# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Ein zäher Kampf | |
> Weil die Verkehrswende nur langsam voran kommt, liegt es mal wieder an | |
> den Aktivist:innen, sie Stück für Stück zu erkämpfen. Einige | |
> Gelegenheiten dazu. | |
Bild: Ein paar Fahrrad-Demos braucht es noch, bis die A100 eine Protected Bikel… | |
Wer einmal in Berlin Fahrrad gefahren ist, der weiß: [1][Die Verkehrswende | |
lässt auf sich warten] und als Radler*in lebt es sich in der Hauptstadt | |
mitunter lebensgefährlich. Als wäre es nicht schlimm genug, dass auf | |
zahlreichen Hauptstraßen noch immer keine Fahrradwege existieren und man | |
sich zwischen fahrenden und parkenden Blechlawinen hindurchmanövern muss, | |
jederzeit die Gefahr eines ausscherenden Fahrzeugs oder einer sich | |
plötzlich öffnenden Autotür im Nacken. | |
Die Nutzungskonflikte, die ohne abgetrennte Fahrradspuren entstehen, | |
steigern zudem den Stress zwischen den Verkehrsteilnehmer*innen, der dazu | |
führt, dass einige Autofahrer*innen ihr tonnenschweres Gefährt als | |
Waffe benutzen: [2][Erst vor einer Woche machten zwei Autofahrer Jagd auf | |
Radfahrer*innen,] einer von ihnen wurde mehrere Meter durch die Luft | |
geschleudert, nachdem ihn ein Taxi von hinten gerammt hatte. | |
Höchste Zeit also, sich die Straßen zurückzuholen und Druck auf die Politik | |
zu machen, die gesetzlich vereinbarte Mobilitätswende endlich konsequent | |
durchzusetzen. An diesem Mittwoch laden die [3][„Respect Cyclist“ zu einer | |
Fahrraddemo ein], um für sichere Fahrradwege zu protestieren. | |
Los geht es am Falkplatz in Prenzlauer Berg, von wo aus über viele, teils | |
zweispurige Bundes- Haupt- und Nebenstraßen, die bislang ausschließlich dem | |
Autoverkehr vorbehalten sind, bis zum Invalidenpark in Mitte geradelt wird, | |
wo in unmittelbarer Sichweite zum Büro von FDP-Bundesverkehrsminister | |
Volker Wissing [4][seit mehreren Wochen das Verkehrswendecamp seine Zelte | |
aufgeschlagen hat] (Mittwoch 7. September 17.30, Falkplatz). | |
## Solidarisch Boxen | |
Ein fairer Kampf ist der Krieg um die Straße angesichts der ungleichen | |
Kräfteverhältnisse auf jeden Fall nicht. Wer einen Schlagabtausch zwischen | |
gleichberechtigten Teilnehmer*innen sehen oder gar daran teilnehmen | |
möchte, hat am Samstag bei der [5][Kampfsportgala im SO36] die Chance dazu. | |
In den Disziplinen Muay Thai, K1 und klassisches Boxen können sowohl | |
erfahrene Kämpfer*innen als auch Leute, die zum ersten Mal im Ring | |
stehen, für eine gute Sache kämpfen: Mit dem Gewinn der Soligala wird | |
nämlich das Camp Mexmûr in Südkurdistan (Nordirak) unterstützt. | |
Das Camp beherbergt heute rund 12.000 Menschen und wurde in den 90er Jahren | |
von Familien gegründet, die aus ihren Dörfern in Nordkurdistan vertrieben | |
wurden. Es gilt mittlerweile als Paradebeispiel für basisdemokratische | |
Selbstverwaltung und friedliches Miteinander, wie es später auch in Rojava | |
umgesetzt wurde. | |
Wegen Luftangriffen der Türkei, Angriffen des IS und Embargos durch die | |
türkeinahe nordirakische Autonomieverwaltung ist die humanitäre Lage | |
kritisch und es leidet vor allem die medizinische Versorgung der Menschen. | |
Auf der Kampfsportgala und der anschließenden Aftershowparty mit unter | |
anderem DJ Lenki Balboa soll am Samstag daher Geld für Medikamente | |
gesammelt und Öffentlichkeit für die Situation im Camp geschaffen werden | |
(Samstag 10. September ab 13 Uhr, SO36, Oranienstraße 19). | |
## Straßenfeste am Wochenende | |
Durchgeboxt haben sich auch die Obdachlosen der Habersaathstraße 40-48, die | |
das Haus in Mitte seit über einem halben Jahr besetzt halten. Der Bezirk | |
verhandelt zurzeit mit dem Eigentümer über ihren Verbleib, [6][es steht im | |
Raum, dass sie zwei Jahre dort bleiben können.] Abgerissen werden soll das | |
Haus trotzdem, obwohl das Schwesternwohnheim mit seinen 120 Wohnungen erst | |
in den 1980er Jahren mit öffentlichen Mitteln errichtet und 2008 | |
energetisch saniert wurde. | |
Um die ausbleibende Räumung zu feiern und gegen den drohenden Abriss zu | |
protestieren, laden die alten und neuen Bewohner*innen der | |
Habersaathstraße am Samstag [7][zu einem Straßenfest mit Musik und | |
Performances] (Samstag 10. September, 14 Uhr, Habersaathstr. 40-48). | |
Ein Straßenfest wird es auch am Sonntag im Kreuzberger Wrangelkiez geben, | |
wo die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der | |
Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) den Tag der Erinnerung und | |
Mahnung begeht. Am 9. September 1945 haben Überlebende der | |
Konzentrationslager und Zuchthäuser die Tradition begründet, am zweiten | |
Sonntag im September der Opfer des Faschismus zu gedenken. Mit | |
Diskussionsrunden, Vorträgen, Veranstaltungen, Tanz, Livemusik und | |
Ausstellungen will der VVN-BdA die Erinnerung an die Verbrechen und Opfer | |
der Nazis mit wichtigen Debatten der Gegenwart verbinden. | |
Mit dabei sind unter anderem Claudia von Gélieu und Ferat Ali Koçak, | |
Betroffene der rechten Terrorserie in Neukölln, die derzeit [8][in einem | |
Untersuchungsausschuss aufgearbeitet wird] (Sonntag 11. September, 13-20 | |
Uhr, Falckensteinstr. 39). | |
7 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Radbahn-fuer-Berlin/!5874622 | |
[2] /Motorisierte-Gewalt-im-Strassenverkehr/!5875274 | |
[3] https://touren-termine.adfc.de/radveranstaltung/75975-respect-cyclists | |
[4] /Klimaaktivisten-Camp-in-Berlin/!5872123 | |
[5] https://www.so36.com/produkte/49583-tickets-united-for-camp-mexmur-so36-ber… | |
[6] /Obdachlosen-Hausprojekt-in-Mitte/!5871842 | |
[7] https://strassegegenleerstand.de/?p=1043 | |
[8] /Neukoelln-Untersuchungsausschuss/!5878887 | |
## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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