# taz.de -- Gedenken an Elizabeth II. in Berlin: Eine Winke-Queen als Erinnerung | |
> Auch in Berlin gedenken zahlreiche Menschen der verstorbenen britischen | |
> Monarchin. Koloniale Schattenseiten ihrer Regentschaft spielen keine | |
> Rolle. | |
Bild: Blumen vor der britischen Botschaft in Berlin | |
BERLIN taz | Sonnenschein fällt durch die Häuser, sie bricht sich an der | |
Fassade der britischen Botschaft. Die britische Fahne vor dem Gebäude nahe | |
des Brandenburger Tores weht auf Halbmast. Die spätsommerliche Stimmung | |
passt nicht in den Rest der Szenerie: Rund 80 Menschen haben sich an diesem | |
Freitagvormittag hier versammelt, um der britischen Königin zu gedenken. | |
Königin Elizabeth II. war am Donnerstag [1][im Alter von 96 Jahren | |
gestorben.] | |
„Meine Mutter war schon immer großer Fan der Queen“, berichtet eine Frau um | |
die 50, komplett in schwarz gekleidet. Als sie Kind war habe ihre Mutter | |
sie zu einem Besuch der Queen in Stuttgart mitgenommen. „Meine Mutter hat | |
ihre Hochachtung für die Queen an mich weitergegeben“, sagt sie. | |
Kaum eine*r auf der Straße vor der Botschaft erhebt die Stimme. Es wird | |
geflüstert, Menschen rücken nach und nach vor, um Blumen vor dem Eingang | |
niederzulegen. Auf Nachfrage flüstert eine der Trauernden, sie wäre immer | |
von der Disziplin von Elizabeth II. beeindruckt gewesen. Schon als Kind | |
habe sie sie bewundert, in ihrem Wohnzimmer stehe eine Sammlung von | |
Queen-Figuren. | |
Eine ältere Frau, die gerade einen Blumenstrauß niedergelegt hat, zeigt | |
sich vor allem beeindruckt von der „Tradition“, die Elizabeth | |
aufrechterhalten hatte. Sie meint jene Tradition, bei der Elizabeth II. | |
stets pflichtbewusst ihren Aufgaben als Monarchin nachgekommen sei. Das | |
ganze Königreich habe sie mit ihrer Präsenz zusammengehalten. Die koloniale | |
Geschichte der gesamten Royal Family einschließlich der verstorbenen | |
Königin, die mit dieser „Tradition“ einhergehen, sind bei den Anwesenden | |
kein Thema. | |
Fast forward in die Arndtstraße nach Kreuzberg, wo sich der Laden „Broken | |
English“ für british foods and gifts befindet. Von Earl Grey Tea über Seife | |
bis hin zu winkenden Plastikqueens gibt es hier fast alles an englischen | |
Produkten. „Heute habe ich vor allem Winke-Queens verkauft“, sagt Antje | |
Blank, Besitzerin des Ladens. | |
Zwiespältiges Verhältnis zur Queen | |
Am Donnerstagabend habe sie die Nachricht vom Tod der Regentin gehört und | |
sei noch schnell in den Laden gefahren, um entsprechend neu zu dekorieren. | |
Im Schaufenster brennen nun einige Teelichter. Natürlich sei der Tod der | |
Queen an diesem Freitag Gesprächsthema Nummer eins im Laden. Blank weist | |
jedoch auch auf einen Zwiespalt hin: „Viele fühlten sich ihr nahe und | |
bewunderten ihre Aufopferung und Disziplin.“ Andererseits gehöre sie auch | |
zu der privilegiertesten und reichsten Familie des ganzen Landes. „Und das, | |
während sich andere Brit*innen Sorgen machen, wie sie im Winter essen, | |
geschweige denn heizen sollen.“ | |
Die gebürtige Münchnerin steht hinter ihrem Verkaufstresen und verkauft | |
eine Packung Earl Grey. “Die ganze Familie ist ja auch völlig out of touch | |
mit der eigenen Kolonialgeschichte“, sagt sie. “Die ganze Geschichte ist | |
null aufgearbeitet, wird null hinterfragt.'‘ Die Ladenbesitzerin sei damals | |
wegen des Jobs ihrer Eltern in Malaysia auf eine private britische Schule | |
gegangen. “Damals konnten nur Kinder die Schule besuchen, die mindestens | |
ein Elternteil hatten, das nicht malaiisch war.'' So weit ist die | |
Kolonialzeit eben doch nicht weg. | |
Blank denkt nicht, dass sich der Hype um die Royal Family noch lange halten | |
wird. Gerade junge Menschen seien eher auf der [2][Seite von Harry und | |
Meghan], die sich von der Monarchie losgesagt haben, sagt sie. Dann dreht | |
sie die Queen-Winkefiguren im Schaufenster um, damit sie besser zu sehen | |
sind. | |
9 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Max Leyendecker | |
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