# taz.de -- Bremer Innenbehörde stellt Bedingungen: Gemeinnutz nur mit Spitzeln | |
> Weil ein Bremer Kulturzentrum den Verfassungsschutz nicht auf dem Podium | |
> sehen will, stellt die Innenbehörde dessen Status als gemeinnützig | |
> infrage. | |
Bild: Haben Sie einen Moment Zeit, um über die freiheitlich demokratische Grun… | |
BREMEN taz | Ein „völlig gestörtes demokratisches Verständnis“ hat die | |
Sprecherin des Bremer Innensenators, Karen Stroink, dem [1][Kulturzentrum | |
Kukoon] vorgeworfen. Damit reagierte sie auf eine Veranstaltungsabsage | |
seitens des Bremer Kollektivs: Für den 6. Oktober war in dessen | |
Räumlichkeiten die Podiumsdiskussion „Von der Organisation Consul zu NSU | |
und Hannibal“ angesetzt – veranstaltet von der Landeszentrale für | |
politische Bildung Bremen, der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Verein | |
„Erinnern für die Zukunft“. | |
Unter den geladenen Gästen: die Leiterin des Referats für Rechts- und | |
Linksextremismus im Bremer Landesamt für Verfassungsschutz. Dass das Kukoon | |
diese nicht im Kulturzentrum willkommen heißen wollte, stieß beim | |
Innenressort auf heftiges Unverständnis. So stellte Stroink [2][gegenüber | |
dem Weser Kurier] infrage, „ob die Förderung eines solchen Vereins durch | |
öffentliche Mittel weiterhin angebracht“ sei – was sie auch der taz | |
bestätigte. | |
Beim Gemeinnutz geht es nicht nur um ein Qualitätssiegel oder den guten | |
Ruf: Eine solche Streichung würde für das Kukoon-Kollektiv und den daran | |
angebundenen Verein für Bunte Kombinationen massive finanzielle und | |
rechtliche Einschränkungen bedeuten. Akute Sorgen müssen sie sich aber eher | |
nicht machen. Das Innenressort ist für solche Fragen schließlich überhaupt | |
nicht zuständig, sondern die Finanz- und Kulturbehörde. | |
## Eine sonderbare Drohgebärde | |
Bemerkenswert ist der Vorstoß dennoch. Die öffentliche Drohgebärde aus dem | |
SPD-geführten Ressort dürfte Wirkung zeigen, spielt eine Diskreditierung | |
des Kollektivs doch all jenen in die Hände, für die der Gegner vor allem | |
links steht. | |
Veranstalter*innen und weiterer Podiumsgäste sehen die Ausladung | |
entspannt: „Jeder Veranstaltungspartner muss das Recht haben, über sein | |
Profil entscheiden zu können“, sagt etwa Thomas Köcher von der | |
Landeszentrale für politische Bildung. Irritiert habe nur die | |
Kurzfristigkeit der Absage, da bestehe Gesprächsbedarf. Dennoch: „Wir | |
schätzen das Kukoon als Kooperationspartner.“ Auch die eingeladene | |
Bürgerschaftsabgeordnete Kai Wargalla (Grüne) äußerte Verständnis für die | |
Entscheidung des Kollektivs. | |
Stattgefunden hat die umstrittene Veranstaltung übrigens trotzdem, nur eben | |
woanders, kurzfristig um ein paar hundert Meter in die Theaterkneipe | |
Falstaff verlegt. [3][Im Ankündigungstext] heißt es: „Die staatlichen | |
Sicherheitsorgane hatten damals wie heute Schwierigkeiten, weitreichende | |
rechtsradikale Netzwerke im Hintergrund zu erkennen – sei es aus eigener | |
Verstrickung oder wegen des in der Gegenwart hochproblematischen | |
V-Leute-Systems“. Vor diesem Hintergrund sollten „Möglichkeiten einer | |
wehrhaften Demokratie“ diskutiert werden. | |
Stroink hingegen sieht den Verfassungsschutz als „Frühwarnsystem gegen | |
Extremismus jeglicher Form“ und die Absage als undemokratisch – | |
beziehungsweise „völlig gestört“. Das weit über die Szene hinaus in Sach… | |
sozialer Teilhabe und Diskriminierungsabbau engagierte Kollektiv wird | |
diesen Vorwurf aushalten. Erste linke Gruppen haben sich bereits mit dem | |
Kukoon solidarisiert, etwa die Basisgruppe Antifaschismus. | |
15 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Neustaedter-Kulturzentrum-Kukoon/!5474424 | |
[2] https://www.weser-kurier.de/bremen/probleme-bei-politischen-veranstaltungen… | |
[3] https://kukoon.de/de/events/2022-10-06-politische-gewalt-damals-und-heute-v… | |
## AUTOREN | |
Pia Schirrmeister | |
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