Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- WM-Kucken im türkischen Männercafé: Der Kampf um die besten Plä…
> In unserem türkischen Männercafé gibt es eine klar Sitzordnung: Vorne
> sitzen die Experten, hinten sitzt der Pöbel. Wer was ist, entscheidet ein
> Quiz.
Bild: Wird mit einem Spruch in Verbindung gebracht, der in die Geschichte eingi…
Für uns Türken ist nichts wichtiger als Fußball. Wir diskutieren
stundenlang und mit unerschöpflicher Energie darüber, ob unsere Mannschaft
diese Woche gut gespielt hat, wie sie letzte Woche gespielt hat und wie sie
vorletzte Woche gespielt hat und ob man als guter Fan die Mannschaftsbusse
von allen gegnerischen Vereinen mit Steinen bewerfen sollte oder
fairerweise nur die von denen, gegen die man um die Meisterschaft kämpft.
Deshalb ist die Spannung in unserem türkischen Männercafé nicht zu
überbieten, denn wir streiten seit Tagen darüber, wer die besten Sitzplätze
vor dem riesigen Plasma-Bildschirm während der Fußball-WM in Katar bekommt.
Heute wollen natürlich alle die vorderen Stühle im Café ergattern, auf
denen man den Deutschen im [1][Entscheidungsspiel gegen Costa Rica] ganz
nah sein darf. Vorne sitzen nämlich die Experten, hinten sitzt der Pöbel.
Das muss gründlich geprüft werden.
Die Fragen für diese Prüfung werden von Mahmut, dem Besitzer des Cafés,
persönlich ausgesucht und gestellt. Vorgestern war WM-Historie zwischen
1950 und 2020 dran. Gestern ging’s um Fußballersprüche. Als Ersten fragte
Mahmut meinen Arbeitskollegen Ahmet: „Welcher Fußballer sagte: 'Mailand
oder Madrid – Hauptsache Italien’?“
„Basler, [2][Matthäus] oder Möller“, stotterte Ahmet mit hochrotem Kopf u…
entschied sich zum Schluss leider doch für den Richtigen: Andreas Möller
nämlich.
Mahmut notierte sich die Antwort und machte mit der Prüfung weiter.
„Hasan, du bist dran. Von wem kommt der Spruch: 'Wir haben uns gut aus der
Atmosphäre gezogen’?“
„Kinderleicht“, lacht Hasan, „Wolfgang Wolf natürlich!“
Dann war ich endlich dran.
„Osman, für dich habe ich eine Religionsfrage ausgesucht. Wer sagte denn:
'Wir werden unseren Sohn Brooklyn in jedem Fall taufen lassen. Wir wissen
aber noch nicht, in welcher Religion’.“
„Wie war noch mal die Frage? Das ist nämlich nicht so einfach, ich bin
schließlich Fußballer“, konterte ich mit einem tollen [3][Mehmet
Scholl]-Spruch, um Zusatzpunkte zu sammeln.
„Einspruch, niemand hat dich nach Mehmets legendären Satz gefragt“, legte
der Spielverderber Nedim sofort sein Veto ein.
„Okay, okay, das mit der Taufe war selbstverständlich der Spice
Girl-Beckham“, rief ich.
„Richtig, ein Punkt für Osman“, sagte Mahmut und rannte zum Telefon. Es
klingelte aufdringlich. Nach zwei Sekunden rief er: „Wessen Frau kreischt
hier ins Telefon: 'Wenn der Idiot nicht in zehn Minuten zu Hause ist, komme
ich persönlich rüber und reiße ihm vor versammelter Mannschaft die Rübe
ab’?“
„Das hört sich doch sehr nach Eminanim an. Ich habe vergessen einzukaufen.
Ich muss sofort weg“, stotterte ich und beantwortete damit noch eine Frage
richtig, aber die spielte bei der Bewertung der Sitzordnung für die
Fußball-Weltmeisterschaft leider keine Rolle: Ich wurde sogar
disqualifiziert und muss während der WM ganz hinten mit dem Pöbel sitzen.
30 Nov 2022
## LINKS
[1] /Unentschieden-gegen-Spanien/!5898428
[2] /Lothar-Matthaeus/!t5514824
[3] /Mehmet-Scholl/!t5318563
## AUTOREN
Osman Engin
## TAGS
Kolumne Alles getürkt
Fußball-WM 2022
Bremen
Fußball
Türkische Gemeinde in Deutschland
Kolumne Alles getürkt
Kolumne Alles getürkt
Werder Bremen
FC St. Pauli
Schwerpunkt Boykott Katar
## ARTIKEL ZUM THEMA
WM-Kucken mit meiner Frau: Erlösung durch Schlusspfiff
Meine Frau lässt mich nicht in Ruhe vor dem Fernseher die WM verfolgen. Ich
halte das nicht mehr aus.
In Ruhe Fußball schauen: Ungebetene Gäste
Herr Nöllemeiner und Herr Krummsack schicken ihre Frauen immer zu uns, wenn
Fußball läuft. Mit den Türken, denken sie, kann man das machen.
20.000 Fans beim Frauenfußball: Premiere im Weserstadion
Werder Bremens Frauen unterliegen dem SC Freiburg knapp mit 1:2. Bei ihrem
allerersten Auftritt im Weserstadion schauen mehr als 20.000 zu.
HSV-Fans machen WM-Alternativprogramm: Etwas Besseres als Katar
Die Supporters-Abteilung des HSV hat sich ein Gegenprogramm zur Wüsten-WM
ausgedacht. Beim Hamburger Futsal-Derby kamen die Fans auf ihre Kosten.
WM-Boykott in Berlin: Volles Haus ohne Katar
Am Sonntag beginnt die Fußballweltmeisterschaft in Katar. Wer die Spiele
boykottieren will, kommt in die Kneipe „Panenka“ in Friedrichshain.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.