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# taz.de -- Skandale erschüttern Schach-Welt: Züge aus Niemanns Hand
> Weltmeister Magnus Carlsen weigert sich, gegen Hans Moke Niemann zu
> spielen. Ausdruck eines Generationenkonflikts? Oder geht es um Betrug?
Bild: Magnus Carlsen (l) aus Norwegen und Hans Mokke Niemann aus den USA Anfang…
Es ist der größte Skandal der jüngeren Schachgeschichte. Vielmehr: Es
könnte der größte Skandal der jüngeren Schachgeschichte sein. Worum genau
es sich handelt, kann mit Gewissheit fast niemand sagen, und jene, die es
könnten, weigern sich.
Klar ist nur: [1][Magnus Carlsen], amtierender Weltmeister und bester
Spieler der Welt, weigert sich, gegen Hans Moke Niemann zu spielen. Hans
Moke Niemann ist 19 Jahre alt und Teil einer aufstrebenden jungen
Generation im Schach.
Im Sinquefield-Cup Anfang September diesen Jahres trafen beide Spieler
aufeinander, Carlsen verlor überraschend. Daraufhin zog Carlsen sich ohne
Erklärung vom Turnier zurück, ein ungeheurer Vorgang. Es kamen bald
Spekulationen auf, Carlsen verdächtige Niemann des Betrugs. Mehr als
Indizien allerdings sind dazu nicht bekannt.
Öffentlich bekannt wurde allerdings, dass Niemann bereits in der
Vergangenheit betrogen hat. Zwei Fälle hat Niemann selbst zugegeben, bei
Online-Partien, der jüngste soll drei Jahre zurückliegen.
Die Diskussion über die Gründe der Vorfälle teilt die Schachcommunity in
zwei Lager. Es gibt jene, die überzeugt davon sind, dass Niemann nach wie
vor nicht sauber spielt und seinen überraschend steilen Aufstieg der
letzten Monate misstrauisch beäugen. Andere vermissen konkrete Beweise und
werfen Carlsen vor, mutwillig die Karriere eines jungen Mannes sowie das
Ansehen des gesamten Sports zu beschädigen.
## Niemanns Trainer wurde des Betrugs überführt
Dass Carlsen Niemann im Verdacht hat, unsauber zu spielen, daran hat kaum
noch jemand Zweifel. Als kürzlich beide beim Julius-Baer-Generation-Cup
aufeinandertrafen, spielte Magnus Carlsen einen Zug und gab die Partie dann
verloren. In einem Interview nach der Partie nannte er Hans Niemanns
Performance „beeindruckend“ und erwähnte auch dessen Coach, Maxim Dlugy.
Dlugy ist selbst des Betrugs überführt worden.
Es gibt nur zwei Arten, wie im Schach betrogen werden kann. Entweder ein*e
Spieler*in verschafft sich Zugang zu den Vorbereitungen der Gegner*innen,
oder es wird während der Partie geholfen. Die zweifelsfreie Überführung
gelingt fast nur, wenn die beschuldigte Person beim Betrug selbst erwischt
wird. Zwar gibt es verschiedene Expert*innen, die mit statistischen
Modellen Ungereimtheiten erkennen können; in der Interpretation dieser
Ergebnisse allerdings gibt es Spielräume. Gerade wenn sich starke
Spieler*innen punktuell helfen lassen, ist schwer nachzuvollziehen, ob
es sich um einen menschlichen Geniestreich handelt oder ob sie einen
Computer für sich haben rechnen lassen. Bei Hans Moke Niemann
beispielsweise sind sich jene Expert*innen uneins.
Der Schachboom der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass das Spiel
lukrativer wurde. Das erhöht die Attraktivität für Betrüger*innen, die im
Schach seit Beginn der Engines auch alle Mittel haben, um sich einen
Vorteil zu ergaunern.
Ganz ausschließen konnte man Betrüger*innen auch früher nicht. Eine der
Möglichkeiten, Betrug vorzubeugen, ist die Verknappung der Bedenkzeit,
denn: Sich helfen zu lassen, erfordert Zeit. Am sichersten, dass sich
Partien regelkonform abgespielt haben, kann man sich nur in Blitz- und
Bulletpartien sein, und auch da nur auf höchstem Niveau. Dieser Skandal ist
Teil des Niedergangs des klassischen Schachs.
Magnus Carlsen hat angekündigt, seine Vorwürfe bald zu präzisieren.
Zunächst aber wird er am heutigen Freitag das Halbfinale des
Julius-Baer-Cups gegen Vincent Keymer bestreiten. Einen weiteren Eklat wird
es zumindest in diesem Turnier nicht mehr geben: Hans Moke Niemann verlor
sein Viertelfinale, die beiden werden in diesem Event nicht mehr
aufeinandertreffen.
23 Sep 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Frédéric Valin
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