| # taz.de -- Irland nach dem Tod der Queen: Iren trauern etwas weniger | |
| > Queen Elizabeth II. sorgte in Irland und Nordirland mitunter für | |
| > Irritationen. Nun haben alle Parteien Beileidsbekundungen geschickt. | |
| Bild: Irlands Präsident Michael D. Higgins gedenkt am Freitag in einer Rede de… | |
| DUBLIN taz | Auch in Irland trauert man um die Queen – jedenfalls etwas. | |
| Sämtliche Parteien haben Beileidsbekundungen geschickt, wie es sich gehört, | |
| darunter auch Sinn Féin, einst politischer Flügel der | |
| Irisch-Republikanischen Armee (IRA). | |
| Als es die IRA noch gab, führte Elizabeth II. die Liste der „legitimen | |
| Angriffsziele“. Doch Sinn Féin hat längst Frieden mit der Monarchin | |
| gemacht. Bei einem Nordirland-Besuch 2012 schüttelte sie die Hand von | |
| Martin McGuinness, dem damaligen Vizeregierungschef und Exkommandanten der | |
| IRA – eine Geste der Versöhnung, die Nordirlands unionistischen Politikern | |
| lange Zeit nicht möglich gewesen ist. | |
| Für die Unionisten ist Elizabeths Tod eine Katastrophe. Als sie 1952 | |
| Königin wurde, war Nordirland fest in unionistischer Hand. Die katholischen | |
| Nationalisten wurden in allen Bereichen diskriminiert und hatten in | |
| politischen Angelegenheiten kein Mitspracherecht. | |
| Das hat sich geändert, das Belfaster Abkommen vom Karfreitag 1998 verlangte | |
| den Unionisten viele Zugeständnisse ab. Die größte Demütigung waren die | |
| Wahlen im letzten Mai, als Sinn Féin, für viele immer noch der Erzfeind, | |
| [1][stärkste Partei] wurde. Erstmals stellen die Unionisten nicht mehr den | |
| Ersten Minister. | |
| ## Queen als Konstante und Kitt der Unionisten | |
| Elizabeth war immer die Konstante und der Kitt, der die Unionisten | |
| zusammenhielt, während ihre Macht immer mehr schrumpfte. In | |
| protestantisch-unionistischen Arbeitervierteln hing in den Wohnzimmern ein | |
| Porträt der Queen, auch wenn es sonst nicht viel gab. Sie alterte nie, auf | |
| den Bildern blieb sie immer die junge Königin aus einer Zeit, als die Welt | |
| noch in Ordnung schien. | |
| Auch das neue Wandgemälde auf der unionistischen Shankill Road in Belfast, | |
| das nach ihrem Tod über Nacht auf einer Giebelwand entstand, zeigt | |
| Elizabeth als junge Frau. | |
| Sie reiste kurz nach ihrer Krönung nach Nordirland und kam danach | |
| regelmäßig in die Provinz. Die Republik Irland musste hingegen bis 2011 auf | |
| einen Besuch warten, genau hundert Jahre nach der letzten Visite eines | |
| britischen Monarchen. Als Elizabeths Großvater George V. kam, war ganz | |
| Irland noch britische Kolonie. | |
| Seitdem hatte sich einiges getan: der Osteraufstand von 1916, der | |
| Unabhängigkeitskrieg gegen die britischen Besatzer, die Teilung der Insel | |
| und der Nordirlandkonflikt, der mehr als 3.500 Menschen das Leben kostete. | |
| ## Friedensprozess machte Besuch in Republik Irland möglich | |
| Durch den Friedensprozess hatte sich die Lage mehr oder weniger | |
| normalisiert, die Iren gaben per Referendum ihren in der Verfassung | |
| verankerten Anspruch auf Nordirland auf, und so war der Weg frei für einen | |
| Besuch der Monarchin. | |
| Als sie ihre Bereitschaft erklärte, die Republik Irland zu besuchen, | |
| beschimpfte Ian Paisley von der Democratic Unionist Party (DUP) sie als | |
| „Papagei von Tony Blair“, dem damaligen britischen Premier. | |
| Als Elizabeth dann auch noch einen Kranz im Dubliner Garden of Remembrance | |
| für die irischen Freiheitskämpfer niederlegte, bekam die Beziehung zwischen | |
| den Unionisten und ihrer Queen einen vorübergehenden Knacks. | |
| Elizabeth zog dann beim Staatsbesuch 2011 alle Register. Sie war ganz in | |
| Grün, der irischen Nationalfarbe gekleidet, sie sprach ein paar Worte | |
| Irisch, und sie wirkte trotz der Morddrohungen einiger Splittergruppen | |
| recht entspannt. | |
| Irlands Präsident Michael D. Higgins sagte, ihr Besuch sei ausschlaggebend | |
| gewesen für eine neue Basis der Verständigung zwischen Irland und | |
| Großbritannien. | |
| 12 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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