# taz.de -- Begräbnis der Queen: Die Demokratie hat abgedankt | |
> Der Tod Elisabeths II. wäre eine Gelegenheit, endlich den Fortbestand der | |
> britischen Monarchie in Frage zu stellen. Doch dafür fehlt noch immer die | |
> Mehrheit. | |
Bild: Die Staatskrone auf dem Sarg der Queen | |
Nachdem sie begraben ist, reicht es auch mit den Nachrufen und den | |
Verklärungen. Elisabeth II. war kein netter Mensch. Sie war rassistisch, | |
sie war anti-feministisch, und sie wähnte sich geistig über dem Rest der | |
Menschheit. Das hat sie tatsächlich behauptet. | |
Für eine Entschuldigung wegen der Verbrechen der britischen Kolonialpolitik | |
fand sie keine Worte, während sie für das [1][Commonwealth] stets | |
salbungsvolle Reden übrig hatte. Doch allzu nah durfte dieses ihr nicht | |
kommen: „Farbige Immigranten und Ausländer“ durften im königlichen Hausha… | |
nicht arbeiten, so stand es in Dokumenten, die voriges Jahr öffentlich | |
wurden. Genauso diskriminierend war die Einstellungspraxis, wenn es um | |
Frauen ging: Die wichtigsten Posten waren allesamt mit Männern besetzt. | |
Eine Anzeige wegen Verletzung der Anti-Diskriminierungsgesetze hatte die | |
Königin allerdings nicht zu befürchten. Sie genoss Immunität gegen mehr als | |
160 Gesetze. Der Polizei war es verboten, ihre Ländereien zu betreten, sie | |
durfte unter anderem nicht wegen des – durchaus begründeten – Verdachts auf | |
Verletzung von Tierschutz- oder Umweltschutzgesetzen ermitteln. | |
Auch als Mutter spielte sie eine ziemlich jämmerliche Rolle. Ihren Kindern | |
gegenüber hat sie sich nie zu einer Gefühlsregung hinreißen lassen. Nach | |
einer ausgedehnten Commonwealth-Rundreise begrüßte sie zum Beispiel den | |
winzigen Prinzen Charles mit einem kalten Handschlag. | |
Ihr Tod wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die schon lange fällige Debatte | |
über den [2][Fortbestand der britischen Monarchie] zu führen. Lediglich | |
Oliver Cromwell hat es im Jahr 1649 geschafft, die Monarchie per | |
Parlamentsbeschluss abzuschaffen. England wurde damals für elf Jahre | |
Republik. Aber die derzeit im Parlament vertretenen Parteien sind sich | |
darin einig, dass die Monarchie unangetastet bleibt. | |
[3][Nach Elisabeths Tod] hat fast die gesamte Nation einen kollektiven | |
Weinkrampf bekommen. Kritische Zwischenrufer:innen wurden | |
festgenommen. Es reichte schon die laut geäußerte Frage, wer Charles III. | |
eigentlich gewählt habe, um von der Polizei zu Boden geworfen und | |
festgenommen zu werden. Meinungsfreiheit, die man stets und zu Recht für | |
andere Länder fordert, sieht anders aus. Die Demokratie hat in | |
Großbritannien derzeit abgedankt. Die Monarchie hingegen noch lange nicht. | |
19 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Australien-ohne-die-Queen/!5878315 | |
[2] /70-Jahre-Regentschaft/!5881851 | |
[3] /Nach-dem-Tod-der-Queen/!5879438 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
## TAGS | |
Queen Elizabeth II. | |
Großbritannien | |
Monarchie | |
GNS | |
IG | |
König Charles III. | |
Queen Elizabeth II. | |
Kolumne Poetical Correctness | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kritik an royalem Staatsbesuch: Keith statt Charles | |
König Charles III. besucht Deutschland. Für Donnerstag ist auch ein | |
Auftritt im Bundestag geplant. Die Linkspartei macht einen | |
Alternativvorschlag. | |
Nach dem Tod der Queen: Sind die Briten alle meschugge? | |
In Deutschland wundern sich viele über die starke Trauer der Briten um die | |
Queen. Der taz-Korrespondent wundert sich über die Deutschen. | |
Tod von Queen Elizabeth II.: Beraubt, gedemütigt, gelyncht | |
Nach dem Tod von Queen Elizabeth II. gab es auch Menschen, die nicht | |
trauerten. Ja, es gab sogar solche, denen ihr Tod ein Trost war. | |
Vereinigtes Königreich in der Krise: Das Ende eines Zeitalters | |
Schwierige Transformation in Großbritannien: Wie liegen die Dinge auf der | |
Insel nach den Machtübernahmen von Premier Liz Truss und König Charles | |
III.? |