# taz.de -- Strafverfolgung in Niedersachsens Westen: Rassistisch grundierte Ko… | |
> Die Kooperationsvereinbarung zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und | |
> Städten der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim klingt übel nach | |
> AfD. | |
Bild: Freut sich auf gemeinsame „Action-Days“: Oberstaatsanwalt Bernard Sü… | |
Wüsste man es nicht besser, könnte man denken: falsches Gebäude? Aber | |
draußen steht tatsächlich „Staatsanwaltschaft“ auf dem Schild und nicht | |
„CDU“ oder „AfD“. Doch was am Donnerstag in Osnabrück bei | |
Vollmilch-Waffelröllchen und Kaffee präsentiert wird, klingt danach. | |
Hier sitzen keine Stammtisch-PolitikerInnen, die rassistische Hetze für den | |
rechten Rand raushauen. VertreterInnen von Polizei und Staatsanwaltschaft | |
sitzen hier, von Städten und Landkreisen, vom Finanzamt. Aber wenn sie | |
anekdotisch von [1][„dicken Autos“] reden und von Geldscheinen, mit denen | |
„um sich geworfen“ werde, hören sie sich ähnlich an. Worte wie | |
„Respektlosigkeit“ gegenüber dem Staat und „Panik“ bei seinen | |
Repräsentanten fallen. Der Staat müsse „klare Kante“ zeigen, „ohne Wenn… | |
Aber“. Obwohl er, wie er betont, keine Anglizismen mag, freut sich | |
Osnabrücks Leitender Oberstaatsanwalt Bernard Südbeck auf gemeinsame | |
„Action Days“. | |
Die Hauptaufgabe der zehnköpfigen „Sicherheitspartnerschaft“ an diesem | |
Morgen: Unterschriften leisten, als Signal an „besorgte Bürger“. Eine | |
Kooperationsvereinbarung zur „interdisziplinären Bekämpfung von Gefahren, | |
Straftaten und Ordnungswidrigkeiten durch clankriminelle Gruppierungen“ | |
liegt auf dem Tisch. Leider stecken ein paar Polizisten aus Lingen lange im | |
Stau, und das heißt: warten. „Die haben doch Blaulicht!“, witzelt die | |
Tischrunde. Aber dann wird es ernst: [2][Clankriminalität] ist schließlich | |
ein „gesamtgesellschaftliches Problem“. | |
Stört es hier wirklich niemanden, dass das [3][Wort „Clankriminalität“ | |
rassistische Beiklänge hat?] Weil es stigmatisierend suggeriert, dass die | |
Familienangehörigkeit migrantischer Menschen ein Indiz für ihre | |
Kriminalität ist? Stigmatisiert werde hier niemand, beschwichtigen die | |
zehn, vorverurteilt auch nicht. Zwischendrin bedauert jemand, dass | |
„Behörden manchmal nicht so eng miteinander sprechen dürfen wie sie gerne | |
würden“. Ein Seitenhieb gegen die Gewaltenteilung? | |
## Tiefstapler im Landeskriminalamt? | |
Auch von „ethnischer Herkunft“ ist die Rede. Die Clanbekämpfer aus Raum 304 | |
hätten vielleicht besser vorher bei der Antidiskriminierungsstelle des | |
Bundes nachgelesen. Ethnische Herkunft sei „eine Vorstellung“ steht da, | |
„keine Tatsache“. Auch ein Blick in § 1 des Allgemeinen | |
Gleichbehandlungsgesetzes hätte geholfen. | |
Es ist ein düsteres Bild. Konkrete Regionalzahlen kann die gefechtsbereite | |
Behördenschar jedoch nicht liefern. Aber sie ist sich sicher: Was der | |
LKA-Bericht „Clankriminalität in Niedersachsen 2021“ auflistet, hat mit der | |
Realität nichts zu tun. Von 472.096 Fällen, heißt es da, sind nur 2.841 als | |
Clankriminalität registriert: 0,6 Prozent. Sind sie also gar nicht nötig, | |
die „Action Days“? Vieles, raunen die zehn, werde „statistisch nicht | |
erfasst“, es gebe ein „Störgeräusch“, ein „Grundrauschen“ der | |
Clankriminalität. Das erzeuge Angst, daraus folge Schweigen. Aha. | |
Niedersachsens CDU [4][wirbt im Wahlkampf mit „Null Toleranz für Clans“, | |
als hätte sie die AfD kopiert.] Bei dem, was an diesem Morgen in Raum 304 | |
vorgeht, zehn Tage vor der niedersächsischen Landtagswahl, wird sie sich | |
die Hände reiben. | |
Bleibt die Frage, wie es um die biodeutschen Clans steht. Sind die mit im | |
Visier? Klar, beteuern die zehn. Einer sagt: „Aber da findet man meist | |
nicht diese patriarchalen Strukturen.“ Na, dann ist ja gut | |
30 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Harff-Peter Schönherr | |
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