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# taz.de -- Wir fordern: Luxus radikal besteuern
> … weil es längst Zeit für eine solidarische und ökologische Umverteilung
> ist. Superreiche und ihr entgrenzter Konsum schaden der Umwelt massiv.
Bild: Mercedes-Limousine vor Luxus-Yacht – das braucht niemand
Berlin [1][taz Panter Stiftung] Im Kontext der Nachhaltigkeit bewegen sich
Debatten häufig zwischen Greta Thunberg und „Meine Oma ist ’ne alte
Umweltsau“: ein Generationskonflikt, der seine Relevanz verliert, wenn
Superreiche fucking egoman leben. Als jüngste Self-Made-Billionärin
bevorzugt Kylie Jenner eine 17-minütige Tour mit ihrem Privatjet, statt
einer Autofahrt von 40 Minuten. Welche Bedeutung hat das Konsumverhalten
von Otto Normalverbraucher*in, wenn nach einer Oxfam-Studie die reichsten
ein Prozent der Globalbevölkerung doppelt so viele C02-Emissionen
verursachen wie die ärmere Hälfte?
Der Kapitalismus benötigt unendliches Wachstum in einer Welt mit endlichen
Ressourcen. Das geht nicht auf. Mit Blick auf die Klimakatastrophe müssen
wir alle nachhaltiger konsumieren. Wer in prekären Verhältnissen lebt, hat
weder Zeit noch Geld dafür. Gleichzeitig weigern sich Superreiche wie Kylie
Jenner, ihr Verhalten zu verändern. Neben Privatpersonen sind es auch
Unternehmen, die sich der Verantwortung entziehen: Im Jahr 2014 bezahlte
Elon Musk als der reichste Mensch der Welt läppische 3,3 Prozent Steuern.
Jeff Bezos nur 0,9 Prozent. Läuft diese Debatte nicht Gefahr, eine
klassistische Verschiebung mit sich zu bringen? Es sind eben Kylie, Elon
und Jeff die Umweltsäue, nicht Oma oder Otto. Lasst uns auf das schauen,
was sie verbrauchen, aber nicht brauchen: Luxusgüter.
Ist Luxus nicht subjektiv? Der Soziologe Werner Sombart hat schon Anfang
des 20. Jahrhunderts geschrieben, Luxus sei „jeder Aufwand, der über das
Notwendige hinausgeht“. Noch genauer erkennt man protzigen Konsum an der
Zweckmäßigkeit der Produkte. Ein Auto auf dem Land erfüllt eine klare
Funktion – Mobilität! Ein teures Auto in der Stadt (oder der Privatjet)
schießen weit über den Zweck hinaus. Sie verbrauchen übermäßig viele oder
wertvolle Ressourcen, die anderswo benötigt werden – Stichwort
Umverteilung.
Der Konsum von Luxusgütern zerstört maßgeblich unseren Planeten. On top ist
er auch alles andere als notwendig oder zweckmäßig – während andere nicht
mal Grundbedürfnisse erfüllen können. Es handelt sich um ein ökologisches
und soziales Problem. Wir fordern für unseren Planeten und prekär lebende
Menschen, dass Luxus radikal neu besteuert wird.
Um Reiche zur Kasse zu bitten, werden in Deutschland bereits
Umverteilungsmodelle diskutiert. Auf Konzepte wie Vermögens- oder
Erbschaftsteuer, Übergewinn- oder CO2-Steuer reagieren viele empfindlich.
Gerade jetzt kommen mehrere Krisen zusammen, sodass die Existenz von
Millionen Deutschen aufgrund steigender Kosten für Lebensmittel, Benzin,
Wohnraum und Energie akut bedroht ist. Während bei Christian Lindners
Hochzeit auf Sylt Luxus vorgeführt wird und Privatjets für wenige
Gäst*innen bereitstehen, ist der Bedarf an einer radikalen Umverteilung
von Steuern zugunsten der Gemeinheit akuter denn je. Christian, blech für
Solidarität!
In China dient die hohe Besteuerung von Luxusprodukten der Regierung
bereits als wichtige Einnahmequelle, die sich jährlich im dreistelligen
Milliardenbereich bewegt. Dabei werden verschiedene Beträge an Mehrwert-,
Einfuhr- und Verbrauchersteuern für beispielsweise hochwertige
Kosmetikprodukte erhoben. Auch in Österreich regelt die
Normverbrauchsabgabe einen entsprechenden Steuersatz, der für Neuwagen bei
einem Kaufpreis ab 10.000 Euro wirkt, und in Dänemark fallen luxuriöse
Immobilien, Schmuck oder Alkohol unter die Luxussteuer.
Wenn Superreiche auf ihren klimaschädlichen Konsum nicht verzichten
möchten, sollten sie sowohl aus ökologischer wie sozialer Solidarität
draufzahlen. Mit den Einnahmen könnte man regionale und saisonale
Lebensmittel billiger oder das 9-Euro-Ticket zum Standard machen.
Ein solidarisches Steuersystem ist auch in Deutschland nicht nur möglich,
sondern auch dringend notwendig. Wir schauen auf die Ampel und fragen uns:
Wann geht's los?
PINAR DOĞANTEKIN UND LEA RUMP
23 Aug 2022
## LINKS
[1] /Panter-Stiftung/!p4258/
## AUTOREN
Pinar Doğantekin
Lea Rump
## TAGS
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Bundestag
Oxfam
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