# taz.de -- Jüngste Aktionen der Klimabewegung: Besser alle mitnehmen | |
> Seit Tagen wird ein Hörsaal von Klimaaktivisten besetzt. Der | |
> Strategiewechsel ist gut, andere Milieus werden dadurch aber nicht | |
> mobilisiert. | |
Bild: Klimaaktivistinnen in der Gemäldegalerie: Klebeaktion am Rahmen von Luca… | |
Seit dem 24. Oktober besetzt eine Ortsgruppe der Kampagne „End Fossil: | |
Occupy“ den größten [1][Hörsaal der Universität Göttingen]. Die | |
Besetzer:innen wollen den Alltagstrott stören und somit mehr | |
Aufmerksamkeit auf die Klimakrise richten. Das erhofften sich auch die | |
Aktivist:innen von der Letzten Generation Potsdam, die am 23. Oktober | |
Kartoffelbrei auf ein [2][Gemälde von Claude Monet] warfen. Aber wessen | |
Aufmerksamkeit eigentlich? Und auf was genau? | |
Um soziale Bewegungen in Gang zu bringen, braucht es eines: Massen. Um | |
Menschen aus unterschiedlichen sozialökonomischen Milieus zusammenzubringen | |
braucht es Solidarität, aber auch ein tiefes gesellschaftliches Verständnis | |
für die der Klimakrise zugrunde liegende Struktur: dem kapitalistische | |
Wachstumszwang, der sowohl Naturzerstörung als auch soziale Ungleichheit | |
bedingt. Die Frage, welche Aktionen diese Massen mobilisieren, wird seit | |
dem Wochenende aktiver diskutiert – endlich. | |
Eine Antwort wird wohl aber nicht gefunden werden, denn politische Kämpfe | |
sind langwierige Prozesse. Gerade deshalb ist es wichtig, auf verschiedene | |
Taktiken zurückzugreifen. Denn auch abschreckende Aktionsformen können | |
einen positiven Effekt haben: Die Forderungen moderaterer Klimagruppen | |
erscheinen umsetzbarer, wenn Menschen radikaleren Proteste ablehnen. | |
Die [3][Bewegung] muss sich aber eben auch der Realität stellen, dass weite | |
Teile der Bevölkerung von den jüngsten Aktionen nicht angesprochen wird: | |
jene, etwa, die nie einen Hörsaal betreten, oder jene, denen Geld, Zeit | |
oder Muße fürs Museum fehlt. Dass soziale Gerechtigkeit den | |
Aktivist:innen aus Göttingen wichtig ist, zeigen ihre Forderungen nach | |
Vergesellschaftung und kostenlosem ÖPNV. Aber so lange Armutsbetroffene | |
sich von Universitätsbesetzungen und Museumsaktionen nicht angesprochen | |
fühlen, wird es die Bewegung nicht schaffen, die relevanten | |
Gesellschaftsschichten für Proteste zu mobilisieren. | |
Vielleicht also könnte ein Teil der Bewegung mal für die überforderten | |
Tafeln kochen und mit Menschen über den Zusammenhang zwischen Armut, | |
gleichzeitiger Überproduktion und Naturzerstörung reden. | |
28 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tatjana Söding | |
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