# taz.de -- Debatte um den ÖRR: Wer Reformation will, braucht Humor | |
> Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist bockig, sobald Kritik laut wird. | |
> Dabei lässt sich bei Luther lernen, wie man es macht: mit Witz. | |
Bild: Der aktuelle ARD-Vorsitzende Tom Buhrow (r) und sein Nachfolger Kai Gniff… | |
[1][Jan Böhmermann] hat’s getan, Thomas Gottschalk tut es. Fehlt eigentlich | |
nur noch, dass Maria Furtwängler im „Tatort“ auch noch damit anfängt. Der | |
Zustand des öffentlich-rechtlichen Mediensystems lässt keineN kalt. Das ist | |
schon mal die gute Nachricht. | |
Böhmermann verkündet im [2][„ZDF Magazin Royale“], der ÖRR sei „schei�… | |
Gottschalk sagt derweil dem medienpolitischen Fachblatt Hörzu, die | |
„Kampfprogrammierung“ zwischen ARD und ZDF sei „nur ein weiterer Beweis | |
dafür, dass wir keine zwei öffentlich-rechtlichen TV-Sender brauchen. Das | |
ZDF versucht, die Konkurrenz mit Krimis zu vernichten, und die ARD rettet | |
sich mit ‚Schlagershows‘ […]. Der Gebührenzahler ist dabei der Dumme!“ | |
Wobei das natürlich auch nicht ganz so stimmt, schließlich gucken viele | |
Leute das Zeug ja mit großer Begeisterung weg. Und wer Dokus wie „WM der | |
Schande“ im WDR oder „Geheimsache Katar“ im Zweiten gesehen hat, kann dem | |
Doppelwhopper aus ARD und ZDF vermutlich auch was abgewinnen. Doch intern, | |
in der Wagenburg, ist die Stimmung gereizt. Hochrangige ÖRR-Menschen sahen | |
sogar bei der „Tagesschau“ anstaltseigene „Wutbürger*innen“ am Werk. N… | |
weil es dort plötzlich mal kritisch in eigener Sache zuging. | |
Ja, der ÖRR ist reformbedürftig. Meinetwegen braucht’s sogar ’ne | |
Revolution, ganz gediegen mit dem Heinzelmännchen aus Köln. Wenn das System | |
die dahintersteckende Idee wirklich ernst nimmt, ist der ÖRR doch sowieso | |
immer work in progress. Damit er das auch selber merkt, sollte vielleicht | |
„VERÄNDERUNG IST NICHT SCHLIMM“ als Dauerkennung unten durchs Bild laufen. | |
## Ein Ausweg für das Dilemma | |
Problemtisch ist die miese Stimmung, die als Generalbass die Debatte | |
begleitet. Tom Buhrow hält ’ne brauchbare Rede. Prompt schmollen alle | |
anderen Anstaltsgranden. Die ÖRR-Aufsichtsgremien finden sich zwar nicht | |
von Buhrow, aber ebenfalls zu Unrecht unter Generalverdacht gestellt, weil | |
sie von RBB bis NDR zu wenig mitbekamen. | |
Das Dilemma ließe sich lösen: Wenn die Gremien begreifen, dass zur | |
Gesellschaft, die sie vertreten, auch die Menschen gehören, die im ÖRR | |
arbeiten. Redet doch mal miteinander! | |
Unser ÖRR ist großartig! Aber wahrscheinlich wirklich ein bisschen zu groß. | |
Und auf jeden Fall zu artig. Das zeigt sich gerade in der schlecht | |
gelaunten Reformdebatte. Reform darf Spaß machen. Luther hat bei der | |
Reformation sogar sehr viel gelacht. „Stimmt, er war trotz Gefahr mutig und | |
übersetzte dieses Witzebuch, als er in der Wartburg festsaß und fror“, sagt | |
die Mitbewohnerin. Kein Grund für den ÖRR, sich in die Wagenburg zu | |
verkrümeln. Geld ist genug da. Es ist wie in vielen zu großen und zu | |
artigen Systemen bloß falsch verteilt. | |
10 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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