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# taz.de -- Gedenkkonzert für Mikis Theodorakis: „Eine besondere Freundschaf…
> Der Konzertpianist Gerhard Folkerts war ein Freund des griechischen
> Komponisten Mikis Theodorakis. In Hannover erinnert Folkerts an dessen
> Musik.
Bild: Musiker und politischer Mensch: Mikis Theodorakis 2011 bei einer Demo in …
taz: Herr Folkerts, Sie kannten Mikis Theodorakis persönlich, waren mit ihm
befreundet. Was war er für ein Mensch und wie war es, mit ihm
zusammenzuarbeiten?
Gerhard Folkerts: Ich habe 2005 meinen ersten Klavierabend in Athen
gegeben, ein Jahr später ein Konzert – Hälfte Theodorakis-Lieder, Hälfte
Folkerts-Lieder – und beide Male ist Theodorakis trotz seines schlechten
gesundheitlichen Zustandes in den Konzerten gewesen. Nach dem ersten hatte
er mich und meine Frau eingeladen, ihn zu besuchen. Wir haben dann lange
miteinander gesprochen und ihn seitdem bis zum Beginn der Coronapandemie
regelmäßig in seinem Haus in Athen besucht. Diesen Kontakt gab es natürlich
wegen der Musik, aber daraus [1][ist eine besondere Freundschaft
entstanden]. Ich hatte außerdem das große Glück, seine schriftliche
Erlaubnis zu bekommen, seine Opernarien und Lieder so zu bearbeiten, dass
sie in einer Klavierfassung aufgeführt werden können, und seine Lyrik zu
vertonen.
Wie war es, mit ihm zusammenzuarbeiten?
Es war immer unglaublich freundlich mit ihm. Mit ihm zu arbeiten war sehr
angenehm. Im Dezember 2018 habe ich ihm noch einmal das Programm, das wir
in Hannover spielen, vorgestellt. Zusammen mit der
[2][griechisch-kanadischen Sängerin Frances Pappas], die das Konzert
gemeinsam mit uns durchführt. Mir war es immer wichtig, dass die Programme,
die ich aufführe, von ihm autorisiert waren.
Rolf Becker führt die Rezitation in Ihrem Konzert durch, wo haben Sie ihn
kennengelernt?
Mit [3][Rolf Becker arbeite ich schon lange zusammen]. Ich hatte ihn bei
diesem Projekt gebeten, Texte von Jannis Ritsos und Giorgos Seferis und
Theodorakis zu sprechen, weil ich wusste, dass er eine große Affinität zu
Griechenland hat. Theodorakis selbst hat Ritsos und Seferis ja mehrfach
vertont. Frances singt, Rolf spricht die Rezitationen zwischen den
Liedblöcken.
Theodorakis war nicht nur Komponist, sondern auch Politiker und
Freiheitskämpfer.
Dichter vor allen Dingen auch. Es wird in Deutschland kaum wahrgenommen,
dass er ein ganz bedeutendes lyrisches Werk hat.
Wie kommen sein politisches Wirken und seine Kunst zusammen?
Er hat zum Beispiel einen Liederzyklus „Die Ballade vom toten Bruder“
geschaffen, um die Wunden des Bürgerkriegs, der in Griechenland direkt nach
dem Zweiten Weltkrieg stattfand, symbolisch zu schließen. Bei ihm gibt es
kaum ein Werk, das keinen politischen Bezug zur Gegenwart hat.
Warum ist das Schaffen von Theodorakis noch heute aktuell?
In der letzten seiner fünf Schaffensphasen hat Mikis die griechische
Mythologie aufgegriffen und fünf Opern geschrieben. Unter anderem Antigone,
Elektra und Medea und hat vielfältige Kommentare zu diesen gegeben. In
diesen hat er über den großen Riss und Bruch gesprochen, der durch die
Gesellschaften geht. Er hat gesagt – und das erleben wir ja aktuell – dass
Kriege nicht überwunden, sondern immer wieder neu entfacht werden. Indem er
die griechische Mythologie nutzte, versuchte er aufzuzeigen, dass sich dies
in den Jahrtausenden nicht geändert hat, sich aber ändern muss. Ihm geht es
also um die ungelösten Probleme der Menschheit. Unter dem Vater des
jetzigen griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis war Mikis sogar
Minister ohne Geschäftsbereich. In diesem Amt setzte er sich auch für die
Verbesserung der griechisch-türkischen Beziehungen ein.
Die Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei sind aktuell wieder an
einem Tiefpunkt.
Genau. Auch Mikis hat einsehen müssen, dass er dieses Problem nicht lösen
kann und hat das Amt nach etwa zwei Jahren niedergelegt.
Was können deutsche beziehungsweise mitteleuropäische Komponist:innen
oder Musiker:innen von Theodorakis lernen?
Dialogbereitschaft zu zeigen. Das war eine der wesentlichen Forderungen, im
Brecht'schen Sinne mit dem Publikum in die Kommunikation zu treten. Und,
dass man nicht abgehoben, jenseits der Menschen für eine kleine Elite von
Fachleuten schreibt, sondern dass man die Zuhörer als Komponist erreichen
muss. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt bei Theodorakis.
Wie sehr hat Sie selbst Theodorakis’ Musik beeinflusst?
Ich bin ja schon ein alter Herr und war natürlich schon einige Zeit vor
2005 musikalisch tätig. Aber dennoch faszinieren mich sein besonderes
Wort-Ton-Verhältnis, seine Textauswahl und die kompositorische Umsetzung
der Inhalte mit ihren gesellschaftlichen Bezügen.
2 Sep 2022
## LINKS
[1] http://www.gerhard-folkerts.de/Mikis.html
[2] http://frances-pappas.com/
[3] /Leider-zu-alt-zum-Arbeiten/!5682361/
## AUTOREN
Marco Fründt
## TAGS
Griechenland
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Komponist
Konzert
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Chanson
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