# taz.de -- Aufstand in Iran: Streik soll das Land lahmlegen | |
> Bis Mittwoch bleiben viele Geschäfte in Iran aus Protest geschlossen. Ein | |
> Leak aus Regimekreisen zeigt, dass die Aufstandsbewegung größer ist als | |
> bekannt. | |
Bild: Läden blieben am Montag und Dienstag teilweise zu – wie hier auf einem… | |
BERLIN taz | In Iran bleiben erneut viele Geschäfte geschlossen. Auch | |
zeigen Videos neue Straßenproteste in verschiedenen Städten, darunter in | |
der Hauptstadt Teheran. Aktivist*innen hatten dazu [1][aufgerufen], | |
drei Tage lang zu streiken und auf die Straße zu gehen. Die sogenannten | |
„14-15-16-Proteste“ haben am Montag begonnen und sollen bis Mittwoch | |
andauern. Die Zahlen beziehen sich auf die Tage im persischen Kalendermonat | |
Azar. | |
Am Dienstag wurde indes bekannt, dass fünf weitere | |
Protestteilnehmer*innen zum Tode verurteilt worden sind. Die Justiz | |
beschuldigt sie, an der Tötung eines Mitglieds der paramilitärischen | |
Basidsch-Miliz im November beteiligt gewesen zu sein. Insgesamt sind damit | |
elf Menschen im Zusammenhang mit den Protesten zum Tode verurteilt worden. | |
Dass im jüngsten Fall ein Tötungsvorwurf erhoben wurde, könnte derweil kein | |
Zufall sein: Vor Kurzem war durch einen Hack öffentlich geworden, dass der | |
Führer der Islamischen Republik, Ali Chamenei, sich dafür ausspricht, | |
Gefangene nach dem Prinzip der Vergeltung (qisas) zum Tode zu verurteilen | |
und nicht – wie in anderen Urteilen gegen Protestteilnehmer*innen – | |
aufgrund des Straftatbestands „Krieg gegen Gott“ (moharebeh). Letzterer | |
bietet viel Spielraum für Interpretation; die Justiz hatte ihn zuletzt | |
gegen Demonstrierende ins Feld geführt. | |
Die Streiks am Montag und Dienstag betrafen insbesondere die Basare in | |
Städten wie Teheran und Isfahan. In Isfahan streikten am Dienstag auch die | |
Arbeiter einer Metallfabrik. Streiks wurden zudem aus kleineren Städten | |
gemeldet sowie aus Saghez, der Heimatstadt von [2][Mahsa Jina Amini, deren | |
Tod in Polizeigewahrsam im September die Proteste ausgelöst hatte]. Fast | |
alle Provinzen des Landes sind aktuell von Streiks betroffen. | |
Am Montagabend verbreiteten sich auch Videos von Straßenprotesten in | |
Teheran, Maschhad, Ghazvin, Isfahan und Arak. Neben bekannten | |
Protestparolen aus den vergangenen Jahren wie „Nieder mit der Diktatur“ | |
waren auch neue Sprüche zu hören, etwa: „Wir wollen keinen Staat, der | |
Kinder ermordet“ und „Mit Hidschab und ohne machen wir uns auf den Weg der | |
Revolution“. | |
Iranische Medien berichteten am Montag, dass zwei Läden des Fußballstars | |
Ali Daei geschlossen wurden. „Aufgrund seiner Zusammenarbeit mit | |
konterrevolutionären Gruppen wurden Ali Daeis Restaurant und sein | |
Juweliergeschäft versiegelt“, berichtete die Nachrichtenagentur Isna unter | |
Berufung. | |
## Leak zeigt Strategie des Regimes | |
Die iranische Regierung hat das Ausmaß der Proteste bislang | |
heruntergespielt. In staatlichen Medien wurde sogar behauptet, dass keine | |
Proteste stattfinden. Das folgt offenbar einer klaren Strategie der | |
Führung. Vergangene Woche war eine von der Hackergruppe „Black Reward“ | |
geleakte Audioaufnahme bekannt geworden. In dem mehr als zweistündigen | |
Gespräch unterhalten sich mehrere Männer, darunter PR-Strategen der | |
staatlichen Nachrichtenagentur Fars News, die zu den Revolutionsgarden | |
gehört. | |
An einer Stelle der Aufnahme spricht sich Ghasem Ghoreishi, ehemaliger | |
Sprecher des Obersten Führers Ali Chamenei, dafür aus, von „beendeten | |
Krawallen“ zu sprechen und von einer „schwarzen Mission“. Vor allem aber | |
lässt die Aufnahme darauf schließen, dass das Ausmaß der Proteste und | |
Streiks größer ist als bislang bekannt. Zeitweise seien mehr als 70 Prozent | |
der Geschäfte in den Basaren landesweit im Streik gewesen. | |
Am späten Montagabend hieß es, es sei zu einer Festnahme im Zusammenhang | |
mit dem Leak gekommen: Der Festgenommene, der Chef von Fars News, Abbas | |
Tavangar, soll das Gespräch verdeckt in seiner Tasche mitgeschnitten haben. | |
Am Mittwoch sollen die Streiks weitergehen. Der Tag ist zugleich der | |
Nationale Studententag. Ebrahim Raisi, Präsident der Islamischen Republik, | |
wird zu Besuch an zwei Universitäten erwartet. Universitäten gehören zu den | |
Schauplätzen der jüngsten Protestwelle. (mit afp) | |
6 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://ir.voanews.com/a/6862477.html | |
[2] /Proteste-in-Iran/!5893454 | |
## AUTOREN | |
Mina Khani | |
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