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# taz.de -- Kongos oberster Naturschützer entlassen: „Unmoral und Inkompeten…
> Olivier Mushiete, Direktor von Kongos umstrittener Naturschutzbehörde
> ICCN, muss sein Amt räumen. Seine eigenen Mitarbeiter hatten das
> gefordert.
Bild: Nicht einfach zu betreuen: Berggorilla in der Demokratischen Republik Kon…
Berlin taz | Nach zunehmender internationaler Kritik an der Militarisierung
des Naturschutzes in der Demokratischen Republik Kongo hat der Chef der
zuständigen Staatsbehörde [1][ICCN (Kongolesisches Institut für die
Bewahrung der Natur)] sein Amt verloren. Umweltministerin Eve Bazaiba
ernannte in einem am Samstag veröffentlichten, aber auf Freitag datierten
[2][Dekret] eine neue ICCN-Leitung und gab die Entlassung des bisherigen
Direktors Olivier Mushiete und seines Stellvertreters bereits drei Tage
zuvor bekannt.
Das ICCN verwaltet die neun Nationalparks und 80 Naturschutzgebiete der
Demokratischen Republik Kongo, die zusammengenommen neun Prozent des
riesigen Staatsgebietes ausmachen, darunter Heimatgebiete sehr seltener
geschützter Tierarten wie [3][Berggorrillas] und Bonobo-Schimpansen.
Deutschland ist führend bei der Finanzierung des kongolesischen
Naturschutzes. Dabei ergibt sich ein Dilemma: Seit Jahrzehnten nutzen auch
bewaffnete Rebellen Schutzgebiete als Rückzugsgebiete, weshalb Wildhüter in
den Parks immer wieder gemeinsam mit Soldaten operieren. Seit 2019 sind die
„Rangers“ des ICCN auch offiziell der kongolesischen Armee unterstellt, die
für gravierende Menschenrechtsverletzungen bekannt ist.
Zuletzt mehrten sich [4][Vorwürfe schwerer Übergriffe] gegenüber Bewohnern
von Schutzgebieten und Anwohnern von Nationalparks. 2020 fror Deutschland
deswegen seine Entwicklungshilfsgelder für die Naturschutzbehörde ein. 2021
vereinbarte es mit Kongos Regierung ein neues Parkmanangement mit stärkerer
internationaler Beteiligung, und Kongos Regierung setzte die langjährige
ICCN-Leitung ab zugunsten einer kommissarischen Leitung unter Mushiete.
Doch dieses Jahr wurden [5][Gewalt und Einschüchterung durch ICCN-Personal]
gegen Zeugen und Informanten im Rahmen internationaler Untersuchungen von
Menschenrechtsverletzungen in Nationalparks bekannt. In der Folge gab es
Krisengespräche mit ICCN-Chef Mushiete in Berlin.
Seine Auswechslung erfolgte nun just während eines Treffens des ICCN mit
seinen wichtigsten internationalen Partnerorganisationen in Kinshasa. Noch
am Abend des 16. September verbreitete das ICCN-Twitterkonto, scheinbar
nicht informiert, Fotos von den Gesprächen über „allgemeine Schutzpolitik“
mit seinen „operativen Partnern“, auf denen er zu sehen ist.
## Bestenfalls eine gemischte Bilanz
Offiziell wurde für Mushietes Absetzung kein Grund mitgeteilt. Seit er im
August 2021 sein Amt aufnahm, hat er eine bestenfalls gemischte Bilanz
aufzuweisen – in einer Zeit, in der der Schutz der Regenwälder und der
Biodiversität immer wichtiger für das internationale Image der
Demokratischen Republik Kongo wird.
Nicht von ungefähr hat das Umweltministerium, das jahrzehntelang ein
Schattendasein führte, im Jahr 2021 erstmals eine zentrale Position im
Kabinett erhalten, mit der bekannten Politikerin [6][Eve Bazaiba] als
Ministerin im Rang einer stellvertretenden Premierministerin. Sie will
Kongo zu einem führenden Land in Afrika bei der internationalen
Klimapolitik machen.
Mushiete hat das Profil des ICCN ausgebaut. Sein Vater war Minister in der
Mobutu-Diktatur, er selbst betreibt ein Waldprojekt im Bateke-Hochlands
östlich von Kongos Hauptstadt Kinshasa, das er als Klimaschutzprojekt
vermarktet und für das CO2-Kredite von der Weltbank geflossen sind. Als
ICCN-Direktor hat er seiner Organisation ein neues Logo verpasst und
angekündigt, mehrere Tausend neue bewaffnete Parkwächter anzuheuern, damit
Kongos Nationalparks auf lange Sicht wieder für den Tourismus geöffnet
werden können.
## Heftige Kritik von vielen Mitarbeitern
Doch zugleich verkrachte sich Mushiete mit seinem Stellvertreter und mit
vielen Mitarbeitern. Die warfen ihm vor, die Finanzmittel des ICCN vor
allem zur Außenwerbung und Eigenwerbung einzusetzen, seine persönlichen
Freundinnen zu bevorzugen und seine Kernaufgaben zu vernachlässigen.
Nach einer internen Untersuchung sprach eine Gruppe von ICCN-Mitarbeitern
in einem Offenen Brief an Premierminister Sama Lukonde zum Jahrestag von
Mushietes Amtseinführung am 19. August von „Unmoral, Inkompetenz,
Veruntreuung und Unhöflichkeit“ an der Spitze der Behörde und forderte den
Premier mit drastischen Warnungen zu Konsequenzen auf. „Wir arbeiten am
ICCN und wenn Sie uns zu bewaffneten Gruppen treiben wollen, vielen Dank
auch, denn die Folgen werden böse sein und Sie werden als Totengräber des
ICCN in die Geschichte eingehen.“
Nun wird er durch Henri Mbale ersetzt, ehemals Zoodirektor von Kinshasa und
aktuell Universitätsprofessor. Von ihm wird eher administrative Kompetenz
erwartet.
18 Sep 2022
## LINKS
[1] https://www.iccnrdc.org/
[2] https://twitter.com/IccnRdc/status/1571142663189172225
[3] https://virunga.org/
[4] /Naturschutz-contra-Menschenrechte/!5666561
[5] /Naturschutz-im-Kongo/!5863042
[6] https://twitter.com/Evebazaiba
## AUTOREN
Dominic Johnson
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