres trägt jedoch nicht unwesentlich
zur sozialen Kälte in den oberen Etagen der Gesellschaft bei. Vor der
versehentlichen Anschaffung einer extrem saugfähigen Wärmepumpe im
heimischen Potsdam soll Olaf Scholz ein empathischer Charakter voll
menschlicher Wärme gewesen sein, dessen politische Karriere in der SPD
allerdings stagnierte.
Bei einer Erdwärmepumpe mit Tiefenbohrung kann es wiederum vorkommen, dass
versehentlich einer der oberen Höllenkreise oder eine Erdgasblase angebohrt
wird. Im ersten Fall dürfen Sie sich laut Johannes-Offenbarung auf eine
Raumtemperatur von 445 Grad und eine dämonische Heimsuchung bei der
nächsten Dinnerparty freuen. Im zweiten Fall verlieren Sie zwar die
Öko-Förderung der Bundesregierung, gewinnen aber Milliarden aus
klandestinen Erdgas-Deals mit derselben Bundesregierung. Wenn Sie
zusätzlich zu der Förderpumpe ein korruptes Regime in ihrem Vorgarten
errichten, dürfen Sie sogar der Fifa beitreten und eine der nächsten
Fußballweltmeisterschaften ausrichten.
## Photovoltaik-Anlage
Zur Gewinnung ökologischer Energie wandeln diese Anlagen das Sonnenlicht
mithilfe von Solarzellen in Strom um. Aber wie genau das funktioniert, kann
niemand so recht erklären, weil der Wikipedia-Artikel wirklich sehr lang
und kompliziert ist. Manche Experten glauben, dass die reflektierenden
Kollektoren auf dem Dach Lichtwesen wie Feen und Elfen aus dem Äther
anlocken, die dann in einer Zentrifuge entsaftet und schließlich zu
sirupartigem Wechselstrom eingekocht werden. Andere glauben, dass
kosmisches Prana eingesogen wird und in die hauseigenen Chakren fließt, die
sich dabei erhitzen, wenn man nackt vor dem Heizkörper tanzt.
Wegen dieser Fragen galt die Solarenergie hierzulande lange als schwarze
Magie und wurde mit Exkommunikation aus dem Verband der Energieversorger
bestraft. Erst seit Kurzem dürfen die futuristischen Solarpaneele frei
verkauft werden. Weltraumfans geben ihrer Behausung mit großflächigen
Sonnensegeln gern die Anmutung einer Raumsonde, doch erst ab einer
Sonneneinstrahlung von über 2.000 Watt pro Quadratmeter wird das Haus in
die Exosphäre katapultiert. Bei anhaltendem Temperaturanstieg ist mit dem
Lift-off des Eigenheims frühestens in 25 Jahren zu rechnen.
## Homöopathische Heizung
Diese esoterische Form der Wärmeerzeugung geht auf den Leverkusener
Ölhändler Hermann-Josef „Juppi“ Hahnemann zurück, der während eines
Lieferengpasses in der Ölkrise der siebziger Jahre die Theorie der
„Potenzierung“ entwarf. Ein einziger Tropfen Schweröl, mutmaßte der
rheinische Schwerdenker, müsste doch die Heizkraft eines randvoll gefüllten
Tanks entwickeln, wenn man dem Kunden dafür dieselbe Summe berechnet.
Obwohl es keinerlei wissenschaftliche Beweise für die Wirkung der
homöopathischen Heizung gibt, hat die Methode bis heute überzeugte
Anhänger, die man leicht an ihrem chronischen Schnupfen erkennt, den sie
wiederum mit Zuckerkügelchen zu kurieren suchen.
## Pelletofen
Ein Pelletofen ist eigentlich nur ein ordinärer Ofen mit dem vage
skandinavisch klingenden Vornamen „Pellet“. Der Name „Pellet“ verweist …
den Ursprung des Heizmaterials aus dem Ikea-Katalog. So werden die
Köttbullar aus der Tiefkühltrühe genannt, die sich meist als ungenießbar
herausstellen und deswegen verbrannt werden müssen. Wie alle anderen
Produkte des schwedischen Möbelhauses werden auch die knödelförmigen
Pellets aus Holzresten zusammengepappt. In der Heizkraft sind Pellets
anderen Naturmaterialien wie getrocknetem Dung überlegen, geschmacklich
sind Sie mit einem Kuhfladen besser bedient. Neben dem Köttbullar fackelt
Ihre Pelletheizung aber auch klaglos andere zerhackte
Einrichtungsgegenstände aus minderwertigem Pressholz ab.
Der Betrieb eines Pelletofens ist eine recht unsubtile Art, Ihren Nachbarn
zu demonstrieren, dass Sie eigentlich bitterarm sind. Dafür sind die
leistungsfähigen Geräte überall einsetzbar. Immerhin kann auch ein leeres
Ölfass unter der Brücke zum Pelletofen umgerüstet werden, indem Sie
gesammelte Holzschnipsel hineinwerfen.
## Hexenverbrennung
Aus humanitären Erwägungen ist die Verfeuerung von Hexen und Zauberern zur
Wärmeerzeugung bei Klosterstube und Abtei in den letzten Jahrhunderten ein
wenig in Verruf geraten. Dabei war die Ökobilanz der schwelenden
Scheiterhaufen geradezu magisch, immerhin gehören Hexen zu den „human
ressources“ und sind damit anders als Dinosaurier oder Urzeitwälder schnell
nachwachsende Rohstoffe.
Hexen werden zu den Nachtschattengewächsen gezählt und können nur bei
Vollmond in einem Hexenzirkel von exakt 360 Grad geerntet werden. Mit dem
Hexenhammer werden sie dann weiter zu Brennstoff verarbeitet. Leider wurden
ehemals undurchdringliche Hexenkonvente in den deutschen Mittelgebirgen
seit ihrer Abholzung durch die Inquisition nicht wieder aufgeforstet, so
dass eine Umrüstung energieintensiver Branchen wie der Aluminiumindustrie
auf Hexenverbrennung derzeit unmöglich erscheint. Abhilfe könnten künftig
Importe aus dem Ausland schaffen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
führt bereits weltweit bilaterale Gespräche mit misogynen Regierungen.
## Brennstoffzellenheizung
Die Brennstoffzelle basiert auf einer simplen elektrochemischen Reaktion
von Wasserstoff und Sauerstoff, die jeder Laie hinbekommt, ohne den
komplizierten Eintrag auf Wikipedia ganz durchlesen zu müssen. Als Zutaten
braucht man nur die drei Elemente Wasser, Sauer und Stoff, die eigentlich
in jedem Haushalt vorhanden sind. Statt Sauer kann man auch Magenbitter
nehmen, als Stoff empfiehlt sich ein reißfester Vollzwirn oder Kokain mit
floralen Mustern. Wenn man diese drei Substanzen in einen gut entlüfteten
Heizkörper füllt und dann ordentlich schüttelt, machen sie erst bumm! – und
dann das Haus gründlich warm.
Die Funktionsweise der Brennstoffzelle ist offensichtlich der
Cola-Mentos-Fontäne entlehnt, die als größte wissenschaftliche Entdeckung
der letzten Dekade gilt, wenn man Youtube als Maßstab nimmt. Die
Brennstoffzelle wurde 1838 zusammengebastelt und von Jules Verne in dem
Roman „Die geheimnisvolle Insel“ zur Anwendung gebracht. Seitdem gilt die
brandheiße Zelle als Heilsbringer in der jeweils nächsten Energiekrise.
3 Dec 2022
## AUTOREN
Christian Bartel
## TAGS
Energiesparen
Winter
Heizung
Kolumne Die Wahrheit
Desiderius-Erasmus-Stiftung
Russen
Klima
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
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