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# taz.de -- Entpolitisierung der WM in Katar: Inflation der Botschaften
> Vor der WM in Katar sorgt der Wunsch der Fifa, sich nun doch auf den
> Fußball zu konzentrieren, unter den Verbänden für einige Unruhe.
Bild: Kritischer Funktionär: Bernd Neuendorf mit Innenministerin Nancy Faeser …
Wenige Tage vor Beginn der Weltmeisterschaft in Katar sind jede Menge
Botschaften an die Fußballwelt im Umlauf. Zuletzt rief am Montag der
südamerikanische Fußballverband Conmebol [1][in einem Statement] die
globale Gemeinde dazu auf, kurz vor Beginn der Spiele
Meinungsverschiedenheiten in den Hintergurnd treten zu lassen, „damit alle
Bürgerinnen und Bürger ein umfassendes Fest genießen können, das von
unserem Planeten so sehnlichst erwartet wird.“
Gelesen werden kann diese eindringliche Bitte, hinter der sich alle zehn
nationalen Verbände scharten, als Reaktion auf eine nicht ganz so
geschlossenes europäisches Statement, das der DFB am Sonntag auf seiner
Homepage veröffentlichte. Elf europäische Fußballverbände hatten gemeinsam
versichert, man werde weiterhin sich für einen Entschädigungsfonds [2][für
Gastarbeiter] sowie für die Schaffung eines Gastarbeiterzentrums in Doha
einsetzen und schnelle Antworten der Fifa auf diese drängenden Probleme
einfordern. Neben Deutschland hatten unter anderem England, die
Niederlande, Norwegen und Deutschland das Schriftstück unterzeichnet.
Größere Fußballnationen wie Frankreich, Italien oder Spanien wollten sich
aber nicht auf diesem Papier verewigen.
Die Botschaft an die Fußballwelt war wiederum auch nur eine Replik auf
einen Brief der Fifa vom vergangenen Donnerstag, in dem alle Teilnehmer der
Fußball-WM gebeten wurden, [3][eine Politisierung des Fußballturniers] zu
vermeiden. Man wisse, dass es auf der Welt „Schwierigkeiten politischer
Art“ gebe und der Fußball nicht in einem Vakuum lebe. „Aber lassen Sie
bitte nicht zu, dass der Fußball in jeden ideologischen oder politischen
Kampf hineingezogen wird, den es gibt.“ Und die ultimative Bitte lautete:
„So lasst uns bitte jetzt auf den Fußball konzentrieren!“
Der Kampf um die Diskurshoheit ist vor dem Anpfiff dieses Turniers voll
entbrannt. Bereits vergangene Woche hatte Katars Außenminister Mohammed bin
Abdulrahman al-Thani in einem Interview mit der FAZ über die Doppelmoral
westlicher Kritik geklagt, einerseits fehlende Menschenrechtsstandards zu
bemängeln und andererseits sich um Energiepartnerschaften zu bemühen. Er
nannte die Kritik aus Europa an Katar „sehr arrogant“ und „sehr
rassistisch“. Vor einer Überhöhung der eigenen Denkweise hatte auch die
Fifa in ihrem Brief gewarnt. Der Weltverband sei immer bemüht, Meinungen
und Überzeugungen zu respektieren. Nur eben ohne „dem Rest der Welt
moralische Lektionen zu erteilen“.
## Homophober WM-Botschafter
In dem vom DFB unterstützten Schreiben wird hingegen hervorgehoben, dass
das Bekenntnis und Eintreten für Vielfalt und Toleranz auch bedeute,
Menschenrechte zu unterstützen.
Die WM-Macher stehen dieser Tage ihrem Entpolitisierungswunsch teils selbst
gewaltig im Wege. Der WM-Botschafter und ehemalige katarische
Nationalspieler Khalid Salman äußerte sich gegenüber dem ZDF in einer Doku,
die am Dienstag ausgestrahlt wurde, offen homophob. Er habe Probleme damit,
wenn Kinder Schwule sähen. Schwulsein sei eine Sünde. Er sagte: „Es ist ein
geistiger Schaden.“ Der Pressesprecher des WM-Organisationskomitees brach
nach diesem Satz das Interview ab.
Beim WM-Teilnehmer Wales bestehen derweil verständliche Sorgen um das
Wohlergehen ihrer homosexuellen Fans. Der Gleichstellungsbeauftragte des
walisischen Fußballverbandes erklärte am Montag, dass man „die Sicherheit
nicht garantieren kann“. Der Verband erwägt die Einrichtung von „sicheren
Unterkünften“ zur Unterstützung von LGBTQ+-Fans, die nach Katar reisen. Auf
Anfrage des Online-Mediums The Athletics sagte Mark Bullingham,
Geschäftsführer des englischen Fußballverbands, ihm sei versichert worden,
dass LGBT+-Fans nicht verhaftet werden, wenn sie sich in der Öffentlichkeit
küssen oder Händchen halten.
8 Nov 2022
## LINKS
[1] https://www.conmebol.com/noticias/conmebol-and-its-ten-member-associations-…
[2] /Arbeiter-ueber-Zustaende-auf-WM-Baustellen/!5879454
[3] /Zwei-Wochen-vor-der-WM-in-Katar/!5890142
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Fußball-WM 2022
Fifa
Deutscher Fußballbund (DFB)
Katar
Kolumne Über den Ball und die Welt
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Fußball
Katar
DFB-Präsident
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