# taz.de -- Transfeindliche Äußerungen: Uni wehrt sich gegen Cancel-Vorwurf | |
> Die „FAZ“ berichtet über eine angebliche Treibjagd auf eine | |
> Juniorprofessorin an der Lüneburger Uni. Die soll die Professorin nicht | |
> geschützt haben. | |
Bild: Sorgt bisweilen für Irritationen: Protest gegen Transfeindlichkeit | |
HAMBURG taz | Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) wirft der | |
Universität Lüneburg vor, bei einer Rufmordkampagne gegen eine | |
Juniorprofessorin tatenlos zugeschaut zu haben. Die Hochschulleitung hat | |
sich jetzt dagegen verwahrt. | |
In einem Beitrag vom 19. September 2022 berichtet die FAZ über eine | |
vermeintliche Hetzkampagne von Trans-Aktivisten gegen die | |
Wirtschaftsjuristin Alessandra Asteriti. Der Vorfall steht nach Ansicht der | |
FAZ im größeren Zusammenhang mit einer angeblichen Cancel Culture an Unis. | |
Die Uni hat der FAZ unsauberen Journalismus vorgeworfen. Ausgangspunkt der | |
Diskussion ist ein längerer Thread Asteritis auf Twitter, wo sie sich | |
transfeindlich geäußert haben soll. | |
Laut der FAZ hat Asteriti lediglich ausgeführt, warum die körperliche | |
Unterscheidung von Männern und Frauen im internationalen Recht wichtig sei. | |
Ausbeutung, Unterdrückung oder Benachteiligung von Frauen seien sonst nicht | |
darstellbar. Der Twitter-Account der Juniorprofessorin ist mittlerweile | |
gelöscht und daher nicht mehr einsehbar, aber es kursieren noch einige | |
ihrer Tweets in den sozialen Netzwerken. | |
Asteriti schreibt dort, dass sie nicht begreife, [1][warum die | |
Gender-Ideologie in kürzester Zeit so machtvoll geworden sei]. Diese | |
Weltanschauung schade Frauen, da Männer gegenüber Frauen ignorant seien und | |
sie nicht als vollwertige Menschen akzeptierten. „Männer bekommen alles, | |
was sie wollen. Wenn ein Mann also eine Frau sein will, warum nicht?“, | |
twittert Asteriti. | |
## „Männer bekommen alles“ | |
In einem weiteren Tweet sagt sie, dass es eine menschliche Grundfähigkeit | |
sei, das Geschlecht zu erkennen. Jeder, der etwas anderes behaupte, wolle | |
den Schutz der Frau abschaffen und sei „ein potentieller Vergewaltiger“. | |
Die Aussagen der Juniorprofessorin auf ihrem privaten Twitter-Account | |
sorgten für [2][Empörung bei Trans-Aktivisten], die eine Entlassung | |
Asteritis forderten. | |
Diesem Aufruf folgte die Universität nicht. Die FAZ findet trotzdem | |
Anhaltspunkte dafür, dass Asteriti [3][„gecancelt“ wurde.] Die FAZ | |
suggeriert, dass sich die Verantwortlichen der Universitätsleitung aus der | |
Schussbahn genommen hätten, wodurch Asteriti sich dem Protest gegen ihre | |
Person hilflos ausgesetzt gesehen habe. | |
Weiter stellt die FAZ die Behauptung in den Raum, dass eine | |
Diskussionsrunde, bei der die Juniorprofessorin den Vorsitz hatte, wegen | |
Anfeindungen abgebrochen werden musste. Zudem deutet die FAZ an, dass die | |
Professur der Wirtschaftsjuristin in Frage gestellt worden sei. | |
Die Unileitung widerspricht diesen Vorwürfen. Wie Uni-Vizepräsident | |
Christian Brei versichert, wurde Asteriti in der Situation beraten. „Zu | |
keinem Zeitpunkt hat die Universität kritische Äußerungen zum Anlass | |
genommen, die Wissenschaftlerin in irgendeiner Weise in der Durchführung | |
ihrer Dienstaufgaben als Juniorprofessorin einzuschränken“, beteuert Brei. | |
Dass der Vertrag nicht verlängert wurde, sei lediglich dem Umstand | |
geschuldet, dass die maximale Vertragsdauer der Juniorprofessur erreicht | |
war, und habe nichts mit dem öffentlichen Druck auf Asteriti zu tun. | |
Ebenfalls wurde das Panel, bei dem die Wirtschaftsjuristin den Vorsitz | |
hatte, nicht abgebrochen wie von der FAZ behauptet. Asteriti hatte sich | |
aufgrund des Protests gegen ihre Person aus eigenen Stücken dazu | |
entschieden, nicht an dem Panel teilzunehmen. Inzwischen hat die FAZ die | |
beiden Fehler richtiggestellt. | |
Angesichts des [4][Vorwurfs der FAZ, dass die Universität in der Sache wohl | |
„keine eigene Meinung“ habe] und kaum intervenierte, versichert | |
Vizepräsident Brei, dass die Universität sehr wohl eine eindeutige Haltung | |
besitze. Die Leuphana sei ein Ort der Debatte, an dem auf Basis | |
wissenschaftlicher Argumentation auch zu schwierigen Themen diskutiert | |
werde, denn die Suche nach Erkenntnis und Wahrheit sei Kern | |
wissenschaftlicher Auseinandersetzung. | |
„Eine Universität darf ihren Forschenden und Lehrenden das Wort nicht | |
verbieten, solange diese nicht in der Ausübung ihrer dienstlichen Pflichten | |
geltendes Recht verletzen“, sagt Brei. Was Asteriti hierzu denkt, bleibt | |
offen. Es war der taz nicht möglich, mit ihr in Kontakt zu treten. | |
Im FAZ-Artikel ist auch von einem Gespräch zwischen dem Allgemeinen | |
Studierenden-Ausschuss (Asta) der Universität Lüneburg und Asteriti die | |
Rede, was nach Angaben der Juniorprofessorin in einem Desaster geendet sein | |
soll. Die taz hat mit dem Asta Kontakt aufgenommen und um dessen | |
Einschätzung gebeten. Die damaligen Sprecher meldeten sich jedoch vor | |
Redaktionsschluss nicht zurück. | |
25 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Gender-Bias-und-Kleidung/!5875141 | |
[2] /Forscher-ueber-Hamburger-Demo-Streit/!5870673 | |
[3] /Cancel-Culture-und-Wokeness/!5882236 | |
[4] https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/hoersaal/cancel-culture-ruf… | |
## AUTOREN | |
Tatjana Smudzinski | |
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