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# taz.de -- Entlastungspaket gegen Inflation: Lindner will Steuern stark senken
> Der Bundesfinanzminister plant, den Grundfreibetrag, das Kindergeld und
> den Kinderfreibetrag zu erhöhen. SPD und Grüne kritisieren die Pläne als
> ungerecht.
Bild: Ein Herz für Menschen mit Vermögen: Bundesfinanzminister Christian Lind…
Berlin dpa/afp/epd | Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat am
Mittwoch in Berlin seine Steuerpläne vorgestellt. Mit einem
„Inflationsausgleichsgesetz“ will er die sogenannte kalte Progression
abmildern und den Grundfreibetrag sowie das Kindergeld und den
Kinderfreibetrag erhöhen. Medien hatten bereits über seine Pläne berichtet.
[1][Lindner] erklärte, bei den Gesetzesplänen gehe es nicht um eine
zusätzliche Entlastung der Bürger, sondern um die Vermeidung einer
zusätzlichen Belastung infolge [2][der Inflation]: „Hier geht es um den
Verzicht auf Steuererhöhung“, sagte der FDP-Politiker. Wenn der Bund nicht
handele, drohe 48 Millionen Menschen durch die kalte Progression eine
heimliche Steuererhöhung.
Dem Finanzminister zufolge würde der Staat nach seinen Plänen auf rund zehn
Milliarden Steuereinnahmen verzichten, davon entfielen gut vier Milliarden
Euro jeweils auf den Bund und die Bundesländer und rund zwei Milliarden
Euro auf die Kommunen. Lindner betonte, dass die Anpassung des
Einkommenssteuertarifs nur bis zum Anderthalbfachen des
Durchschnittseinkommens erfolgen solle.
Damit steige die Entlastung ab einem Einkommen von rund 62.000 Euro im Jahr
nicht weiter an, sagte er. Im Durchschnitt über alle Einkommen liege sie
bei 192 Euro. Die sogenannte kalte Progression führt dazu, dass steigende
Einkommen sich gar nicht oder sogar negativ auf den Geldbeutel auswirken
können, wenn für sie höhere Steuern fällig werden, weil der
Einkommenssteuertarif unverändert bleibt.
Medien zufolge, denen der Gesetzentwurf vorliegt, soll zudem der
Grundfreibetrag, der das Existenzminimum eines Erwachsenen steuerfrei
stellt, im kommenden Jahr auf 10.633 Euro und im übernächsten Jahr auf
10.933 erhöht werden. Er war bereits in diesem Jahr um 363 Euro auf 10.347
Euro erhöht worden. Den Plänen zufolge gilt 2023 außerdem der
Spitzensteuersatz erst bei einem zu versteuernden Einkommen von 61.972
Euro. Aktuell sind es 58.597 Euro, im Jahr 2024 sollen es 63.521 Euro sein.
Das Kindergeld für die beiden ersten Kinder soll 2023 um acht Euro auf dann
227 Euro pro Monat steigen. Für das dritte Kind sollen Eltern zwei Euro
mehr, dann ebenfalls 227 Euro. Für das vierte Kind bleibt es bei 250 Euro.
2024 soll das Kindergeld für die ersten drei Kinder noch einmal um sechs
Euro angehoben werden.
Die Koalitionspartner SPD und Grüne kritisieren die Steuerpläne Lindners.
SPD-Fraktionsvize Achim Post erklärte am Mittwoch: „Ein weiterer kräftiger
Entlastungsimpuls bis in die Mitte der Gesellschaft ist richtig und
notwendig. Die vorgeschlagenen Maßnahmen von Bundesfinanzminister Lindner
würden aber hohe Einkommen besonders stark entlasten und sind damit sozial
noch nicht ganz ausgewogen. Hier sollten wir nachbessern.“
Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte: „Steuersenkungen in
Milliardenhöhe, von denen Topverdiener dreimal so stark profitieren, wie
Menschen mit kleinen Einkommen, gehen an der Realität vorbei.“ Es müssten
nun Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlastet werden.
Auch Post sagte, [3][die hohen Energie- und Lebensmittelpreise] träfen vor
allem kleine und mittlere Einkommen. „Diese müssen gezielt unterstützt
werden – und das absehbar auch noch einmal verstärkt in diesem Jahr.“ Daf�…
seien Direktzahlungen das beste Mittel der Wahl. Post nannte als Beispiel
die bereits beschlossene Energiepreispauschale.
Der finanzpolitische Sprecher der Linken-Fraktion im Bundestag, Christian
Görke, nannte Lindners Steuerplan einen „Witz“. Die unteren 70 Prozent der
Bevölkerung würden fast komplett leer ausgehen, da sie kaum Einkommensteuer
zahlten. „Eine Senkung hilft ihnen daher nur minimal. In absoluten Zahlen
profitieren Spitzenverdiener nach Lindners Vorschlag sogar am stärksten.“
Dem Bund der Steuerzahler gehen die Pläne Lindners dagegen nicht weit
genug. „Es handelt sich nicht um ein echtes Entlastungspaket, sondern nur
um einen teilweisen Ausgleich der extrem hohen Belastung“, so Präsident
Reiner Holznagel. Zudem stecke nicht nur ein politischer Wille dahinter,
sondern vor allem eine gesetzliche Verpflichtung. Schließlich müssten die
Freibeträge für Kinder und Erwachsene bei der Einkommensteuer per Gesetz
der Preissteigerung angepasst werden.
Das Statistische Bundesamt gibt an diesem Mittwoch Details zur Entwicklung
der Verbraucherpreise im Juli bekannt. Nach vorläufigen Daten lag die
Jahresteuerungsrate in dem Monat bei 7,5 Prozent. Im Juni waren die
Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat noch um 7,6 Prozent
gestiegen und im Mai um 7,9 Prozent.
Aktualisiert am 10.08.2022 um 11. 40 Uhr. d. R.
10 Aug 2022
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