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# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Südasienmeister? Na und?
> Die U17-Weltmeisterschaft in Indien ist nur der Anfang. Auch an eine
> Fußball-WM auf dem Subkontinent wird schon gedacht.
Bild: Die Spieler des indischen Vereins JSW Bengaluru FC trainieren in Doha fü…
„Die Fußballrevolution in Indien ist auf dem Weg“, twittert Javier Ceppi
seit Monaten ständig. Der Mann ist nah dran an dieser Revolution. Er ist
Direktor des WM-Turniers der U17-Teams, das im Oktober stattfindet. Eine
Fußball-WM in einem Land, das hierzulande meist nur mit Kricket oder Hockey
in Verbindung gebracht wird, ist tatsächlich etwas Neues.
Aber auch etwas Überfälliges.
Wer unbedingt will, kann den Stellenwert Indiens für den Weltfußball in den
Worten Ceppis ausdrücken: „Wir reden hier von 1.250 Millionen Menschen,
einem gigantischen Markt und einer enormen Fußballbegeisterung.“ Wer es so
formuliert, liegt allerdings sehr auf der Linie des Weltfußballverbands
Fifa, dessen WM-Vergabepolitik immer dem Gedanken folgt, wo Märkte zu
erschließen sind.
So weit, so unsympathisch. Dass die Integration Indiens in den Weltfußball
überfällig ist, lässt sich aber auch anders begründen. Die Geschichte der
Fußball-Weltmeisterschaften war nämlich bislang ein Lehrstück, wie Europa
dem Rest der Welt seine Überlegenheit mitzuteilen gedacht hat. Beim ersten
Turnier, 1930, ließ die Fifa nur europäische und lateinamerikanische
Vertreter mitmachen. 1934 durfte dann Ägypten dabei sein; es blieb das
einzige afrikanische Land bis 1970! Bei der dritten WM, 1938, war es ein
asiatisches Land: Niederländisch-Indien – das heutige Indonesien.
1950 probierte man es dann mal mit Indien: seit 1947 unabhängig, 1948 bei
den Olympischen Spielen mit Achtungserfolgen vertreten (im Fußball
Achtelfinale!). „Während die Inder gegen die Briten für ihre Unabhängigkeit
kämpften, war Fußball eines der populärsten Spiele“, schreibt der
Kricket-Historiker Mihir Bose. „Nach der Unabhängigkeit wurde es Indiens
Sportart Nummer eins.“
## Die türkische Elf blieb zu Hause
Mit diesem riesigen Land, dachte sich die Fifa, könne sie das Image eines
wirklichen Weltturniers erheischen. Indien gelangte ohne Qualifikation zur
WM. Begünstigt wurde das durch etliche Absagen. Die Türkei etwa erklärte,
die Reise nach Brasilien sei zu teuer.
Doch auch bei der WM absolvierte Indien kein Spiel: Das lag allerdings
nicht daran, wie es – zum Teil bis heute – in der europäischen
Sportöffentlichkeit kolportiert wird, dass die indischen Kicker sich nicht
mit einem Barfußspielverbot hätten anfreunden können. Der Sporthistoriker
Kaushik Bandyopadhyay sagt, der indische Verband habe die WM schlicht nicht
für ein wichtiges Turnier gehalten. Ähnliches berichtet auch
Mannschaftskapitän Sailen Manna: „Wir hatten keine Ahnung von der
Weltmeisterschaft. Für uns waren die Olympischen Spiele alles, es gab
nichts Größeres.“
Diese Sicht auf die Fußball-WM war damals nicht verwunderlich: Die Fifa
wollte ja keine Vertreter aus Asien, Afrika und Ozeanien. Dagegen waren die
Olympischen Spiele seit den 30er Jahren wirkliche Weltereignisse.
Fußball fand aber statt, nur eben nicht unter den Blicken europäischer
Fußballhegemonie: 2008 gewann Indien den AFC Challenge Cup – ein Turnier,
das der asiatische Verband speziell zur Förderung weniger leistungsstarker
Teams ins Leben gerufen hat. Und 2009, 2011 und 2015 wurde Indien
Südasienmeister. In Indien überlegt man gar, sich als WM-Gastgeber zu
bewerben. Für 2026 und, etwas realistischer 2030 befindet sich Nachbar
China im Bieterrennen, doch dahinter könnte sich Indien Chancen ausrechnen.
Die Stadien und das nötige Organisations-Knowhow erarbeitet man sich ja
schon im kommenden Jahr mit der U17-Weltmeisterschaft.
9 Dec 2016
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Indien
Weltmeisterschaft
Fifa
Hockey
Frauenfußball
Indien
Fußballweltmeisterschaft
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Fußball-WM 2022
Indien
Indien
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