# taz.de -- Experte über Cannabis-Legalisierung: „Das ist eine Revolution“ | |
> Dass die Bundesregierung Cannabis legalisieren will, könnte auf EU-Ebene | |
> Signalwirkung haben, sagt Peter Homberg. Doch es gibt eine Fülle | |
> rechtlicher Hürden. | |
Bild: Aus den Niederlanden könnte Unterstützung kommen für die Legalisierung… | |
taz: Herr Homberg, bekommen wir in dieser Legislatur noch die | |
[1][Legalisierung von Cannabis in Deutschland]? | |
Peter Homberg: Das ist schwierig zu sagen. Ich habe ja keine Kristallkugel. | |
Aber wir haben eine Fülle rechtlicher Hürden mit einem zukünftigen | |
Gesetzentwurf zu nehmen, bevor wir überhaupt über eine wie auch immer | |
geartete Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs sprechen können. Diese | |
rechtlichen Hürden sind die völkerrechtlichen Verträge, insbesondere die | |
UN-Übereinkommen von 1961, 1978 und 1988, denen Deutschland beigetreten | |
ist. Da sind auch noch die europarechtlichen Vorschriften, hier das | |
Schengener Durchführungsübereinkommen und der Rahmenbeschluss von 2004. Der | |
Bewegungsspielraum für die Bundesregierung ist relativ eng. | |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die EU-Kommission um eine | |
Vorprüfung bitten. Eine gute Idee? | |
Je früher die EU-Kommission in diesen Prozess eingebunden wird, desto | |
besser. Das Positionspapier sagt ganz klar, dass ohne die Abstimmung mit | |
der EU-Kommission, mit den Mitgliedstaaten und mit dem EuGH dieses | |
Gesetzgebungsverfahren im Prinzip nicht umgesetzt werden kann – ohne dass | |
man Gefahr läuft, dass es ein Vertragsverletzungsverfahren gegen | |
Deutschland geben könnte. | |
Aus welchen EU-Staaten könnte Unterstützung kommen? | |
Niederlande, Portugal, Malta, Luxemburg. Vielleicht auch Spanien, das einen | |
großen Markt in dem Bereich sieht. Bei Frankreich muss man abwarten, die | |
sind sehr zurückhaltend bei dem Thema. Aber man kann nur einen tragfähigen | |
Konsens herbeiführen, wenn man sehr viel und sehr intensive Lobbyarbeit als | |
Bundesregierung betreibt. Es braucht eine Koalition der Staaten, die für | |
die Einführung, für die Legalisierung von Cannabis für den Freizeitkonsum | |
unter staatlicher Kontrolle sind. | |
Die Bundesregierung setzt auf die heimische Produktion von Cannabis. | |
Richtig so? | |
Lokaler Anbau ist der einzig richtige Weg, um andere Länder nicht zur | |
Vertragsverletzung der UN-Übereinkommen zu verleiten. Deshalb setzen auch | |
Kanada und Uruguay auf diesen Weg. | |
Lauterbach sieht in dem [2][jetzigen Entwurf] keinen großen Wurf in der | |
Drogenpolitik. Teilen Sie diese Einschätzung? | |
Nein. Das ist eine Revolution. Allein dass ein Mitgliedstaat der | |
Europäischen Union von der Wichtigkeit und Größe der Bundesrepublik | |
Deutschland seine Drogenpolitik signifikant ändern will und Cannabis für | |
den Freizeitkonsum freigeben wird – das ist revolutionär. | |
Heute war der [3][Auftakt für diese Revolution]. Und wie geht es jetzt | |
weiter? | |
Ich gehe davon aus, dass wir vor Mitte des kommenden Jahres keinen zur | |
Diskussion gestellten Entwurf eines Cannabisgesetzes sehen werden. Diese | |
Abstimmungsprozesse, insbesondere auf europäischer Ebene, dauern ziemlich | |
lange. Mit den entsprechenden Kontrollgremien der UN-Übereinkommen geht es | |
vielleicht sogar schneller als in der Europäischen Union. Aber ich glaube | |
nicht, dass wir vor 2024 Cannabis für den Freizeitkonsum auf dem deutschen | |
Markt haben werden. | |
27 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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