# taz.de -- Neues Radquartier in Bremen: Besser radeln im Quartier | |
> Mit dem unvermeidlichen Spatenstich entsteht in der Alten Neustadt | |
> Deutschlands erstes Radquartier. Der Bund fördert das Vorhaben mit 2,4 | |
> Millionen Euro | |
Bild: Echt Premium: Mit Vorrang in der Neustadt flitzen und von da direkt in di… | |
Sobald die Hand des Bausenators zum Spaten greift, knallen bei den | |
anwesenden JournalistInnen die Sicherungen durch. Sie stürzen zu dem | |
aufgetürmten Sandhaufen, der die kleine Johannisstraße blockiert, suchen | |
hektisch die beste Position und drängeln sich auf der Jagd nach dem besten | |
Foto um den Haufen. Den hatte Hansewasser aufgeschüttet, um Kanalarbeiten | |
vorzunehmen. Im Anschluss an die Arbeiten wird die Straße komplett neu | |
gestaltet und Teil des neuen Radquartiers, das hier geplant ist. | |
Die Bauarbeiter stehen grinsend daneben und beobachten das irre Schauspiel. | |
Ein Spatenstich ist – neben seiner kleinen Schwester, der Scheckübergabe – | |
der lokaljournalistische Genreklassiker, er markiert so etwas wie Aufbruch, | |
Neubeginn und Vitalität. Und immer noch nehmen die für Pressetermine | |
Verantwortlichen in Firmen und Behörden an, man könne ein neues Vorhaben | |
kaum besser bebildern als mit einem Politiker, der entschlossen einen | |
Spaten in einen Sandhaufen rammt. Die Reaktionen der Kollegen geben ihnen | |
dieses Mal recht. | |
Der Neubeginn, der jetzt gefeiert wird, ist dabei tatsächlich eine kleine | |
Sensation: Denn hier, in der Alten Neustadt, entsteht Deutschlands erstes | |
Radquartier. In dem Karree zwischen Langemarckstraße, Oster- und | |
Westerstraße, Friedrich-Ebert-Straße und der Lahnstraße wird eine Zone | |
entstehen, in der Fahrräder Vorrang vor Autos haben. Das Konzept der | |
Fahrradstraßen, diesmal ausgedehnt auf ein ganzes Quartier. Straßen mit | |
Kopfsteinpflaster erhalten entweder einen asphaltierten Streifen oder | |
werden vollständig saniert. Parkplätze für Autos sollen dabei nicht | |
entfallen, sie werden deutlich markiert. Auch Fahrradbügel zum Abstellen | |
der Räder werden in den Straßen errichtet. | |
Geplant worden ist das neue Radquartier von der Stadt und der Hochschule | |
Bremen gemeinsam – letztere liegt direkt im Herzen der neuen Zone, auf dem | |
Campus soll neben zusätzlichen Fahrradabstellmöglichkeiten auch ein Repair | |
Café und Ladestationen für E-Bikes entstehen. Studierende sollen künftig | |
kostenlos Lastenräder ausleihen können, auch über ein Leihradsystem für die | |
Studierenden wird derzeit noch verhandelt – das muss allerdings | |
ausgeschrieben werden. | |
Rund 93.000 Euro kostet das Projekt die Hochschule Bremen, die deren | |
Rektorin Karin Luckey als „Reallabor“ sieht. Der Rest wird mit etwa 2,4 | |
Millionen Euro aus Bundesmitteln finanziert. Bausenator Joachim Lohse | |
(Grüne) bezeichnete das Projekt als „Meilenstein auf dem Weg zu mehr | |
umweltfreundlicher Mobilität“. Wichtig sei ein zeitgemäßes Miteinander | |
aller Verkehrsteilnehmer, bei dem die Autofahrer nicht ausgesperrt, die | |
Radfahrer jedoch bevorrechtigt würden. | |
Die Idee zu dem Quartier hatte ursprünglich der Grüne | |
Landesvorstandssprecher Ralph Saxe, der sich unter anderem auch für die | |
geplanten Premium-Rad-Routen stark macht. An sie soll die neue Zone künftig | |
auch angeschlossen werden, um die Fahrradmobilität auch jenseits des | |
Quartiers zu gewährleisten. Die neue Zone sei „gut für Klima- und | |
Umweltschutz und ein echter Mehrwert für den Stadtteil“, so Saxe. | |
Die Umsetzung liegt jetzt in den Händen des Amtes für Straßen und Verkehr. | |
Deren Leiterin Brigitte Pieper spricht angesichts der Tatsache, dass die | |
neue Fahrradzone bis 2019 fertiggestellt sein soll, von einem | |
„ambitionierten Zeitplan“, lobt aber die Zusammenarbeit im Stadtteil als | |
„gute Grundlagen für ein gutes Miteinander“. | |
22 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Karolina Meyer-Schilf | |
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