# taz.de -- Besondere Regatta: Atlantik fordert Tribut | |
> Bei der Regatta „Route du Rhum“ ist die Hälfte der Strecke abgerast. Doch | |
> es gab auch schon eine Kenterung, Mastbrüche und Kollisionen. | |
Bild: Regatta kurz nach dem Start in Saint-Malo | |
Im Feld der ursprünglich 138 Solosegler, die am letzten Mittwoch wegen | |
eines Sturms verspätet zur Transatlantikregatta Route du Rhum gestartet | |
sind, haben sich zwei Franzosen mit ihren gigantischen Dreirumpfbooten an | |
der Spitze ein Duell geliefert. Charles Caudrelier und Francois Gabart | |
lagen in der schnellsten Bootsklasse der Ultim-Trimarane am Samstag Kopf an | |
Kopf, bevor Caudrelier in der Nacht zum Sonntag davonzog. Die beiden kamen | |
mit ihren auf Tragflächen über die raue See rasenden 32 Meter langen und 23 | |
Meter breiten Geschossen auf Durchschnittsgeschwindigkeiten um 24 Knoten. | |
Sollte sich der Wetterbericht bewahrheiten, könnten die Segler den | |
Streckenrekord von 7 Tagen, 14 Stunden, 21 Minuten und 47 Sekunden von | |
Saint-Malo in der Bretagne nach Pointe-à-Pietre im karibischen | |
Überseedepartement Guadeloupe brechen. In der Nacht zum Sonntag hatten | |
beide bereits die Hälfte der 3.550 Seemeilen langen Strecke absolviert. | |
Caudrelier sollte zunächst wegen Frühstarts eine Zeitstrafe bekommen. Doch | |
konnte sein Landteam mit GPS-Daten nachweisen, dass er beim Startschuss | |
noch 50 Meter hinter der Linie war. Knapper kann man mit so einer | |
Rennmaschine kaum starten. Dem mitfavorisieren Ultim-Skipper Armel Le | |
Cléac’h war bald nach dem Start das Hauptschwert gebrochen. Ob es der | |
Belastung nicht standhielt oder mit einem Ufo („unknown floating object“) | |
kollidierte, blieb unklar. Le Cléac’h kehrte um, baute mit seinem Team in | |
zwei Tagen und Nächten ein neues Schwert ein und jagt seit Samstag dem Feld | |
hinterher. | |
In der Klasse der 18 Meter langen Imoca-Einrumpfboote, in der auch | |
Deutschlands bekanntester Hochseesegler Boris Herrmann zu den 37 | |
Starter*innen zählt, büßte der Favorit Charlie Dalin am Wochenende | |
seinen Vorsprung von fast einhundert Seemeilen zunächst ein. Während er in | |
einer Schwachwindzone parkte, holten seine Verfolger auf. Doch am Sonntag | |
hatte Dalin bei den Azoren schon wieder einen 87 Seemeilen Vorsprung. | |
## Seekranker Segler | |
In der kleineren Trimaran-Klasse Ocean Fifty kenterte Samstagabend der | |
führende Thibaut Vauchel-Camus. Wie die Rennleitung [1][am Sonntag | |
mitteilte], befinde sich der 43-Jährige im Hauptrumpf seines zwischen | |
Portugal und den Azoren überkopf treibenden Bootes und sei wohlauf. Auch in | |
der Imoca-Klasse, für die dieses Rennen vor allem ein Testevent für die | |
Weltregatta Vendée Globe in zwei Jahren ist, gab es dramatische Ausfälle. | |
In der Nacht zu Freitag stieß der 43-jährige Franzose Damien Seguin in der | |
Biskaya mit einem Frachtschiff zusammen. Er blieb unverletzt, auch schlug | |
sein Boot nicht leck, verlor aber den Mast. Seguin, dem seit Geburt eine | |
Hand fehlt und der schon Paralympics-Sieger war, musste den gebrochenen | |
Mast vom Boot schneiden, damit der nicht den Rumpf beschädigt. | |
Unklar ist, warum sich die Kollision nicht mit dem vorgeschriebenen | |
Automatischen Identfikationssystem (AIS) verhindern ließ. Sofern nicht | |
defekt, sendet ein AIS nur dann keine Signale, wenn es ausgeschaltet wurde, | |
etwa weil die Crew unerkannt bleiben möchte, wenn sie zum Beispiel | |
schmuggelt oder illegal fischt. Die Solorennsegler fahren fast nur per | |
Autopilot und sind dabei auf das AIS angewiesen. | |
Zuvor war der Japaner Shiraishi Kojiro [2][mit dem Schweizer Oliver Heer | |
kollidiert]. Der ausweichpflichtige Kojiro hatte nicht aufgepasst. Die | |
Boote wurden beschädigt, doch konnte Heer seines nach Rückkehr in den Hafen | |
mit Shiraishis Hilfe reparieren und neu starten. Der hatte [3][vor dem | |
Start berichtet], dass er die ersten Tage stets seekrank sei und deshalb | |
voll leistungsfähig. Auch dem Franzosen Louis Burton brach am Samstag der | |
Mast. In der Class 40, in der es mit 57 Booten die größte Konkurrenz gibt, | |
gab es weitere Mastbrüche und Aufgaben. Der Deutsche Boris Herrmann lag | |
Sonntagmittag bei den Imocas auf Rang 13, die Deutsch-Französin Isabell | |
Joschke als zweitbeste Frau auf Platz 11. | |
13 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.routedurhum.com/en/actualite/499 | |
[2] https://segelreporter.com/regatta/route-du-rhum-crash-thomson-schuetzling-h… | |
[3] https://segelreporter.com/regatta/kojiro-shiraishi-bei-der-route-du-rhum-im… | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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