# taz.de -- Israels Parlamentswahlen: Kein Frieden, keine Gerechtigkeit | |
> Die sich abzeichnende Regierungskoalition verspricht nichts Gutes. | |
> Meinungsfreiheit und die jüdisch-arabische Koexistenz drohen, Federn zu | |
> lassen. | |
Bild: Itamar Ben-Gvir (Mitte), Chef der rechtsextremen Partei Otzma Jehudit, is… | |
In den Palästinensergebieten dürfte das Wahlergebnis der israelischen | |
Parlamentswahlen, soweit es dort überhaupt noch wahrgenommen wurde, | |
allenfalls mit einem gelangweilten Achselzucken bedacht worden sein. Es | |
geht weiter, wie gehabt. Mit der sich abzeichnenden neuen Regierung in | |
Jerusalem wird es kaum eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche geben, | |
aber die hatte es auch mit der alten, mit der „linkeren“ Koalition, nicht | |
gegeben. | |
Die politische Lage auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie von 1967 | |
ist so verfahren, dass auch potenzielle internationale Vermittler besser | |
gleich die Finger von der Region lassen. Für Israels Linke, die sich den | |
Frieden über Jahrzehnte zur zentralen Aufgabe machte, ist dieser Zustand | |
fatal. Das linksliberale Bündnis Meretz scheitert vermutlich an der | |
Einzugsquote, und die Arbeitspartei, die Partei von David Ben-Gurion, von | |
Golda Meir, Jitzhak Rabin und Schimon Peres kommt auf ganze vier Sitze. | |
Es ist ein Trauerspiel. Dass mit dem Thema Frieden keine Wahlen zu gewinnen | |
sind, hat Gründe. Immer wieder wurde die einstige Linke vor den Kopf | |
gestoßen, sie musste die [1][Zweite Intifada] aushalten, die einem | |
weitreichenden Friedensangebot folgte, und sie musste den Wahlsieg der | |
Hamas wenige Monate nach dem [2][Gazaabzug] schlucken. Und dann die | |
Raketen. | |
So wenig der neue Rechtsruck in Jerusalem an der Lage der | |
Palästinenser*innen ändert, so gruselig sind die innenpolitischen | |
Perspektiven. Gelingt es Likud-Chef Benjamin Netanjahu erneut, | |
Ministerpräsident zu werden, dann wird er seine Koalitionspartner dazu | |
anhalten, ihm Immunität zu verschaffen und damit vermutlich vor einer | |
[3][Haftstrafe] zu bewahren. Nicht weniger als die Unabhängigkeit der | |
Judikative steht auf dem Spiel. Bahn frei für politische Korruption. | |
Meinungs- und Informationsfreiheit werden leiden, wenn Netanjahu mit | |
Partnern, die offen faschistische Haltungen vertreten, kooperieren wird. | |
Schlechte Zeiten stehen an für Friedens- und Menschenrechtsorganisationen | |
und für RegimekritikerInnen, vor allem aber für die arabische Bevölkerung | |
in Israel. | |
Der Staat Israel wird sich „der Entwicklung des Landes zum Wohle aller | |
seiner Bewohner widmen“, heißt es in der [4][Unabhängigkeitserklärung]. Er | |
wird auf „Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden“ gestützt sein. Wenn | |
diskriminierende Gesetze geschaffen werden, wenn zwischen der jüdischen und | |
der arabischen Bevölkerung rassistische Barrieren entstehen, dann wird es | |
Zeit, sich auch in Berlin Gedanken zu machen über eine werteorientierte | |
Außenpolitik, selbst wenn es um Israel geht. | |
2 Nov 2022 | |
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[1] /Palaestinensischer-Analyst-ueber-Intifada/!5236781 | |
[2] /Kommentar-Israels-Abzug-aus-Gaza/!5219349 | |
[3] /Benjamin-Netanjahu-vor-Gericht/!5764094 | |
[4] https://www.hagalil.com/israel/independence/azmauth.htm | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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