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# taz.de -- „Solidarischer Herbst“-Demonstrationen: Für mehr soziale Gerec…
> Das Bündnis breit, der Zuspruch bescheiden. Laut
> Veranstalter:innenangaben waren rund 24.000 Menschen dabei.
Bild: Für die ganze Brückenbreite reichte es bei der Demonstration am Samstag…
Frankfurt am Main / Dresden taz | Auf dem Rossmarkt, wo in Frankfurt am
Samstagmittag die Kundgebung „Solidarisch durch die Krise“ startet, wehen
viele Fahnen – ein wahres Meer in Rot mit den Schriftzügen des DGB, von
Verdi und diversen linken Gruppen. Aber auch grüne Transparente von
Umweltschutzgruppen stechen ins Auge.
„Klimaschutz statt Armut“ – so steht es schwarz auf knallgelb auf den
Plakaten der Greenpeace-Aktivist:innen. Das bringt griffig auf den Punkt,
was das Anliegen der Demonstrierenden ist: mehr Klimaschutz und eine sozial
gerechtere Politik – beides in Verbindung und besonders jetzt in der Krise.
„Ich spüre die Krise gerade sehr – und die aktuellen Maßnahmen der Politi…
die reichen einfach nicht, gerade nicht für mich als Alleinerziehende“,
berichtet eine Demoteilnehmerin der taz.
Allerdings: Die Frau ist eine der wenigen, die einfach so, ohne einem
großen Verband anzugehören oder über ihn mobilisiert worden zu sein, in
Frankfurt auf die Straße gegangen ist. Während sich die Demonstrierenden
mit ihren Fahnen und Plakaten durch die Straßen schlängeln, drängen sich
nebenan auf der Zeil die Passant:innen.
Die Frankfurter Einkaufsmeile ist gut besucht. Etliche schauen interessiert
zum Demozug herüber. „Ja, die steigenden Preise, die machen mir echt zu
schaffen“, erzählt eine junge Frau aus Bad Homburg. „Aber demonstrieren,
ich weiß nicht“, sagt sie der taz. „Ich glaube das bringt nichts.“
## Überschaubare Teilnehmer:innenzahlen
Das Frankfurter Event war eines von bundesweit sechs Demonstrationen, die
die DGB-Gewerkschaften Verdi und GEW gemeinsam den Sozialverbänden
Volkssolidarität und Paritätischer Gesamtverband sowie den Umweltverbänden
BUND und Greenpeace organisiert haben. Zum Aufrufer:innenkreis zählten
auch Attac, Campact und der Verein Finanzwende.
Unter dem Titel [1][„Solidarischer Herbst: Soziale Sicherheit schaffen –
Energiewende beschleunigen“] forderten sie gezielte Hilfen für Menschen
mit wenig Geld, höhere Steuern für Reiche und eine konsequentere
Energiewende. Die Kritik an der Regierung, die will man nicht den Rechten
überlassen. Sondern für die eigenen Anliegen nutzen.
Zu den Unterstützer:innen der Demos gehörten überdies noch unter
anderem der Deutsche Mieterbund, die AWO und Fridays for Future. Für ein
solch breites Bündnis blieb die Resonanz spärlich: Laut den
Veranstalter:innen nahmen an den Demonstrationen in Berlin,
Düsseldorf, Dresden, Hannover, Stuttgart und Frankfurt am Main insgesamt
rund 24.000 Menschen teil.
Und das ist schon eine äußerst wohlwollende Schätzung. So zählten sie in
Frankfurt und Düsseldorf je 5.000 Demonstrant:innen, die Polizei kam
jeweils auf deutlich weniger als 3.000. Auf der größten [2][Demonstration
in Berlin] sollen laut dem Bündnis 6.000 gewesen sein, laut Polizeiangaben
waren es 2.800. Die tatsächliche Anzahl dürfte sich irgendwo dazwischen
bewegt haben. Die Erwartungen waren weit höher gewesen.
## Im Dresdner Stadtbild dominieren die Dynamo-Fans
Auch in Dresden zählen die Veranstalter:innen großzügig. Auf 2.000
Teilnehmer:innen kommen sie. Tatsächlich sind es deutlich weniger. Das
Stadtbild bestimmen an diesem Samstag die Dynamo-Fußballfans, nicht die
etwa 500 Demonstrant:nnen für eine solidarische Bewältigung der
Kriegsfolgen.
Aber immerhin einer der schwarz-gelben-Schalträger lässt sich auch am
goldenen Reiterstandbild des Kurfürsten August blicken, wohin das neue
Bündnis eingeladen hat. Sabine Zimmermann vom Paritätischen
Wohlfahrtsverband spielt in ihrer Rede auf August den Starken als feudalen
„Mann des Luxus“ im frühen 18. Jahrhundert an: „Wir aber setzen ein Zeic…
der Solidarität!“
Dieses Zeichen hätte auf dem beliebten Dresdner Demonstrationsplatz
zahlenmäßig eindrücklicher ausfallen können. Gleichwohl bestimmt Vielfalt
das Bild. Über Fahnen und Transparente des
Veranstalter:innenbündnisses gehen einige Gruppen hinaus.
„Klassenkampf! Für unsere Zukunft, gegen ihre Profite“, fordern drei junge
Männer.
Ganz in der Nähe weht eine Antifa-Fahne. Die MLPD verlangt „aktiven
Widerstand gegen den 3. Weltkrieg“, andere „Diplomaten statt Granaten“.
Norbert Winter, der stellvertretende Geschäftsführer der IG BCE
Dresden-Chemnitz, greift den alten DDR-Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen
auf“: Es sei eine „pervertierte Ansicht, dass mehr Waffen Menschen retten�…
so Walter.
## Organisator:innen zeigen sich zufrieden
Anders als in Berlin, wo die Linkspartei mit ihrer gesamten Parteiprominenz
von Klaus Lederer bis Katja Kipping vor Ort ist, macht sie sich in Dresden
rar. Linken-Stadtchef Jens Matthis ist zwar gekommen, sonst aber verstecken
sich ganze zwei Fahnen der Linken eher auf dem Platz. Der Grund: Noch am
Vormittag war im Dresdner Stadtverband gestritten worden, ob man überhaupt
oder gar mit Flaggen teilnehmen solle. Unter den wenigen, die schließlich
zur Demo gekommen sind, sind Begriffe wie [3][Streit, Unsicherheit, ja
Resignation in der Partei] zu hören.
Im Anschluss an den Dredner Demonstrationszug gab es auf dem zentralen
Postplatz noch ein Konzert „Soli Sounds“ unter anderem mit Sänger Sebastian
Krumbiegel von den Prinzen. Ein netter Abschluss.
Trotz des ausbaubaren Zuspruchs zeigten sich die Organisator:innen
insgesamt zufrieden: „Die Demonstrationen zeigen, dass viele Menschen sich
in der Krise nicht spalten lassen und sich eine sozial-ökologische Wende
wünschen“, verkündeten sie anschließend. An die Bundesregierung sei „ein
starkes Zeichen“ gesendet worden, „für eine sozial gerechte und nachhaltige
Politik“.
Auch in Frankfurt ist man zufrieden. „Das ist ein guter Auftakt. Und eine
ganz gute Teilnehmerzahl“, sagte Werner Neumann vom Landesvorstand des BUND
in Hessen der taz. Die Linken-Vorsitzende und frühere hessische
Linksfraktionsvorsitzende Janine Wissler, die ebenfalls an ihrer alten
Wirkungsstätte mit dabei war, stimmte zu: „Ich denke, das ist ein guter
Erfolg, dass hier so viele gemeinsam Flagge zeigen“, sagte sie der taz.
Doch Wissler räumte auch ein: „Aber ja, wir müssen uns vielleicht danach
auch noch einmal überlegen, wie breitere Schichten erreicht werden können.“
23 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.solidarischer-herbst.de/
[2] /Buendnis-ruft-zu-Energie-Protest-auf/!5885849
[3] /Zoff-in-der-Linkspartei/!5879197
## AUTOREN
Alina Leimbach
Michael Bartsch
## TAGS
Verdi
Schwerpunkt Armut
Protest
Solidarität
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