| # taz.de -- Neustädter Kulturzentrum Kukoon: Gekommen, um zu bleiben | |
| > Veränderte Eigentumsverhältnisse prägen die Produktionsverhältnisse des | |
| > Kukoon völlig neu: Bis März läuft der Umbau und das Kollektiv sammelt | |
| > Spenden. | |
| Bild: Obwohl das Kukoon die Neustadt attraktiv macht, explodiert die Miete nicht | |
| BREMEN taz | Kaum haben sie das Kukoon gekauft, da machen sie den Laden | |
| erst mal zu. Bis Ende März will das NutzerInnenkollektiv das Neustädter | |
| Kulturzentrum renovieren und umbauen. Um die Beseitigung einiger | |
| Notlösungen aus den Gründungstagen vor drei Jahren geht es dabei – und um | |
| behördliche Auflagen, wie sie eine langfristige Umnutzung der ehemaligen | |
| Verkaufsräume zum Gastronomie- und Veranstaltungsort eben so mit sich | |
| bringt. Geld für das Pflichtprogramm ist da. Für das, was nicht zwingend, | |
| aber doch schön wäre, sucht das Kukoon zurzeit nach Spenden. | |
| Dass die NutzerInnen seit kurz vor Weihnachten auch EigentümerInnen sind, | |
| ist eine kleine Sensation – aber keine völlig unerwartete. Vom Kaufen hat | |
| Artur Ruder aus dem Kukoonkollektiv gleich von Anfang an gesprochen, auch | |
| weil man aus solchen Erfahrungen gelernt hatte: Ein paar Straßen weiter war | |
| die Zwischennutzung der Dete ausgelaufen, der Vorgängerin des Kukoon. In | |
| nur wenigen Monaten Betrieb hatten Ruder und andere nicht nur die völlig | |
| tote Lahnstraße wiederbelebt, sondern auch insgesamt spürbar klassisches | |
| Viertelpublikum in die Neustadt gelockt. | |
| Das Ergebnis war, dass man sich eine Verlängerung der Miete im eigenhändig | |
| aufgewerteten Quartier nicht mehr leisten konnte und gar nicht erst in | |
| ernsthafte Verhandlungen mit dem Eigentümer treten konnte. „Im Grunde haben | |
| wir uns unser eigenes Grab gentrifiziert“, so Ruder. | |
| Beim Kukoon haben sich die NutzerInnen die Kaufoption direkt gesichert und | |
| trotzdem zur Miete ausprobiert: Neben dem Tagesgeschäft haben über 500 | |
| Veranstaltungen im Kukoon stattgefunden, von Konzerten über Flohmärkte und | |
| Politvorträgen bis zur Nähwerkstatt. Freiluftveranstaltungen kommen noch | |
| dazu. | |
| Mit geschätzt 90.000 BesucherInnen versteht sich das Kukoon heute als | |
| Bürger- und Stadtteilzentrum – für die Spendensammlungen werben prominente | |
| BremerInnen wie der Rapper Immo Wischhusen oder Schwankhallenleiterin | |
| Pirkko Husemann. Grundsätzlich kostenlos und niedrigschwellig soll es auch | |
| mit der nun anstehenden Professionalisierung bleiben, auch wenn ein paar | |
| Projekte zwischendurch auf der Strecke geblieben sind. | |
| Den Mittagstisch etwa gibt es inzwischen nicht mehr. Es hatte sich keine | |
| Kontinuität eingestellt. Man wollte die Leute nicht um eins nach Hause | |
| schicken, weil die Küche leergegessen ist. Noch weniger wollte man aber | |
| Essen wegwerfen, weil am nächsten Tag doch wieder weniger Gäste kommen, | |
| heißt es aus dem Kukoon: „Da machst du dich unglaubwürdig“: Mittägliche | |
| Gastronormalität ist nur schwer vereinbar mit dem Anspruch, nachhaltig | |
| veganes Essen mit solidarischem Preissystem anzubieten. Darum legt die | |
| Küche mittlerweile später los. | |
| ## Flache Hierarchien und solidarische Preise | |
| Ob es möglich ist, mit flachen Hierarchien, freiheitlichem Miteinander, | |
| solidarischen Preisen und so weiter wirtschaftlich zu bestehen? Die Banken | |
| glauben es jedenfalls und haben die Kredite für den Kauf bereitgestellt. | |
| Dem Klischee vom realitätsvergessenen Weltverbesserer entspricht das Kukoon | |
| dann auch spätestens auf den zweiten Blick überhaupt nicht mehr. | |
| Da agiert das „Kollektiv“ dann als eingetragener Verein und GmbH, und die | |
| Akteure reden von Verantwortung, die man zu tragen habe, wenn man | |
| langfristig als fairer Arbeitgeber bestehen will. Und auch noch als | |
| Bauherr, der zwischen Funktionalität und Charme des Altbaus abzuwägen hat, | |
| wo es bislang nur einen einzigen Lichtschalter gibt, oder eine ausladende | |
| Wendeltreppe große Teile des Lagerraums versperrt. | |
| 15 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan-Paul Koopmann | |
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