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# taz.de -- Karlsruhe rettet Tierhomöopathie: Wuffi und Miez dürfen Globuli
> Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Hunde und Pferde können von
> ihren Tierheilpraktiker:innen ab sofort wieder homöopathisch
> behandelt werden.
Bild: Glück gehabt: Der Hoppelhase darf jetzt auch mit Kügelchen behandelt we…
Karlsruhe taz | Tierheilpraktiker:innen dürfen wieder Hunde, Katzen,
Hamster und Pferde mit homöopathischen Medikamenten behandeln. Das
entschied jetzt das Bundesverfassungsricht und erklärte den seit
Jahresbeginn geltenden „[1][Tierarztvorbehalt]“ für verfassungswidrig.
Die Homöopathie ist eine Alternativmedizin, bei der Patienten giftige
Substanzen in hochverdünnter Form (mindestens im Verhältnis 1:10.000)
gegeben werden. Dies soll die Selbstheilungskräfte anregen. Meist werden
homöopathische Medikamente in Form von kleinen Zuckerkügelchen, so
genannten Globuli, verabreicht. Ob und wie Homöopathie wirkt, ist
umstritten. Möglicherweise beruhen positive Effekte nur auf dem
Placebo-Effekt und ausführlichen Arztgesprächen.
Nach Auffassung von Homöopath:innen können auch kranke Tiere auf diese
Weise behandelt werden, etwa bei Schnupfen, Durchfall oder
Zahnfleischentzündung. Den Tieren werden dabei in der Regel die für
Menschen gedachten Globuli gegeben. Bundesweit gibt es einige Dutzend
hierauf spezialisierte Tierheilpraktiker:innen, die sich in zwei Verbänden
organisiert haben. Der Beruf wird fast nur von Frauen ausgeübt.
Seit Januar ist die Anwendung von Humanmedikamenten bei Tieren allerdings
nur noch mit tierärztlichem Rezept möglich. Dieser Tierarzt-Vorbehalt gilt
auch für homöopathische Arzneimittel. Geregelt ist dies im neuen
Tierarzneimittelgesetz. Politisch verantwortlich waren dafür der damalige
Gesundheitsminister Jens Spahn und seine Agrar-Kollegin Julia Klöckner
(beide CDU).
## Existenzbedrohend!?
Stellvertretend für die Branche erhoben vier Tierheilpraktikerinnen
Verfassungsbeschwerde gegen diesen Tierarztvorbehalt. Sie sahen sich in
ihrer beruflichen Existenz bedroht, da sie einen Großteil ihrer Einnahmen
mit homöopathischen Tierbehandlungen erzielen.
Es ging in Karlsruhe nun nicht um die Frage, ob und wie Homöopathie bei
Tieren wirkt, sondern nur darum, ob die Zuckerkügelchen für Tiere
gefährlich sind. Die Richter:innen führten dazu eine schriftliche
Anhörung von 15 Verbänden durch – inklusive der Arzneimittelindustrie. Und
niemand sah die Gabe von Humanglobuli an Tiere als Gefahr – außer den
konkurrierenden Tierärzten.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts erklärte deshalb den
Tierarztvorbehalt für unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Er
verletze die Berufsfreiheit der Tierheilpraktiker:innen. Diese können nun
sofort wieder ihre gewohnte Tätigkeit aufnehmen. Allerdings dürfen sie nur
Tiere homöopathisch behandeln, die nicht von Menschen gegessen werden, also
etwa Hunde und Katzen – nicht aber Rinder, Schweine und Hühner.
Außerdem regte das Bundesverfassungsgericht an, von
Tierheilpraktiker:innen künftig ein gewisses Maß an medizinischer
Sachkunde zu verlangen – damit sie zumindest erkennen, wann ein Tierarzt
eingeschaltet werden sollte.
Die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde hatte der Bayreuther Rechtsprofessor
[2][Heinrich Amadeus Wolff] geschrieben. Zufälligerweise wurde Wolff im
Juni vom Bundestag selbst zum Verfassungsrichter gewählt. Er ist inzwischen
Mitglied des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, also des Senats,
der über seine Klage entschied. Wolff nahm aber nicht an den Beratungen
teil, die bei seiner Wahl schon begonnen hatten. Die sieben anderen
Richter:innen hielten sich auch nicht für befangen, als sie der
Verfassungsbeschwerde ihres neuen Kollegen stattgaben. Im Karlsruher
Beschluss wurde nicht einmal erwähnt, dass die Kläger von einem Mitglied
des entscheidenden Senats vertreten wurden. (Az.: 1 BvR 2380/21 u. a.)
16 Nov 2022
## LINKS
[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20…
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Amadeus_Wolff
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Homöopathie
Tiere
Bundesverfassungsgericht
Der Hausbesuch
Dokumentation
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