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# taz.de -- COP 27 in Ägypten: Klimagipfel in der Verlängerung
> Eigentlich hätte die Weltklimakonferenz in Scharm al-Scheich am
> Freitagabend enden sollen. Viele Knackpunkte sind noch offen.
Bild: Dämmerung auf der COP 27: Der Gipfel ist in der Schlussphase – kommt a…
Scharm al-Scheich taz | Die Stimmung auf dem Weltklimagipfel in Scharm
al-Scheich ist nach mehr als einem halben Tag Überlänge verhärtet. „Es ist
besser, keine Entscheidung zu fällen, als eine schlechte Entscheidung“,
sagte Frans Timmermans, Vizechef der EU-Kommission, am Samstagmorgen.
Er deutete an, dass nach den nächtlichen Verhandlungen sogar im Raum stehe,
hinter den Stand der Weltklimakonferenz des vergangenen Jahres
zurückzufallen – und dass die EU bereit sei, die Verhandlungen platzen zu
lassen. „Unsere Botschaft an unsere Partner ist deutlich: Wir können nicht
akzeptieren, dass das 1,5-Grad-Ziel hier und heute stirbt“, schob der
EU-Politiker [1][auf Twitter] nach.
Eigentlich hätten die Verhandlungen am Freitagabend enden sollen. In dem
bisherigen Entwurf für eine Abschlusserklärung, den die ägyptische
Gipfelpräsidentschaft erstellt hat, ist aber so gut wie nichts fertig
ausverhandelt. Es sei ersichtlich, „dass es immer noch eine Menge Themen
gibt, wo der Fortschritt ausbleibt“, räumte Ägyptens Außenminister Samih
Shoukry ein, der als Präsident des Klimagipfels fungiert.
Shoukry will am frühen Samstagnachmittag mit den Verhandlungen fertig sein.
Viele zivilgesellschaftliche Beobachter:innen legen sich da noch nicht
so fest. Derweil lässt die ägyptische Regierung das Konferenzzentrum schon
abbauen. Es gibt kaum noch Essen vor Ort. Ob die Verhandlungen besser
laufen, wenn nicht nur übernächtigt, sondern auch hungrig sind?
## US-Chefverhandler mit Covid im Bett
Nicht förderlich ist zudem, dass US-Klimasondergesandter John Kerry positiv
auf Covid getestet wurde. Das teilte seine Sprecherin Whitney Smith am
späten Freitagabend mit. Kerry ist der oberste US-Verhandler. Auf den
Weltklimagipfeln lösen sich Knoten traditionell eher in informellen
Flurgesprächen als über offizielle Wege. Mit Kerry in seinem Hotelbett geht
das also schlechter.
Dabei gehören die USA in einer der großen Streitfragen zu den Blockierern:
bei der Frage, ob es künftig [2][finanzielle Unterstützung für Länder]
geben soll, die unter klimawandelbedingten Schäden und Verlusten leiden.
Erstmals steht das Thema überhaupt offiziell auf der Tagesordnung einer
Weltklimakonferenz.
Die Entwicklungsländer bestehen auf einem Fonds spezifisch für diesen
Zweck, in den reiche Länder einzahlen müssen. Die USA sind strikt gegen
eine solche Verpflichtung. Und die Europäische Union, die einem Fonds
mittlerweile zustimmt, will durchsetzen, dass das Geld nur an besonders
verletzliche Länder ausgezahlt werden darf.
## Wer zählt als Entwicklungsland?
Der Knackpunkt: Als Entwicklungsland zählt beispielsweise auch China noch –
trotz mittlerweile gestiegener Wirtschaftskraft und entsprechenden
CO2-Emissionen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte am
Freitagnachmittag, das Geld aus einem etwaigen Fonds für Schäden und
Verluste solle nicht an die gehen, die „nur noch auf dem Papier“
Entwicklungsländer seien. „Wir werden in den nächsten Stunden sehen, ob
auch die anderen Länder bereit sind, aus der Karo-Box herauszukommen, in
der wir hier jahrelang verhandelt haben.“
Das wiederum dürfte China nur mäßig gefallen. Zusammen mit der
Entwicklungsländer-Verhandlungsgruppe „G77+China“ ist das Land für einen
Fonds eingetreten – aber wohl in der Annahme, dann eher selbst zu den
Profiteuren zu gehören als zu den Einzahlenden.
„Es tut gut zu sehen, dass die EU ein konkretes Angebot macht, um die Krise
für die Verletzlichsten zu adressieren und hier in Scharm al-Scheich einen
Fonds für Schäden und Verluste zu etablieren“, sagte Mohamed Adow von Power
Shift Africa, der die Klimaverhandlungen schon seit vielen Jahren
beobachtet. „Aber um ehrlich zu sein, sollte dieser Fonds nicht genutzt
werden, um den alten Streit um die Erweiterung der Geberbasis zu
schlichten.“
Das sieht Baerbock zum Beispiel anders. „Ein Fonds ist ja kein
Selbstzweck“, so die Ministerin. „Wenn wir den verletzlichsten Ländern
helfen wollen, braucht es viel Geld.“ Außerdem sei es eine Frage der
Gerechtigkeit, dass Länder entsprechend ihrem Beitrag zum Klimawandel für
die Schäden und Verluste zahlten. Das sei zudem ein Anreiz, um diesen
[3][Beitrag zum Klimawandel möglichst kleinzuhalten], also weniger zu
emittieren. Andernfalls sei das „ein total falsches Anreizsystem“, so
Baerbock.
Dass eine Weltklimakonferenz nicht ganz pünktlich endet, ist keine
Besonderheit – die Frage ist, wie lange die Verhandler:innen
überziehen. Der bisher längste der Gipfel fand 2019 in der spanischen
Hauptstadt Madrid statt. Auch sie hätte an einem Freitagabend enden sollen,
dauerte aber bis Sonntagmittag.
19 Nov 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/TimmermansEU/status/1593871686851518465
[2] /Klima-Reparationszahlungen-auf-der-COP/!5894300
[3] /China-stellt-Massnahmen-vor/!5888614
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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