# taz.de -- Kanadischer Wasserstoff: Hindernislauf zur Klimaneutralität | |
> Der Plan von Bundeskanzler Scholz und Kanadas Regierungschef Trudeau | |
> verspricht Lösungen für die Energiewende. Der Weg dorthin ist allerdings | |
> lang. | |
Bild: Hier sollen die Träume vom grünen Wasserstoff wahr werden: Stephenville… | |
Das könnte die Zukunft sein – und zwar eine einigermaßen menschen- und | |
umweltfreundliche. Wasserstoff aus Kanada soll die Energiewende in | |
Deutschland befeuern. Laut Plan der beiden Regierungen sollen Windräder in | |
Neufundland Ökostrom produzieren. Damit wird Wasser in Sauerstoff und | |
Wasserstoff gespalten. Diesen, in Ammoniak umgewandelt, transportieren | |
Schiffe nach Deutschland, wo er beispielsweise Erdgas in der | |
Chemieindustrie ersetzt. | |
So lässt sich der Abschied von fossilen Energien auch in | |
Wirtschaftsbranchen organisieren, die erneuerbaren Strom nicht direkt | |
verwenden können. Klimaschutz ist ein Ergebnis, ein anderes die Abkopplung | |
vom Erdgas- und Ölverkäufer Russland. Denn wegen der wachsenden weltweiten | |
Systemkonkurrenz müssen sich Staaten wie Deutschland unabhängiger von | |
Russland und China machen. So sollten beispielsweise die Rohstoffe aus | |
Ländern kommen, die nicht damit drohen, ihre [1][Exporte zu stoppen]. | |
Besser Gas aus dem Westen als aus dem Osten. [2][Kanada ist ein | |
sympathischer Lieferant]. Doch vorläufig geht es eben nur um einen Plan. So | |
müssen die 164 Windturbinen, von denen Kanadas Premierminister Justin | |
Trudeau und Kanzler Olaf Scholz sprachen, erst errichtet werden. Ähnliches | |
gilt für die anderen Elemente der künftigen Produktionskette: die | |
Wassergewinnung, Elektrolyse, Pipelines und Häfen, die einige | |
Umweltverbände bekämpfen. | |
Außerdem wird der Wasserstoff der Zukunft nur dann „grün“ sein, wenn zu | |
seiner Herstellung auch wirklich erneuerbare Energie genutzt wird. | |
Voraussetzung wäre zudem, dass der Naturschutz etwa von Wasservorkommen und | |
Küsten zentrale Berücksichtigung findet. Die Wasserstoff-Infrastruktur darf | |
sich nicht zu einer Industrie auswachsen, die ähnlich umweltschädliche | |
Auswirkungen verursacht wie die traditionellen Verfahren. | |
Auch die Anwohner der neuen Produktionsstätten müssen zu ihrem Recht | |
kommen, was gerade in Kanada mit seinen Konflikten um die [3][Stellung der | |
Indigenen] ein heikles Thema ist. Langfristig ungeklärt erscheint bislang | |
zudem die ökonomische Rechnung. Wie teuer wird das alles? Die Hoffnung, | |
dass Ökoenergie billiger ist als fossile, könnte sich als Illusion | |
erweisen. Dagegen steht der Vorteil einer großen Zahl neuer, | |
zukunftsfähiger Arbeitsplätze. | |
Die Jagd nach Rohstoffen jedoch hört nicht auf. Deutschland und Europa | |
werden auch künftig auf Energieimporte angewiesen bleiben. Unabhängigkeit | |
ist unrealistisch. Einfluss nehmen können wir nur darauf, von wem wir | |
abhängig sind. | |
24 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Gaslieferungen-aus-Nordstream-1/!5872353 | |
[2] /Kanzler-Visite-in-Kanada/!5875744 | |
[3] /Indigene-und-Fluessiggas/!5867062 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
## TAGS | |
Kanada | |
Wasserstoff | |
Indigene | |
Klimaneutralität | |
GNS | |
Energiewende | |
Erneuerbare Energien | |
Erderwärmung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Partnerschaft mit Kanada unterzeichnet: Wasserstoff als Hoffnungsträger | |
Deutschland und Kanada haben ein Abkommen zum Export von Wasserstoff | |
vereinbart. Die ersten Lieferungen sollen 2025 beginnen. | |
Kanzler-Visite in Kanada: Wasserstoff aus Neufundland | |
Beim Besuch von Kanzler Scholz in Kanada stehen saubere Energiequellen im | |
Vordergrund – eine schnelle Lösung für die Engpässe bieten sie aber nicht. | |
Indigene und Flüssiggas: LNG aus Kanada ist nicht grün | |
Bundeskanzler Scholz will Flüssiggas in Kanada einkaufen. Für die indigene | |
Bevölkerung hat die Förderung katastrophale Auswirkungen. |