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# taz.de -- Coldplay und Proteste in Iran: Das Aufmerksamkeitsprivileg teilen
> Wenn sich Stars politisch engagieren, reflektieren sie oft ihre
> Privilegien nicht. Mitunter schaffen sie es aber, ihren Einfluss zu
> nutzen – wie Coldplay.
Bild: Solidarisch mit den Menschen in Iran: Chris Martin von Coldplay
Wenn sich Stars politisch engagieren, gehört das leider oft in die
Kategorie: Gut gemeint, aber lasst es lieber – oft fehlt eine Reflexion der
eigenen Privilegien. Die besten Beispiele in jüngerer Zeit sind in meinen
Augen zum einen [1][das „Imagine“-Video, das 25 Promis in Selbstisolation
zu Beginn der Pandemie einsangen]. Eine abgehobene und realitätsfremde
Aktion, die nicht nur cringe war, sondern auch die Lebensrealität der
weniger privilegierten Menschen null reflektierte.
Fast noch schlimmer war, als zu Beginn der [2][Black-Lives-Matter-Proteste]
schwarze Kacheln gepostet wurden. Ich habe dieses kollektive Handeln bei
vielen als unauthentisch wahrgenommen und der begleitende Hashtag
#blacklivesmatter überdeckte obendrein relevante Inhalte von den Demos.
Wenn Celebritys ihren Einfluss aber gezielt nutzen, kann ich nur
applaudieren – auch wenn es in dem Fall meine Nicht-Lieblingsband
[3][Coldplay] ist. Die Gruppe um Chris Martin hat kürzlich ein Konzert in
Buenos Aires, das live in mehr als 3.500 Kinos und gut 70 Länder übertragen
wurde, für eine politische Botschaft genutzt: Sie lud [4][Schauspielerin
Golshifteh Farahani] auf die Bühne ein, um [5][das Lied „Baraye…“] von
[6][Shervin Hajipour] zu singen, eine [7][Hymne der Iran-Revolution].
Farahani lebt selbst wegen Konflikten mit dem iranischen Regime seit mehr
als einem Jahrzehnt in Paris.
## Sämtliche Plattformen nutzen
Coldplay gilt vielleicht als eine der „meistgehassten“ Bands, sie ist aber
auch eine der meistgehörten, was dieses weltweit ausgestrahlte Konzert ja
beweist. Und wir alle wissen, wie kurz die Aufmerksamkeitsspannen von
Menschen und Medien sein können. [8][Seit zwei Monaten demonstrieren
Iraner*innen bereits], und ich habe das Gefühl, das Interesse an dieser
Revolution nimmt langsam ab (was auch mit dem rapiden Musk-bedingten
Bedeutungsverlust von [9][Twitter] in den letzten Wochen einhergehen mag).
Umso wichtiger ist es, dass jetzt sämtliche Plattformen genutzt werden,
damit wir alle weiterhin daran erinnert werden hinzuschauen, weil die
Weltöffentlichkeit für die Demonstrierenden essenziell ist. Sich gegen
dieses Regime zu erheben, ist ungemein gefährlich, kann tödlich sein:
Inzwischen wurden mehrere hundert Menschen ermordet, viele Tausende
verletzt und/oder festgenommen.
Genau deshalb ist es relevant, dass sich Celebritys wie Coldplay ihrer
Reichweite bewusst sind. Ein Lied und eine politische Botschaft dazu können
sehr effektiv sein, um zum einen weniger politisierte Fans zu erreichen,
die sich bisher vielleicht nicht mit der Revolution in Iran beschäftigt
haben. Und vor allem halten sie dadurch die Anteilnahme von vielen
aufrecht. Gerade jetzt, da Todesstrafen verhängt werden, ist es umso
wichtiger, dass das Thema nicht auf die hinteren Seiten der Zeitungen
verbannt wird. Denn neben ihrem unfassbaren Mut ist eine der wichtigsten
Währungen der Demonstrierenden, dass wir hinschauen.
15 Nov 2022
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=bQK32bwvRuI
[2] /Black-Lives-Matter-Protest-in-Deutschland/!5687873
[3] /Coldplay-tappt-in-Greenwashing-Falle/!5853459
[4] /Die-Prophetin-und-der-Komapatient/!442687/
[5] https://www.youtube.com/watch?v=z8xXiqyfBg0
[6] /Proteste-in-Iran/!5885325
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Baraye
[8] /Proteste-in-Iran/!t5884344
[9] /Twitter-/-X/!t5008995
## AUTOREN
Isabella Caldart
## TAGS
Kolumne Gossip Girl
Proteste in Iran
Stars
Aktivismus
Proteste in Iran
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Schwerpunkt #metoo
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