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# taz.de -- Skandalsport Schach: Analyse und Analhumor
> Beschiss am Schachbrett ist schwer nachzuweisen. Seit den Vorwürfen gegen
> Hans Niemann wird darüber endlich einmal offen diskutiert.
Bild: Nachdenksportler: Magnus Carlsen hat mit seinen Betrugsvorwürfen die gan…
Fan sein ist fürwahr ein Tor zur Welt. Vor zwei Jahren begann ich, mich
intensiver für Schach zu interessieren. Jetzt bin ich deswegen sehr
informiert über die Produktpalette diverser Sexspielzeuge. Wer weiß, wozu
das noch einmal gut sein wird. Der immer noch gärende Skandal rund [1][um
Hans Niemann und Magnus Carlsen] beschäftigt die Community nach wie vor.
Zur Erinnerung: Carlsen, Weltmeister und aktuell stärkster Spieler,
vielleicht aller Zeiten, bezichtigte den 19-jährigen Niemann des Betrugs
und weigert sich seither, gegen ihn zu spielen.
Niemann hat zugegeben, sich in Online-Schachpartien vorsätzlich geholfen
lassen zu haben. Inzwischen ermittelt der Weltschachverband Fide. Es wäre
überraschend, wenn diese Ermittlungen konkrete Ergebnisse hervorbringen
würden. Die statistischen Modelle zur Erfassung von Betrügereien liefern
nicht mehr als Indizien.
Am Ende bleiben nur zwei Wege, Betrug zweifelsfrei nachzuweisen: das
Ertappen auf frischer Tat oder ein Geständnis. Auch gegen Magnus Carlsen
ermittelt die Fide, um herauszufinden, ob er mit einer zu leichtfertigen
Anschuldigung dem Sport Schaden zugefügt hat. Carlsen hat seinen Boykott
damit begründet, er sehe die Integrität des Spiels insgesamt in Gefahr.
Tatsächlich ist der Verdacht gegen Hans Niemann – den einige
Kolleg*innen teilen, unter anderem [2][auch Weltmeisterschaftsfinalist
Jan Nepomnjaschtschi] – nur ein besonders exponierter Fall.
Inzwischen kursieren Listen teils sehr bekannter Schachspieler*innen, deren
Accounts wegen Fairplay-Verstößen geschlossen wurden. Es gab auch erste
Geständnisse, beispielsweise vom Präsidenten des norwegischen
Schachverbandes Joachim Birger Nielsen, der inzwischen von seinen Ämtern
zurückgetreten ist.
## Kultur der vorgehaltenen Hand
Die bisherige Kultur im Umgang mit Betrüger*innen war eine der
vorgehaltenen Hand. Anschuldigungen und Verdächtigungen wurden diskret
behandelt. Auch eine der größten Seiten im Onlineschach,
[3][chess.com],macht weder seine cheat detection publik noch veröffentlicht
sie Namen. Außerdem kooperieren die großen Seiten nicht mit der Fide.
Es ist Magnus Carlsen zu verdanken, dass jetzt begonnen wird, diese Kultur
der Intransparenz zu hinterfragen. Auch wenn Betrug dadurch nicht
verhindert werden kann, kann man es Betrüger*innen doch so schwer wie
möglich machen. Erfreulich an dieser ganzen Geschichte ist, wenn überhaupt,
nur eines: dass sie recht ausführlich von Fabiano Caruana kommentiert und
eingeordnet wird.
In seinem Podcast [4][C-squared] widmet er sich zusammen mit Co-Host
Christian Chirila immer wieder diesem Thema. Wenn man Caruana dabei zuhört,
wie er – detailgetreu, kenntnisreich, immer wieder mit einer Prise
zurückgenommener New Yorker Ironie – darlegt, warum er wie zu welchen
Schlüssen kommt, dann ist das nicht nur die Nacherzählung einer kuriosen
Episode, sondern reflektiert einen Aspekt des Spiels, der für Schach gern
in Anspruch genommen wird: dass es sich nämlich um eine Schule des Denkens
handelt.
Das ist umso wohltuender, als dass die Chats vieler bekannter
Streamer*innen seit Wochen überquellen von einem einzigen Witz, der
eigentlich nichts anderes als ein Ressentiment ist: Haha, Hans Niemann hat
sich was in den Arsch gesteckt, haha.
20 Oct 2022
## LINKS
[1] /Betrugsvorwuerfe-gegen-Hans-Niemann/!5880404
[2] /WM-Kandidatenturnier/!5861507
[3] http://chess.com
[4] https://linktr.ee/csqpod
## AUTOREN
Frédéric Valin
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