# taz.de -- Zu Fuß diagonal über die Kreuzung: Ein bisschen Tokio in Hamburg | |
> Die SPD will in Hamburg-Eimsbüttel eine Diagonal-Kreuzung schaffen und | |
> Fußgänger:innen damit das Leben erleichtern. | |
Bild: Wenn dieser Passant wollte, könnte er auch diagonal über die Straße la… | |
HAMBURG taz | So ganz neu ist die Idee nicht, die von der SPD in den | |
Bezirksausschuss Eimsbüttel eingebracht wurde. Das Konzept einer Kreuzung, | |
die allen Fußgänger:innen gleichzeitig grünes Licht gibt und dadurch | |
auch eine diagonale Überquerung ermöglicht, findet in den USA bereits seit | |
der Mitte des vergangenen Jahrhunderts Verwendung. | |
Prominent ist die Shibuya-Kreuzung in der Metropole [1][Tokio], | |
mittlerweile gleichermaßen Touristen-Attraktion wie | |
Straßenüberquerungshilfe. Mehrere Tausend Menschen überqueren dort die | |
Kreuzung horizontal, vertikal und diagonal – pro Grünphase. In Japan ist | |
das Konzept am stärksten verbreitet. Hier finden sich heute mehr als 300 | |
Kreuzungen dieser Art. | |
Die Vorteile einer solchen Kreuzung liegen auf der Hand. Müssen bei | |
konventionellen Kreuzungen zwei Straßen überquert werden, um die diagonal | |
gegenüberliegende Seite zu erreichen, sind für [2][Fußgänger:innen] bei | |
einer Diagonalquerung alle Seiten in nur einer Grünphase erreichbar. | |
Und weil zu keinem Zeitpunkt Autos und Fußgänger:innen gleichzeitig | |
grün bekommen, sinkt das Risiko von [3][Abbiegeunfällen] im japanischen | |
Kreuzungsdesign erheblich. Auch der motorisierte Verkehr läuft ohne | |
kreuzenden Fußverkehr flüssiger. Einzig und allein die Wartezeit erhöht | |
sich durch drei anstelle von zwei Ampelphasen für alle Parteien ein wenig. | |
Prädestiniert ist das Konzept damit vor allem für Kreuzungen mit einem | |
hohen Fußgänger:innenaufkommen, beispielsweise an belebten Straßen oder | |
Umstiegsknoten öffentlicher Verkehrsmittel. Doch trotz der Vorteile und | |
vergleichsweise geringen Kosten finden sich bislang nur vereinzelt | |
Diagonalqueren in Deutschland wie etwa in Berlin an der Ecke | |
Friedrichstraße/Kochstraße, gleich neben dem ehemaligen taz-Gebäude. | |
In Hamburg gibt es bislang hingegen keine Kreuzung dieser Art. Das möchte | |
die SPD-Fraktion Eimsbüttel mit ihrem Antrag in der Bezirksversammlung nun | |
ändern. Als Schauplatz haben sich die Sozialdemokrat:innen die | |
Kreuzung Osterstraße/Heußweg ausgesucht. | |
Neben verschiedenen Geschäften des Einzelhandels finden sich an allen vier | |
Ecken der Kreuzung auch Ein- und Ausgänge zur Station Osterstraße der | |
U-Bahn Linie 2. Die Kreuzung einfach durch die U-Bahn-Station zu | |
unterlaufen, ist allerdings nicht möglich, da anders als bei den meisten | |
Hamburger U-Bahn-Stationen in der Osterstraße kein Zwischenbahnsteig mit | |
Zugang zu beiden Gleisen, sondern Außenbahnsteige mit jeweils nur einem | |
Gleis vorhanden sind. | |
So wird trotz allseits vorhandener Zugänge für das Erreichen der U-Bahn oft | |
eine Überquerung der Fahrbahn notwendig. Wer nicht ortskundig ist, landet | |
an der Osterstraße zudem häufig am falschen Bahnsteig und muss folglich | |
ebenfalls die Straße queren. | |
„Es geht uns nicht darum, ein neues Wahrzeichen zu schaffen, sondern ganz | |
konkret die Situation für Fußgängerinnen und Fußgänger im Zentrum | |
Eimsbüttels zu verbessern“, sagt Koorosh Armi, der verkehrspolitische | |
Sprecher der SPD Fraktion Eimsbüttel. „Konflikte werden entschärft, die | |
Sicherheit wird erhöht.“ | |
## Bezirksversammlung muss zustimmen | |
Die Kreuzung habe man sich unter anderem wegen der Situation mit der | |
U-Bahn-Station ausgesucht, aber auch andere Faktoren wie die | |
Fahrbahnbreite und die Verkehrsführung würden zum diagonalen Konzept | |
passen, findet Gabor Gottlieb, der Fraktionsvorsitzende der SPD-Eimsbüttel. | |
„Die Osterstraße als Einkaufs- und Flanierstraße wird schon seit einigen | |
Jahren fußgängerfreundlicher gestaltet, die verbesserte Überquerung der | |
Kreuzung passt da ins Konzept und erhöht zudem die Aufenthaltsqualität am | |
angrenzenden Fanny-Mendelssohn-Platz“, erläutert Gottlieb. | |
Nächstes Jahr könnte die Umgestaltung dann Form annehmen – vorausgesetzt, | |
die SPD kann in der Eimsbütteler Bezirksversammlung eine Mehrheit für den | |
Vorschlag gewinnen. Größere bauliche Maßnahmen seien für die Umgestaltung | |
nicht notwendig. Mit einer polizeilichen Anordnung müssten nur | |
Ampelanlagen ausgebaut, Fahrbahnmarkierungen angepasst und die | |
Ampelschaltung umgestellt werden. | |
30 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Niklas Berger | |
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