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# taz.de -- Kiew erneut unter Beschuss: Nach Angriffen ohne Wasser
> Russland trifft mit Raketen ukrainische Infrastruktur. Die Ukraine hält
> trotz Russlands einseitiger Aufkündigung an den Getreideabkommen fest.
Bild: Szene in Kiew am Samstag: Ein Graffity zeigt einen ukrainischen Soldaten …
Erneut hat Russland am Montag die Ukraine großflächig unter Beschuss
genommen, darunter auch die Hauptstadt Kiew. Nachdem am Montag 50 Raketen
im gesamten Land einschlugen, waren viele Gebiete für mehrere Stunden ohne
Strom und fließendes Wasser. 80 Prozent der Bewohner von Kiew seien ohne
Wasser, erklärte Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew, auf seinem
Telegram-Kanal.
Um 7 Uhr morgens begann Russland, die Ukraine in mehreren Wellen
anzugreifen. Die Marschflugkörper sollen nach ukrainischen Armeeangaben vor
allem aus dem Norden des Kaspischen Meeres und aus der Region Wolgodonsk
abgefeuert worden sein.
Gleichwohl ist in der Ukraine von Verzweiflung wenig zu spüren. 80 Prozent
der Raketen habe die ukrainische Luftabwehr zerstört, erklärte Juri Ignat,
Sprecher des Luftwaffenkommandos der ukrainischen Streitkräfte gegenüber
RBK-Ukraina. Damit habe die ukrainische Luftverteidigung einen neuen Rekord
bei der Abwehr von Luftangriffen zu verzeichnen.
Neben Kiew wurden jedoch auch in anderen Regionen Energieanlagen von
russischen Raketen getroffen. Mehrere Stunden lang gab es in Charkiw und
Saporischschja kein Wasser. In Kryvyi Rih wurde unter anderem eine Fabrik
zerstört, berichtet der Chef der dortigen Militärverwaltung, Oleksandr
Vilkul. Gleichzeitig warnte er die Bevölkerung vor möglichen neuen
Raketenangriffen.
## Getreidekorridor ohne Russland
Zum ersten Mal wurde am Montag auch die Region Czernowitz angegriffen. Der
Leiter der Regionalverwaltung von Czernowitz, Ruslan Zaparaniuc, berichtete
über Schäden bei kritischer Infrastruktur. In der Bukowyna war ein
Wasserkraftwerk beschossen worden. Hunderte von Ortschaften, so
Premierminister Denys Schmyhal, seien Stunden ohne Strom gewesen.
Unterdessen erklärte die Türkei, das von Russland aufgekündigte
Getreideabkommen mit der Ukraine und der UNO auch ohne Moskaus Beteiligung
umsetzen zu wollen. Am Samstag hatte Russland dem UNO-Generalsekretär
mitgeteilt, dass es seine Teilnahme an dem Abkommen aussetzen werde. Man
habe sich nach den jüngsten Explosionen in Sewastopol, für die man die
Ukraine und Großbritannien verantwortlich mache, zu diesem Schritt
entschieden, so die russische Begründung.
Laut ukrainischen Angaben sollen Getreideschiffen aus Odessa, Tschornomorsk
und Pvdennij weiterhin einen sicheren Transfer durch das Schwarze Meer
bekommen. Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, hat nach Angaben
von Hurriyet Daily News betont, dass das Getreideabkommen so formuliert
sei, dass es auch ohne Russland umzusetzen sei. Die Türkei, die Ukraine und
die Vereinten Nationen könnten auch ohne russische Inspektoren Schiffe auf
dem Weg in die und aus der Ukraine kontrollieren. Dies teilte das für die
Umsetzung des Getreidedeals zuständige Gemeinsame Koordinierungszentrum in
Istanbul mit. Nach Angaben des Gemeinsamen Koordinierungszentrums einigten
sich Kiew, Ankara und die UNO, am Montag 14 weitere Schiffe auf den Weg ins
Schwarze Meer zu bringen.
## Kritik von unerwarteter Seite
Mit seiner einseitigen Aufkündigung des Getreidedeals gefährde Russland die
geplante Fahrt von 218 Schiffen, zitiert der ukrainische Dienst von BBC das
ukrainische Infrastrukturministerium. Bisher, so BBC, seien dank des
Getreidedeals über 9 Millionen Tonnen Getreide exportiert worden.
Unterdessen kommt Nina Chruschtschewa, Urenkelin von Nikita Chruschtschew
und Professorin für Internationale Beziehungen an der New Yorker New
School, [1][in einem im ukrainischen Portal NV erschienenen Beitrag zu der
Auffassung], dass die Lage heute explosiver sei als vor 60 Jahren während
der Kubakrise. Schuld daran sei vor allem Wladimir Putin, der die Welt an
den Rand des Abgrunds gebracht habe und der es offensichtlich nicht
schaffe, einen Schritt zurückzugehen, wie dies damals Nikita Chruschtschow
getan habe. Nichts habe der Kreml aus den Ereignissen von 1962 gelernt.
Nun fänden alle diplomatischen Aktivitäten in Hinterzimmern statt, Brücken
für pragmatische Gespräche seien abgebrochen. Putin beschuldige den Westen
jeder Sünde, ja sogar des Satanismus. Auf der anderen Seite gehe
US-Präsident Joe Biden so weit, dass er sich für einen Regimewechsel in
Russland ausspreche. Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außen-
und Sicherheitspolitik, fordere nicht weniger als einen Sieg der Ukraine
auf dem Schlachtfeld, so Chruschtschewa.
31 Oct 2022
## LINKS
[1] https://nv.ua/opinion/putin-o-yadernom-oruzhii-chto-zhdet-mir-posle-karibsk…
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
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