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# taz.de -- Schweigeminute im Parlament: Bundestag gedenkt Gorbatschow
> „Er veränderte die Welt.“, sagt Bundestagspräsidentin Bas. Sie würdigt
> den Ex-Sowjet-Präsidenten als „Wegbereiter der Wiedervereinigung“.
Bild: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas spricht während der Gedenkstunde für…
Berlin taz | Bevor es am Mittwochmorgen bei [1][der Generaldebatte] erhitzt
und teils laut zugeht, wird es im Bundestag kurz ganz still. Die
Abgeordneten im Plenum und die Besucher:innen auf den Tribünen,
darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, haben sich von ihren
Plätzen erhoben und gedenken schweigend dem verstorbenen [2][ehemaligen
Präsidenten der Sowjetunion Michail Gorbatschow.] Ein großes Porträt von
ihm ist an der Kopfseite des Bundestags zu sehen, auf dem Redepult steht
ein zartgelber Blumenstrauß, draußen wehen die Fahnen auf Halbmast.
„Präsident Gorbatschow war ein Mann des Friedens. Er veränderte die Welt
zum Besseren. Er machte möglich, was über Jahrzehnte undenkbar schien: Den
Kalten Krieg friedlich zu beenden und die Teilung unseres Landes und
unseres Kontinents zu überwinden“, so hatte Bundestagspräsidentin Bärbel
Bas zuvor den Verstorbenen in einer Rede gewürdigt. Sie sagte auch: „Wir
Deutschen haben Michail Gorbatschow viel zu verdanken.“
Bas erinnerte daran, wie unter Gorbatschow auf eine von Blockkonfrontation
und nuklearer Abschreckung geprägte Ära ein friedlicher Wandel folgen
konnte und sich Vertrauen bildete. „Es gibt wohl wenige Politiker, die in
Deutschland so viel verehrt werden wie er“, sagte Bas, die Gorbatschows
Beitrag zum Ende des Kalten Krieges und zur deutschen Vereinigung
hervorhob. Gleichzeitig habe der Friedensnobelpreisträger Unschätzbares für
die historische Aussöhnung zwischen Deutschen und Russen geleistet. Er habe
das Selbstbestimmungsrecht der Völker ausdrücklich respektiert.
Gorbatschow habe, so Bas weiter, die Vision eines gemeinsamen europäischen
Hauses gehabt. „Es ist Russland, das unter Putin mit diesem Geist gebrochen
hat.“ Sie räumte ein: „Gerade wir Deutschen haben zu lange Gorbatschows
Streben nach Verständigung, Frieden und Partnerschaft als Grundlage unserer
Beziehungen mit Russland vorausgesetzt.“
## Bas erinnert auch an dunkle Seiten Gorbatschows
Dabei habe man übersehen oder nicht wahrhaben wollen, „dass sich Russland
unter Putin längst und radikal von Gorbatschows Zielen abgewandt hatte“.
Die Welt müsse aber nicht bleiben, wie sie ist, auch nicht nach diesem
brutalen Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, sagte Bas.
In ihrer Rede erwähnte die Bundestagspräsidentin aber auch Gorbatschows
Glauben an den Zusammenhalt der Sowjetunion und die teils dramatischen
Folgen. „Im Südkaukasus und im Baltikum erinnert man sich schmerzhaft an
das brutale Vorgehen gegen friedliche Demonstranten 1989 in Tiflis, den
‚Schwarzen Januar‘ 1990 in Aserbaidschan und den ‚Blutsonntag‘ von Viln…
1991 während seiner Amtszeit“, sagte Bas. Auch unterschlug sie nicht, dass
es später trotz aller Bewunderung und Dankbarkeit auch „eine gewisse
Entfremdung mit dem Westen etwa in der Bewertung der russischen
Außenpolitik von Putin“ gegeben habe.
Gorbatschow war in den Jahren 1985 bis 1991 der letzte Staatschef der
Sowjetunion, in seiner Heimat lasten ihm viele deren Zerfall an. Er ist in
der vergangenen Woche im Alter von 91 Jahren gestorben und [3][am Samstag
beedigt worden]. Eine Staatsbegräbnis gab es nicht, Putin blieb der
Trauerfeier fern. Wegen des Ukrainekriegs reisten auch keine hochrangigen
Staatsgäste aus dem Ausland an, aus der EU kam allein Ungarns
Regierungschef Viktor Orban. Zuvor hatten tausende Russ:innen an dem
offenen Sarg Blumen niedergelegt.
7 Sep 2022
## LINKS
[1] /Generaldebatte-im-Bundestag/!5880662
[2] /Nachrufe-auf-Michail-Gorbatschow/!5876092
[3] /Trauerfeier-fuer-Michail-Gorbatschow/!5878937
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
Bundestag
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Deutsche Einheit
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