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# taz.de -- Epidemie im Libanon: Die Cholera ist zurück
> Der Libanon kämpft mit internationaler Hilfe gegen eine Cholera-Epidemie.
> Doch wegen der verbreiteten Korruption sind Geldgeber vorsichtig.
Bild: Ein libanesischer Junge erhält den Impfstoff bei sich zu Hause
Beirut taz | Nach fast drei Jahrzehnten ist die [1][Cholera] in den
[2][Libanon] zurückgekehrt. Landesweit gibt es über 3.000 Verdachtsfälle;
19 Todesfälle wurden bislang gemeldet. Seit dem Wochenende läuft eine
erste, vom Gesundheitsministerium organisierte Impfkampagne im Norden und
Osten des Landes, wo die Infektionszahlen am höchsten sind.
„Unser Ziel ist nicht nur der Schutz“, sagte der
Interimsgesundheitsminister Firass Abiad nach einem Besuch in einem
staatlichen Krankenhaus. Er wolle auch die Ausbreitung stoppen und Cholera
wieder gänzlich loswerden. Man verteile die Impfung zunächst dort, wo die
Infrastruktur nachweislich sehr marode und die Verschmutzung hoch ist.
Cholera wird durch unsauberes Wasser oder kontaminierte Lebensmittel
übertragen und verursacht Durchfall und Erbrechen. Die Krankheit ist
potenziell tödlich, wenn sie unbehandelt bleibt. Wenn sie schnell entdeckt
wird, kann die Krankheit leicht behandelt werden mit oraler
Rehydrationslösung oder im Krankenhaus mit intravenösen Flüssigkeiten und
Antibiotika.
Die Cholera-Epidemie hat in Afghanistan begonnen und sich in der Folge im
Irak und Iran sowie seit August auch in Syrien verbreitet. Dort gibt es
mehr als 20.000 Verdachtsfälle und 75 Todesfälle. Durch den regen Verkehr
über die Landesgrenze kam die Cholera aus Syrien in den Libanon.
Der Libanon steckt seit 2019 in einer schweren Wirtschaftskrise. Knapp
achtzig Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Menschen in Notunterkünften
und Siedlungen von Geflüchteten haben oftmals keinen Zugang zu sauberem
Wasser. Oft mischt sich Abwasser mit frischem Grundwasser, Flüsse und Bäche
sind verunreinigt. Geld für gefiltertes oder gechlortes Frischwasser fehlt.
Hinzu kommt, dass 90 Prozent der libanesischen Landwirt*innen ihren
Anbau mit verschmutztem Grundwasser bewässern, was die Ausbreitung der
Krankheit befördert.
## Abwasser in Flüssen
Durch den Mangel an staatlichen Mitteln sind im Libanon auch die Sanitär-
und Gesundheitssysteme beeinträchtigt. So gibt es zum Beispiel lange
Unterbrechungen der Wasserversorgung und einen Mangel an Brennstoffen für
den Betrieb von Kläranlagen. Viele Kläranlagen sind gänzlich außer Betrieb,
was dazu führt, dass die Kommunen ihr Abwasser in Flüsse und ins Meer
leiten. All das erschwert es, den Ausbruch von Cholera einzudämmen.
Weil [3][der libanesische Staat pleite is]t, sind internationale
Geldgeber*innen eingesprungen. Die 60.000 Impfdosen, die der
Gesundheitsminister aktuell austeilen lässt, wurden gesponsert von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese bemüht sich derzeit, weitere zwei
Millionen Impfdosen zu finanzieren. Am Mittwoch bereits hat Ägypten
Impfdosen und medizinisches Equipment gespendet.
Die Europäische Union hat zunächst 700.000 Euro für den Kampf gegen Cholera
in Syrien bereitgestellt. Humanitäre Partnerorganisationen vor Ort sollen
helfen, die Verbreitung zu verhindern. Für den Libanon gab die EU 800.000
Euro aus für Wasser-, Sanitär- und Hygienemaßnahmen in Gemeinden mit hoher
Konzentration von Cholerafällen. Der EU-Kommissar für Krisenmanagement,
Janez Lenarčič, sagte, die EU-Finanzierung werde für sicheres Wasser in den
betroffenen Gemeinden sorgen.
Auch die Vereinten Nationen helfen aus. Das Kinderhilfswerk Unicef hat die
internationale Gemeinschaft um eine Anfangsfinanzierung von 29 Millionen
US-Dollar gebeten. Vorerst wurden 100.000 Liter Treibstoff an Kläranlagen
und Trinkwasserpumpstationen verteilt, um die Stromausfälle abzumildern.
Darüber hinaus wurden Vorräte an Chlor zur Desinfektion von Wasser,
Notfallrehydrierungs-Kits und Medikamente für Krankenhäuser und Familien
verteilt.
Unicef hatte die libanesische Regierung wiederholt vor einem Zusammenbruch
der Wasserinfrastruktur des Landes gewarnt. Das verantwortliche Ministerium
für Wasser und Energie benötige jedoch rund 25 Millionen US-Dollar für
„Interventionen in informellen Siedlungen sowie Kosten für Elektrizität und
Personal“, sagte eine Beraterin des Ministers der arabischen
Nachrichtenwebseite The New Arab.
## EU und IWF fordern Reformen
Wasserpumpstationen und Kläranlagen wurden im Libanon jahrelang
systematisch vernachlässigt. Sie müssen jetzt wieder in Gang gebracht
werden, um die Cholera-Epidemie zu bekämpfen. Die Geberstaaten hätten
jedoch „nicht positiv“ auf die Anfrage des Ministeriums reagiert.
Das mag daran liegen, dass Libanons Energiesektor und auch das
verantwortliche Ministerium für Energie und Wasser wie kein anderer Sektor
für eine aufgeblähte Bürokratie und die Korruption in dem Land stehen.
Geldgeber*innen wie die EU, der Internationale Währungsfonds oder
Organisationen für Entwicklungszusammenarbeit fordern tiefgreifende
Reformen im Libanon, vor allem im Energiesektor. Daher werden sie kaum
bereit sein, dem Ministerium selbst das Geld in die Hand zu geben.
16 Nov 2022
## LINKS
[1] /Cholera/!t5027503
[2] /Libanon/!t5010922
[3] /Waehrungskrise-im-Libanon/!5883327
## AUTOREN
Julia Neumann
## TAGS
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Cholera
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Beirut
Jair Lapid
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