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# taz.de -- Nach dem Fall Elnas Rekabi: Sportlerinnen unter Druck
> Die iranische Kletterin Elnaz Rekabi sei sicher, sagt der Iran – und das
> IOC glaubt's. Warum sich Athletinnen nie auf den Verband verlassen
> sollten.
Bild: Ohne Sicherung durch das IOC: Elnas Rekabi in Seoul in der Wand
Give Peace a chance!“ Na, wer hat das gesagt? Richtig, Thomas Bach, der
Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Am Mittwoch war das in
Seoul. Es wurde über den Satz auch abgestimmt. Bei der Versammlung der
Nationalen Olympischen Komitees in Seoul nahmen die Sportführer der Welt
den von Bach vorgestellten „Bericht zur Lage der Olympischen Bewegung“ an.
Einer dieser Sportführer ist Mahmoud Khosravi Vafa. Er ist Präsident des
Nationalen Olympischen Komitees des Iran. Er nutzte die Versammlung von
Seoul, um der Weltöffentlichkeit zu versichern, dass [1][die iranische
Kletterin Elnas Rekabi] in Sicherheit sei.
Die war ein paar Tage zuvor bei einem Kletterwettbewerb in Seoul zur Ikone
der iranischen Protestbewegung geworden, als sie ohne Hidschab in die Wand
gestiegen ist. Kurz daruf landete sie am Teheraner Flughafen, gab ein
Statement ab, nachdem das Ganze ein Versehen war, wurde zum Sportminister
gekarrt, ohne sich vorher umziehen zu können und musste für ein paar Fotos
posieren. Derweil wurde sie von der Basis im Iran weiter gefeiert. Weil es
dort zum Alltag gehört, Statements, von denen man annehmen mus, sie seien
unter Druck zustande gekommen, keinen Glauben zu schenken.
Natürlich gibt es auch Menschen, die offiziellen Verlautbarungen aus dem
Iran trauen. Thomas Bach ist so einer. Rekabi sei in Sicherheit und bei
ihrer Familie, ließ das IOC mitteilen. Woher das IOC das weiß? Von Mahmoud
Khosravi Vafa natürlich, dem Oberolympier aus dem Iran, von dem Bilder im
Netz kursieren, die nahelegen, der Mann sei früher Bodyguard des heutigen
Obersten Führers der Islamischen Republik Ali Chamenei gewesen.
## Nach dem Drehbuch der Unterdrücker
Unvergessen sind die Bilder von Bach, die im vergangenen Winter von Peking
aus um die Welt geschickt worden sind. Da spazierte er mit der
[2][chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai] durch ein paar olympische
Sportstätten, um der Weltöffentlichkeit die Sportlerin wie eine Trophäe zu
zeigen. Er glaubte, was ihm chinesische Offizielle versichert hatten: Peng
Shuai sei sicher. Daran gab und gibt es ehebliche Zweifel.
Peng Shuai hatte ein paar Monate zuvor via Social Media einen hohen
Funktionär der Kommunistischen Partei der Vergewaltigung bezichtigt und war
umgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden. Anstatt Zweifel zu äußern,
immer wieder nachzuhaken, spielte Bach brav eine Rolle im Drehbuch der
Kommunistischen Partei.
Jetzt stand er in Seoul vor den Vertetern der Nationalen Olympischen
Komitees und forderte die Wiedereingliederung von Sportlern aus Russland
und Belarus in den Wettkampfbetrieb. Sie sollten nicht unter den
Entscheidungen ihrer Regierungen leiden. Wenn ihm das wirklich wichtig
wäre, hätte er seinem Auftritt ja [3][Brittney Griner] widmen können, der
US-Basketballerin, die seit Februar in Russland inhaftiert ist.
Nachdem bei ihr ein paar Milligramm Haschischöl gefunden wurden, ist sie
festgenommen worden. Später wurde sie zu einer absurd hohen Haftstrafe von
neun Jahren verurteilt. Der russische Sport hat sich nie für das Schicksal
der Frau interessiert, die dazu beigetragen hat, dass das russische Team
UMGK Jekaterinnenburg vier Mal die Euroleague gewonnen hat.
Bach hätte seine Rede auch der [4][belarussischen Sprinterin Kristina
Timanowskaja] widmen können, die von ihrem Verband aus dem Olympiateam
geworfen wurde, nur weil sie nicht mit der Zusammensetzung der
Sprintstaffel einverstanden war. Sie lebt heute als politischer Flüchtling
in Polen.
Es gibt viele Sportlerinnen, die starke Anwälte brauchen können. In den
internationalen Sportverbänden finden sie solche nicht. Auch das hat diese
Woche gezeigt.
21 Oct 2022
## LINKS
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[2] /Missbrauchsvorwuerfe-von-Tennisspielerin/!5830748
[3] /Diplomatische-Bemuehungen-im-Fall-Griner/!5870230
[4] /Sportdiktatur-in-Belarus/!5787583
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Kolumne Frühsport
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