# taz.de -- Journalismus in Iran: Frauen an vorderster Front | |
> Zwei iranischen Journalistinnen droht die Todesstrafe. 15 von 34 derzeit | |
> inhaftierten Medienschaffenden sind weiblich – so viele wie noch nie. | |
Bild: Porträts der iranischen Journalistinnen Niloufar Hamedi und Elahe Mohamm… | |
BERLIN taz | Um den Aufstand zu bekämpfen, der nach dem Tod von Jina Mahsa | |
Amini Mitte September ausgebrochen ist, setzt das iranische Regime auf | |
willkürliche Verhaftungen. Fünfmal mehr Frauen als zuvor sitzen hinter | |
Gittern. Die Herrschenden versuchen, die Stimmen der Frauen auszumerzen. | |
Dafür sperren sie besonders viele Journalistinnen ein. Laut Zahlen von | |
Reporter ohne Grenzen handelt es sich bei der Hälfte aller neu verhafteten | |
Journalist*innen um Frauen. Zwei von ihnen droht gar die Todesstrafe. | |
Seit Mitte September wurden insgesamt [1][mindestens 42 Medienschaffende | |
festgenommen]. Acht von ihnen wurden wieder freigelassen, 34 sitzen noch | |
immer ein, darunter 15 Journalistinnen. Noch nie war diese Zahl so hoch. | |
„Frauen sind die Vorreiterinnen der Revolution für die Gleichberechtigung | |
der Geschlechter. Sie kämpfen an vorderster Front für die Ablösung der | |
Theokratie durch eine säkulare Demokratie. Sie haben keine Angst vor der | |
Gefahr einer Verhaftung, vor Folter oder sogar dem Tod“, sagt Nazila | |
Golestan, eine iranische Journalistin und Frauenrechtsaktivistin, die in | |
Paris lebt. | |
Besonders besorgniserregend sind die Fälle der Journalistinnen [2][Nilufar | |
Hamedi] und Elahe Mohammadi. Sie waren unter den Ersten, die über den Tod | |
von Jina Mahsa Amini berichtet haben. Nilufar Hamedi berichtete für die | |
Zeitung Shargh aus dem Krankenhaus, in dem Jina Mahsa Amini im Koma lag, | |
bevor sie am 16. September starb. Vier Tage später wurde Hamedi verhaftet. | |
Elahe Mohammadi arbeitet bei der Zeitung Ham-Mihan. Sie reiste in Aminis | |
Heimatstadt Saqez in der Region Kurdistan im Nordwesten Irans, um über | |
deren Beerdigung zu berichten, die zu einer der ersten Protestaktionen | |
wurde. Am 29. September wurde sie verhaftet. | |
Seit mehr als einem Monat sitzen sie nun im Gefängnis. Vorgeworfen wird | |
ihnen „Propaganda gegen das System und Verschwörung gegen die nationale | |
Sicherheit“ – was die Todesstrafe bedeuten kann. Diese Anklagen lösten eine | |
heftige Reaktion aus: Mehr als 500 Journalist*innen und | |
Medienaktivist*innen aus Iran verfassten einen mutigen Aufruf und | |
forderten die Freilassung ihrer inhaftierten Kolleginnen. | |
Eine weitere Journalistin, die versuchte, die Wahrheit über den Tod von | |
Jina Mahsa Amini ans Licht zu bringen, wurde am 4. November verhaftet. | |
Nazila Maroufian, eine Reporterin des Nachrichtenportals Rouydad24, | |
veröffentlichte auf der Website Mostaghel ein Interview mit dem Vater von | |
Jina Mahsa Amini, in dem dieser erklärte, [3][dass seine Tochter keine | |
Vorerkrankungen hatte], die Schuld an ihrem Tod sein könnten. Das Interview | |
trug den Titel: „Sie lügen.“ Obwohl der Artikel später entfernt wurde, | |
wurde Nazila Maroufian verhaftet und ins berüchtigte Evin-Gefängnis | |
verlegt. | |
Vor der aktuellen Repressionswelle saßen in Iran bereits drei | |
Journalistinnen hinter Gittern. Iran belegt seit Langem einen der | |
schlechtesten Plätze auf der von Reporter ohne Grenzen veröffentlichten | |
[4][Rangliste der Pressefreiheit]: Platz 178 von 180. | |
14 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Journalist-ueber-Medien-in-Iran/!5888913 | |
[2] https://www.deutschlandfunkkultur.de/iranische-journalistin-hamedi-in-haft-… | |
[3] /Cousin-von-Mahsa-Amini-im-Interview/!5891384 | |
[4] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglist… | |
## AUTOREN | |
Lotte Laloire | |
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