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# taz.de -- U17-WM der Frauen: Wie in Indien Fußball wächst
> Für indische Fans waren es mehr als die Finalspiele der U17-WM. Es waren
> Demonstrationen, was Fußball alles bietet, gerade für Mädchen und Frauen.
Bild: WM-Finale in Indien: Spaniens U17-Torhüterin Sofia Fuente kann klären
Für die 16-jährige Kajol Dsouza wurde dieser Tage ein Traum wahr: Sie war
unter den ersten 21 jungen Frauen, die [1][Indien] bei einer
Fußballweltmeisterschaft auf dem Feld vertrat. Die Entscheidung, dass die
U17-WM in diesem Jahr überhaupt stattfindet, hatte sich lange hingezogen.
Wegen der Covidpandemie war das Turnier schon zweimal verschoben worden.
Dann folgte im August noch ein Eklat zwischen der indischen AIFF und dem
Weltfußballverband: Die Fifa wollte Indien suspendieren. Kurz vor knapp
konnte der Konflikt beigelegt werden.
Die Widrigkeiten sollten das indische Team nicht aufhalten, berichtet
Dsouza, die U17-Nationalspielerin. „Wir haben seit Dezember durchgängig
trainiert.“ Für ihre Mannschaft reichte es am Ende zwar nicht für das
Viertelfinale, gegen die USA kassierte es ein 0:8, gegen Brasilien ein 0:5.
Dennoch ist sie glücklich über ihre WM-Teilnahme. „Das Turnier hat vielen
Mädchen den Weg zum Fußball eröffnet“, sagt Dsouza. Um sich das Finale
anzuschauen, war sie am Sonntag extra noch einmal zum Stadion nach Navi
Mumbai im Westen des Landes gereist.
Hier wie auch in Bhubaneswar und Goa hatte das Turnier mit Teams aus 16
Nationen stattgefunden. Gastgeber Indien war erstmals dabei, auch Marokko
und Tansania feierten Premieren.
Dsouza lebt mit ihrer Familie im 130 Kilometer entfernten Pune. Sie ist die
einzige U17-Spielerin aus Westindien. Die meisten ihrer Mitspielerinnen
stammen aus den Nord- und Nordostbundesstaaten Haryana und Manipur, die für
ihre Nachwuchsarbeit bekannt sind. Dsouza hat zu Trainingszwecken in
Italien, Norwegen und Spanien gespielt. Sie hofft, dass sie bald den Sprung
nach Europa schaffen kann.
Kieara Rosemeyer ist Nachwuchsspielerin und kam gemeinsam mit ihrer
Mädchenmannschaft Young Guns FC aus Mumbai zum Finale. „Die Austragung in
Indien ist die Chance, dass Mädchen im Fußball mehr wahrgenommen werden“,
sagt sie. Sie wollte sich auch etwas europäische Taktik abgucken. Die
Eltern der 17-Jährigen unterstützen sie mittlerweile in ihrem Sport. Doch
sie berichtet von Mitspielerinnen, die ihren Eltern ihr Fußballhobby
verheimlichen.
## Förderprogramme für Mädchen
„Ich habe viele Eltern mit Kindern bei den Spielen im Stadion gesehen“,
sagt Rosemeyer und hofft, dass damit auch die Akzeptanz für Mädchensport
wächst. Mehr Eltern sollen erkennen, dass Fußball eine Karriereoption sein
kann, „wenn sie zum Beispiel sehen, dass Mädchen aus der Ferne nach Indien
kommen“. Von offizieller Seite wurde nun ein Förderprogramm angekündigt, um
mehr Fußballtrainerinnen zu unterstützen, denn auf den Nachwuchs kommt es
an.
Das hat man erkannt: Bereits 2017 fand die [2][U17 der Männer] in Indien
statt. „Dieses Engagement, die U17-WMs in Indien auszutragen, hat den
Spieler:innen geholfen, internationale Erfahrung zu sammeln und sichtbar
zu werden“, bestätigt Anisha Chauhan von der indischen
Fußballergewerkschaft FPAI. Es brauche mehr solcher Gelegenheiten, sagt
sie. „Die Spiele können ein Sprungbrett für Talente sein“, denn so sei es
auch für Scouts von Profiklubs leichter, potenziellen Nachwuchs zu
entdecken. Viele indische Profivereine bauten seit einiger Zeit auch
Frauenteams auf. Chauhan ist optimistisch, dass der Frauenkader es vor den
Männern schafft, sich für eine Fußball-WM zu qualifizieren.
Immerhin versprach auch der Fifa-Präsident während der WM mehr Engagement
in Indien. „Ich glaube an das Potenzial“, sagte Gianni Infantino und machte
deutlich, dass neben den USA und China auch Indien für die Fifa zu den
Ländern gehört, in denen sie Fußball populärer machen wollen. Das hat einen
ökonomischen Hintergrund, aber Indiens Kricketbegeisterung zeigt auch:
Sport kann in Südasien sehr wohl große Stars und hohe Sponsorengelder
einspielen, wenn Teams erfolgreich abschneiden. Das aber braucht in Indien
noch wesentlich mehr Investitionen, als es sie bislang gibt, bis Fußball
kein Nischensport mehr ist.
Das U17-Finale zwischen Kolumbien und Spanien war ein gutes Beispiel dafür:
Fast 25.000 Menschen strömten ins DY Patil-Stadion außerhalb der
westindischen Millionenstadt Mumbai. Hier wird sonst meist Kricket
gespielt, doch diesmal interessierte eine Fußball-WM die Fans. Mit
umgerechnet 1,20 Euro waren die Tickets günstiger als ein Kinoticket. Es
kamen aber auch viele Studierende aus der nahe gelegenen Universität, sie
hatten Freikarten erhalten. Was sie zu sehen bekamen, war großer Sport:
Zuerst schlug Nigeria Deutschland 3:2 im Spiel um Platz 3, danach gewann
Spanien über Kolumbien 1:0.
1 Nov 2022
## LINKS
[1] /Indiens-historischer-Fussballerfolg/!5702283
[2] /Kolumne-Ueber-Ball-und-die-Welt/!5364142
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Frauenfußball
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