| # taz.de -- Fall von Transfeindlichkeit in Irland: Weihnachten hinter Gittern | |
| > Ein Lehrer weigert sich, eine trans Person mit „they“ anzusprechen. Dann | |
| > missachtet er eine Gerichtsanweisung und muss in Haft. Rechte bejubeln | |
| > ihn. | |
| Bild: Verloren im irischen Nebel? Schafherde Anfang Dezember in Kildare-County | |
| Dublin taz | Über Weihnachten bleibt der irische Lehrer Enoch Burke lieber | |
| im Gefängnis. Als eine „Beleidigung für die Gerechtigkeit“ bezeichnete er | |
| das Angebot, ihn über die Festtage freizulassen; an einem solchen | |
| „Weihnachtsgeschenk“ sei er nicht interessiert. Burke sitzt wegen | |
| Missachtung des Gerichts seit dreieinhalb Monaten in einem Gefängnis in | |
| Dublin. Ein Richter hatte zuvor angeordnet, dass er der Wilson’s Hospital | |
| School, einem Internat der protestantischen Church of Ireland, wo er | |
| Deutsch und Geschichte unterrichtete, fernbleibt. Doch Burke missachtete | |
| die Anweisung. Schließlich wurde „Haft auf unbestimmte Zeit“ gegen ihn | |
| verhängt. | |
| Die Schule hatte Burke im August bei voller Bezahlung suspendiert, weil er | |
| sich weigerte, eine trans Person im Unterricht mit neuem Namen anzusprechen | |
| und das genderneutrale Pronomen „they“ zu benutzen, obwohl die Person das | |
| wünschte und dabei von ihren Eltern unterstützt wurde. Burke ignorierte | |
| seine Suspendierung und tauchte immer wieder im Klassenraum auf, bis die | |
| Schule vor Gericht zog. | |
| Nun behauptet Burke, er sei aus religiösen Gründen „eingekerkert“. Vor | |
| Gericht sagte er: „Ich stehe heute hier, weil ich einen Jungen nicht | |
| Mädchen nennen wollte. Transgenderismus verstößt nicht nur gegen den | |
| christlichen Glauben, sondern auch gegen die Schriften und die Ethik der | |
| Schule.“ | |
| Burke wird von rechten Gruppen unterstützt, in den sozialen Medien bejubeln | |
| sie ihn als Märtyrer für freie Meinungsäußerung. | |
| ## Zweierlei Maß beim Persönlichkeitsrecht | |
| Das sei Quatsch, schrieb dagegen ein Kommentator in der Irish Times. Burke | |
| fordere, dass sein Persönlichkeitsrecht respektiert werde, sei aber nicht | |
| bereit, dieses Recht denjenigen zuzugestehen, die seine Meinung nicht | |
| teilen. „Dschingis Khan wäre ein besseres Aushängeschild für Toleranz.“ | |
| Burke und seine Familie sind in Irland berüchtigt. Seit Jahren ziehen sie | |
| gegen alles zu Felde, was mit LGBT+ zu tun hat. Sie protestierten vor dem | |
| Parlament mit Plakaten, auf denen Bibelsprüche standen; sie sprachen | |
| Passanten an, um sie vom Zusammenhang zwischen Homosexualität und Aids zu | |
| überzeugen; sie behaupteten auf Flugblättern, dass Homosexualität zu Inzest | |
| und Pädophilie führe, und protestierten gegen Gay-Pride-Paraden. | |
| In seinem 2020 erschienenen Buch über „Hedonismus und Homosexualität“ | |
| berichtet Burke von einem christlichen Buchladen in Nordirland, in dem zu | |
| seinem Entsetzen ein Plakat von Daniel O’Donnell hing. Der Schlagersänger | |
| sei nicht nur „römisch-katholisch“, sondern auch mit einer Geschiedenen | |
| verheiratet. Außerdem trete er für gleichgeschlechtliche Ehe und das Recht | |
| auf Abtreibung ein. | |
| Burke bezeichnete den Inhaber des Buchladens als „Heuchler, der genauso | |
| schlimm ist wie diese christlichen Pastoren, die den Hurenböcken an der | |
| Kirchentür die Hände schütteln, obwohl die ganze Gemeinde ihre Sünden | |
| kennt.“ | |
| Burkes Eltern Martina und Seán haben neben Enoch neun weitere Kinder, alle | |
| mit biblischen Namen wie Elijah, Esther, Isaac oder Josiah. Die Kinder | |
| haben keine Schulen besucht, sondern wurden von ihrer Mutter, einer | |
| Lehrerin, zu Hause unterrichtet. Alle zehn haben exzellente | |
| Universitätsabschlüsse. | |
| ## „Verrat am Glauben und am irischen Volk“ | |
| Zu dem Angebot des Richters Conor Dignam, über die Ferienzeit freizukommen, | |
| sagte Burke, er würde gern mit seiner Familie vor dem Kamin sitzen oder mit | |
| Schülern Weihnachtslieder singen, aber nicht unter diesen Umständen. | |
| Das Angebot sei ein Versuch des Richters, das eigene Gewissen zu beruhigen, | |
| so Burke. Er werde das Gefängnis nur verlassen, wenn festgestellt würde, | |
| dass seine Inhaftierung gegen sein Recht auf Ausübung seiner Religion | |
| verstößt. Alles andere wäre ein Verrat am Glauben und am irischen Volk. Der | |
| nächste Gerichtstermin ist am 16. Februar; bis dahin bleibt Burke in Haft. | |
| 18 Dec 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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