# taz.de -- Polens Reparationsforderung: Mehr als eine juristische Frage | |
> Außenministerin Baerbock lehnt Polens Forderung nach Entschädigung für | |
> Weltkriegsschäden ab – juristisch korrekt. Moralisch wäre ein anderer Weg | |
> besser. | |
Bild: Ein Stoßtrupp der Waffen-SS besetzt im Schutz eines Panzerwagens das zer… | |
Die Rechnung an Berlin hat die polnische Regierung aus innenpolitischem | |
Kalkül geschrieben. Reparationszahlungen in Höhe von [1][1,2 Billionen Euro | |
verlangt die PiS-Partei von Deutschland] als Entschädigung für | |
Weltkriegsschäden und -verbrechen. Eine entsprechende diplomatische Note | |
hat die polnische Regierung gerade abgeschickt und Außenminister Zbigniew | |
Rau brachte die Forderung auch am Mittwoch beim Besuch von Außenministerin | |
Annalena Baerbock in Warschau auf. | |
Als „abgeschlossen“ bezeichnete die Grünen-Politikerin in ihrer Replik die | |
Reparationsfrage. Juristisch hat sie recht: [2][Polen erhielt nach | |
Kriegsende erst über die Sowjetunion Entschädigungen] und verzichtete dann | |
mehrfach auf weitere Leistungen. Der linke polnische Abgeordnete Adrian | |
Zandberg lag wohl richtig, als er Mitte September im Sejm vermutete, die | |
PiS hole die Reparationsforderungen aus Wahlkampfgründen gerade jetzt „aus | |
dem verstaubten Regal“. | |
Trotzdem wäre es falsch, wenn sich die Ampelregierung in der Sache allein | |
auf rechtliche Fragen zurückziehen würde. Erstens gibt es neben der | |
juristischen noch eine moralische Ebene, auf der die geleisteten | |
Reparationen [3][in keinem Verhältnis zum Ausmaß der deutschen Taten] | |
stehen. Zweitens könnte die Bundesregierung durch ein ernsthaftes | |
Gegenangebot den Ressentiments der rechtskonservativen PiS vor den Wahlen | |
im kommenden Jahr am ehesten die Grundlage entziehen. | |
Dass Baerbock in diese Richtung gesprächsbereit ist, hat sie in Warschau | |
zwar signalisiert. Sie sprach von einer fortgesetzten Unterstützung | |
individueller NS-Opfer und von einer möglichen gemeinsamen Gedenkarbeit. | |
Zur Sprache brachte sie das aber eher verklausuliert und erst auf | |
Nachfrage; nicht so also, dass es hängen bleibt. | |
Als die Grünen noch in der Opposition saßen, kamen aus ihren Reihen | |
Vorschläge, was die Bundesrepublik konkret leisten könnte. Um einen Fonds | |
für Opfergruppen, die bisher keinerlei Entschädigung erhalten haben, ging | |
es da zum Beispiel. Jetzt sitzen die Grünen in der Regierung. Nichts | |
hindert sie daran, ihre Ideen nun auch voranzutreiben. | |
5 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Polen-fordert-Reparationen/!5875273 | |
[2] /Polen-fordert-Reparation/!5878833 | |
[3] /Kriegsende-vor-75-Jahren/!5680431 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
## TAGS | |
Annalena Baerbock | |
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg | |
Polen | |
Kriegsverbrechen | |
Bündnis 90/Die Grünen | |
PiS | |
Reparationszahlung | |
Polen | |
Annalena Baerbock | |
PiS | |
Schwerpunkt Tag der Befreiung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bundesregierung weist Forderungen ab: Keine Reparationen für Polen | |
Die deutsche Bundesregierung hat die Forderung abgelehnt, 1,3 Billionen | |
Euro Entschädigung für Folgen des Zweiten Weltkriegs zu zahlen. Die | |
polnische Regierung ist erbost. | |
Reparationsforderungen aus Polen: Warschau will 1,3 Billionen Euro | |
Der Reparationsbeauftragte beziffert die durch Nazideutschland verursachten | |
Kriegsschäden. Der Autor des Gutachtens führt in Kürze Gespräche in Berlin. | |
Forderung nach Weltkriegsreparationen: Baerbock erteilt Polen Absage | |
Die Außenministerin sagt in Warschau, dass die Frage nach | |
Weltkriegsreparationen „abgeschlossen“ sei. Polens PiS-Regierung hatte | |
diese erneut gefordert. | |
Fischsterben in der Oder: Das Komplettversagen der PiS | |
Das System der polnischen Regierungspartei PiS stinkt zum Himmel. Durch die | |
Oder-Katastrophe zeigt sich, wie unwichtig da die eigene Bevölkerung ist. | |
Kriegsende vor 75 Jahren: „Das Leid der Polen ist unbekannt“ | |
SPD-Politiker Markus Meckel plädiert für ein Polen-Denkmal in Berlin. Es | |
soll nicht an NS-Opfer erinnern, sondern an Polens Bande zu Deutschland. |