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# taz.de -- Reaktionen zum Tod Ströbeles: „Leidenschaftlicher Demokrat“
> Viele würdigen den verstorbenen Grünen-Mitbegründer Christian Ströbele.
> „Solche Parlamentarier stärken die Demokratie“, sagt Wolfgang Schäuble.
Bild: Christian Ströbele auf der Mitgliederversammlung der Alternativen Liste …
Berlin taz | Klaus Eschen ist gerade zufällig in der Fasanenstraße in
Berlin- Charlottenburg, als er ans Telefon geht. Ganz in der Nähe hatte das
Sozialistische Anwaltskollektiv seinen Sitz, das Eschen 1969 mit Christian
Ströbele und [1][Horst Mahler] gegründet hat, das Kollektiv verteidigte
Mitglieder der RAF. Eschen ist sichtlich getroffen von Ströbeles Tod, die
beiden standen sich immer noch nahe. „Er war ein wichtiger Dialogpartner“,
sagt Eschen. Mit Ströbele habe man kontroverse Meinungen austauschen und
trotzdem eng befreundet sein können. Der Grüne sei „absolut kein
Opportunist“ gewesen. „Er stand zu seinen Irrtümern und konnte sie dann
auch verwerfen.“ Das habe er an Ströbele sehr geschätzt.
Tief getroffen ist auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die wie
Ströbele zum linken Flügel der Grünen zählt. Sie nennt ihn ein Vorbild,
nicht nur für sich selbst – „mit seiner starken Haltung, dem klaren Kompass
in unterschiedlichsten politischen Debatten und der persönlichen
Integrität“. Ströbele, so Roth, sei ein unermüdlicher Streiter für den
Rechtsstaat, ein Anwalt für Schwächere und ein so engagierter wie
hartnäckiger Parlamentarier gewesen. „Sein Wirken für eine lebendige
Demokratie, geprägt von einem kritischen, fundierten und fairen Diskurs,
ist ein wichtiges Vermächtnis, das verpflichtet.“
Ganz ähnlich sieht das auch ein Mann vom anderen Ende des demokratischen
Spektrums. [2][Wolfgang Schäuble], ehemaliger Innenminister und
Ex-Bundestagspräsident von der CDU, ist jetzt einfach nur Abgeordneter.
Jahrzehntelang saß Schäuble gemeinsam mit Ströbele im Bundestag, anfangs
hat der Konservative die Grünen im Bundestag äußert kritisch beäugt.
Inhaltlich waren die beiden Männer selten einer Meinung. „Christian
Ströbele war als politischer Gegner nicht angenehm“, sagt Schäuble am
Telefon voller Respekt. „Er war ein starker Parlamentarier, der seiner
Überzeugung gefolgt ist und anderen zugesetzt hat.“ Auch sei der Grüne
äußerst glaubwürdig gewesen. „Solche Parlamentarier stärken die
parlamentarische Demokratie.“
## Etwas von der „Grünen-Ursubstanz“ geht verloren
Otto Schily, der einst ebenfalls Teil des Sozialistischen Anwaltskollektivs
und RAF-Verteidiger war und später Law-and-Order-Minister der SPD wurde,
bezeichnet Ströbele als „Legende“. Er sei ein „hervorragender Anwalt“
gewesen, „der sich intensiv in die Fälle und Akten eingearbeitet hat“,
sagte Schily der Zeit. „Mit meiner Politik als Bundesinnenminister war er
nicht so einverstanden, aber wir haben uns immer respektiert.“ Ströbele
habe politisch für ein „eigenständiges Profil“ gestanden, „bevor es so
etwas wie politische Marken gab“. Mit ihm gehe nicht nur etwas von der
„Grünen-Ursubstanz“ verloren, sondern eine „herausragende Persönlichkeit
der Republik“.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte den verstorbenen Grünen. „Sein
Antrieb war, Politik zu machen und die Gesellschaft zu verändern“, schrieb
Scholz auf Twitter. „Mit Christian Ströbele verliert Deutschland einen
streitbaren Politiker, der die politische Debatte über Jahrzehnte
mitgeprägt hat.“ Robert Habeck, grüner Wirtschaftsminister und Vizekanzler,
sagte bei der [3][Kabinettsklausur in Meseberg], Ströbele sei ein
Politiker, „der vielen Menschen imponiert hat, mir auch. Wegen seiner
Geradlinigkeit, seinem unverrücklichen Einsatz für Bürgerrechte und für
soziale Politik.“
„Hans-Christian war ein leidenschaftlicher Demokrat, ein Mann, der seinem
Gewissen folgte – ein Politiker für die Menschen“, schreiben Ricarda Lang
und Omid Nouripour, die beiden Parteichef:innen der Grünen, und die
Fraktionschefinnen Britta Haßelmann und Katharina Dröge in einer
gemeinsamen Mitteilung. „Wegen Ströbi bin ich zu den Grünen gekommen“ –
diesen Satz hätten sie oft gehört. Sein Leitmotiv sei gewesen, den
Rechtsstaat mit Leben zu füllen. „Im Bundestag vermissen wir seine Stimme
bis heute. Oft rang er mit uns und wir mit ihm, und doch war es immer klar,
wo er hingehörte: zu Bündnis 90/die Grünen.“
31 Aug 2022
## LINKS
[1] /Holocaustleugner-im-Gefaengnis/!5456713
[2] /Archiv-Suche/!5785633&s=Wolfgang+Sch%C3%A4uble&SuchRahmen=Print/
[3] /Kabinettsklausur-in-Meseberg/!5874985
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
Otto Schily
Hans-Christian Ströbele
Tod
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt Christian Ströbele
Claudia Roth
Wolfgang Schäuble
Hans-Christian Ströbele
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Lesestück Recherche und Reportage
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