# taz.de -- Schließungen und Kündigungen bei Galeria: Der Niedergang der Ware… | |
> Deutschlands größte Warenhauskette ist schon wieder insolvent. Mindestens | |
> ein Drittel der 131 Filialen soll dichtmachen. | |
Bild: Hilft da noch ein Rettungsschirm? Galeria Karstadt Kaufhof will viele Fil… | |
ESSEN/BERLIN dpa | Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern [1][Galeria | |
Karstadt Kaufhof] will über 40 seiner verbliebenen 131 Kaufhäuser | |
schließen. Das kündigte Unternehmenschef Miguel Müllenbach in einem | |
Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an. Wenige Stunden zuvor | |
hatte das Unternehmen zum zweiten Mal [2][innerhalb von weniger als zwei | |
Jahren] Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen, wie ein | |
Firmensprecher am Montag sagte. Auch die Wirtschaftswoche hatte darüber | |
berichtet. | |
Der Manager sagte in dem FAZ-Interview, um das Unternehmen zu retten, müsse | |
das Filialnetz „um mindestens ein Drittel reduziert werden“. | |
Betriebsbedingte Kündigungen seien unvermeidbar. | |
In einem Mitarbeiterbrief schrieb Müllenbach, das Unternehmen müsse sich | |
von jenen Filialen trennen, die angesichts der Konsumflaute, der Inflation | |
und der Energiekosten „auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu | |
betreiben sind“. Nur so lasse sich ein endgültiges Scheitern des | |
Unternehmens verhindern. Der Handelsriese mit seinen 17.000 Mitarbeitern | |
ist noch in 97 deutschen Städten vertreten, teils mit mehreren Filialen. | |
Die Gewerkschaft [3][Verdi] fordert zur Rettung der Arbeitsplätze ein | |
größeres Engagement des Galeria-Eigentümers René Benko, eines | |
österreichischen Immobilienmilliardärs. „Unsere Kolleginnen und Kollegen in | |
den 131 Warenhäusern fragen sich, wo der Eigentümer ist in dieser | |
existenziell höchst bedrohlichen Situation für 17.400 Menschen und ihre | |
Familien“, sagte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am | |
Montagabend. Es müsse jetzt zusätzliches Geld ins Unternehmen. „Da gibt es | |
klare Erwartungen an den Eigentümer.“ | |
## Zukunft des Konzepts Warenhaus ungewiss | |
Galeria hatte vor dem Gang zum Insolvenzgericht noch mit der | |
Bundesregierung über weitere Finanzhilfen – über die bereits erhaltenen 680 | |
Millionen Euro hinaus – verhandelt. Doch sei man zu dem Ergebnis gekommen, | |
dass dies kein gangbarer Weg sei, sagte Geschäftsführer Müllenbach. | |
„Dauerhafte staatliche Darlehen können hier nicht die Lösung sein, sondern | |
es bedarf eines klaren Schnitts hin zu wirtschaftlich tragfähigen | |
Strukturen.“ | |
Während des ersten Corona-Lockdowns im April 2020 hatte das Unternehmen | |
schon einmal Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Das | |
Insolvenzverfahren dauerte damals bis Ende September. | |
Bei der auf Sanierung ausgerichteten Insolvenzvariante übernimmt ein | |
gerichtlich bestellter Sachverwalter die Aufsicht über die Rettung, während | |
die Unternehmensführung die Kontrolle behält, aber von einem externen | |
Sanierungsexperten beraten wird. | |
Im Fall von Galeria soll nach Informationen der Wirtschaftswoche der | |
Düsseldorfer Jurist Frank Kebekus die vorläufige Sachwaltung übernehmen. | |
Der Restrukturierer Arndt Geiwitz soll demnach die operative Sanierung | |
leiten. Schon im Frühjahr 2020 waren die beiden Experten in gleicher | |
Position beim ersten Schutzschirmverfahren im Einsatz. Damals wurden rund | |
40 Filialen geschlossen, etwa 4000 Stellen abgebaut und mehr als zwei | |
Milliarden Euro an Schulden gestrichen. | |
Dennoch urteilte der Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms im | |
Rückblick: „Bei der Galeria-Insolvenz im Jahr 2020 gingen die Einschnitte | |
nicht tief genug.“ Der politische Wille und die Sorge um die | |
Lebensfähigkeit vieler Innenstädte, aber auch die Interessen von Eigentümer | |
Signa hätten das damals verhindert. „Das Warenhaus hat eine | |
Daseinsberechtigung, aber es benötigt ein großes Einzugsgebiet. Darum ist | |
nur Platz für 50 bis 60 Filialen in Deutschland, nicht für alle 131 | |
Galeria-Kaufhäuser“, sagte Funder. | |
Wie viele Warenhäuser in Deutschland auf Dauer überleben können, ist auch | |
unter Expert:innen umstritten. Johannes Berentzen, Chef der | |
Handelsberatung BBE, sieht nur Platz für weniger als 100 Warenhäuser. „Und | |
selbst diese Häuser werden nur eine Zukunft haben, wenn die | |
Aufenthaltsqualität und das Geschäftsmodell deutlich verbessert werden.“ | |
Damit gehört er eher zu den Optimisten. | |
Der frühere Kaufhof-Chef Lovro Mandac hält auf Dauer 40 bis 50 Warenhäuser | |
in Deutschland für zukunftsfähig. Eine aktuelle Analyse der | |
Immobilienzeitung kommt sogar zu dem Ergebnis, dass wohl nur 30 von 131 | |
Filialen eine sichere Perspektive haben. Alle anderen müssten bangen. | |
1 Nov 2022 | |
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