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# taz.de -- „Junge Welt“ veröffentlicht Reisedaten: Linke Solidaritätsrei…
> Linken-Chefin Janine Wissler und Abgeordnete wollten in die Ukraine
> reisen. Dann werden vertrauliche Daten über Route und Zeitraum
> öffentlich.
Bild: Muss doch zuhause bleiben: Linken-Vorsitzende Janine Wissler reist vorers…
Berlin taz | Solidarität mit der Bevölkerung vor Ort zeigen, statt nur
davon zu reden – mit diesem Ziel wollte eine Gruppe von
Linken-Politiker:innen am Donnerstag in [1][die Ukraine] aufbrechen.
Nach dem Besuch von Gregor Gysi wäre es der erste Besuch einer
Linken-Delegation seit dem russischen Überfall vor fast sechs Monaten. Die
kleine Delegation mit der Parteivorsitzenden Janine Wissler an der Spitze
wollte sich ein Bild von dem zerstörten Irpin machen, die Gedenkstätte
Babyn Jar besuchen, Gewerkschafter:innen und Verbündete in Kiew und
Lwiw treffen.
Blöd nur, dass all diese Details samt Reisezeitraum und den Namen aller
Mitreisenden zehn Tage zuvor schon von der Tageszeitung junge Welt
veröffentlicht wurden. Wer die Infos an das marxistische Kampfblatt
durchgestochen hat, ist unklar. Aber der Verdacht steht im Raum: Es ging
den Whistleblowern nicht um Öffentlichkeitsarbeit, sondern darum, die
Reise zu verhindern. Genau das passierte auch. Die parteinahe
Rosa-Luxemburg-Stiftung, die die Reise organisierte und die Termine mit den
Partnern in der Ukraine gemacht hatte, sagte den Besuch am vergangenen
Freitag ab.
Grund sind Sicherheitsbedenken, wie die geschäftsführende
Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Daniela Trochowski, der taz erläuterte:
„Für uns ist es nicht zu verantworten, wenn prominente Mitglieder der
Bundestagsfraktion und die Parteivorsitzende in ein Kriegsgebiet reisen und
Datum und Reiseziel vorab veröffentlicht werden. Es geht auch um die
Sicherheit der Partnerorganisationen vor Ort.“ Menschen, die sich in der
Ukraine politisch links engagieren, werden immer wieder zur Zielscheibe
rechter Attacken, sie werden verprügelt und beschimpft. Rechtsradikale
beschmierten vor zwei Jahren auch das Kiewer Büro der
Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Wer die Informationen rund um die Reise an die junge Welt weitergereicht
hat, kann Trochowksi nicht sagen, will darüber auch nicht spekulieren. Eine
genaue Übersicht über den Kreis der Mitwisser:innen gab es jedenfalls
nicht. Dieser war, trotz strikter Diskretion, recht groß: Neben
Mitarbeiter:innen der Stiftung und den Abgeordneten, waren auch das
Auswärtige Amt, das Bundeskriminalamt und Teile der Linksfraktion im
Bundestag involviert.
## Wer steckt hinter dem Leak?
Die Reisegruppe nahm die Absage mit gemischten Gefühlen auf. Sie bedaure
sehr, dass die Reise kurzfristig abgesagt werden musste, sagte Wissler der
taz. „Nach den Beschlüssen des Bundesparteitags wäre es ein wichtiges
Signal der Solidarität gewesen an die Menschen, die unter dem Krieg leiden,
und auch an unsere Partner vor Ort.“
Auch die Berliner Landesvorsitzende Katina Schubert, die ebenfalls mit von
der Partie gewesen wäre, bedauert die Absage. Gleichzeitig ist sie empört.
Details der Reise vorab an die junge Welt zu geben, sei ein unheimlicher
Vertrauensbruch. „Hier wurde mit den Sicherheitsinteressen unserer Partner
vor Ort und der Teilnehmer gespielt.“
Es sei eigentlich Usus, dass Informationen über Reisen in ein Krisengebiet
nicht vorab veröffentlicht würden, um die Sicherheit aller Beteiligten
nicht zu gefährden, erklärt die ebenfalls reisewillige innenpolitische
Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Martina Renner, der taz. „Wer
immer das geleakt hat, hatte ein Interesse daran, die Reise zu sabotieren.“
Renner befürchtet, dass nun eine Chance verspielt wurde, „Vertrauen bei
jenen Teilen der linken Öffentlichkeit zurückzugewinnen, die uns eher
kritisch gegenüberstehen.“
Wegen [2][ihrer latent russlandfreundlichen Haltung] musste [3][die
Linkspartei] viel Kritik einstecken. Das Verhältnis der Linken zur Ukraine
und zum russischen Angriffskrieg ist zwiespältig. Zwar hat die Partei auf
ihrem Parteitag im Juni einen Leitantrag beschlossen, in welchem sie den
Angriffskrieg Russlands „aufs Schärfste“ verurteilt und ihre Solidarität
mit der ukrainischen Bevölkerung bekräftigt.
Zuvor hatte aber eine Gruppe von Politiker:innen um die
Ex-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht versucht, genau diese Passage zu
streichen. Sie und ihre Anhänger:innen in der Bundestagsfraktion
fordern unverdrossen die Aufhebung der geltenden Sanktionen und rufen dazu
auf, Russland die Hand zu reichen. Einige von ihnen, darunter die
abrüstungspolitische Sprecherin Sevim Dağdelen, arbeiten im Arbeitskreis
Internationale Politik der Fraktion mit, der ebenfalls über die Reisepläne
informiert war.
Die Vermutung steht deshalb im Raum, dass Infos über die geplante
Solidaritätsreise in die Ukraine aus diesem Kreis weitergegeben wurden.
Beweise gibt es nicht, eine Anfrage der taz an den Arbeitskreis
Internationale Politik blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Der
Parlamentarische Geschätfsführer der Fraktion, Jan Korte, teilte aus dem
Urlaub mit: „Der Vorgang wird selbstverständlich in der kommenden
Vorstandssitzung der Fraktion aufgerufen.“ Korte ist auch Mitglied des
Vorstands der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Trochowski kündigte an, dass man den geplatzten Ukrainebesuch in der
Stiftung aufarbeiten werde. „Wir werden schauen, wo die Fehler lagen, und
dann wird es im Herbst sicher eine Neuauflage der Reise geben.“ Wissler,
Renner und Schubert hoffen jedenfalls sehr, dass es klappt.
18 Aug 2022
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
[2] /Protestaufruf-der-Linkspartei/!5871907
[3] /Parteitag-der-Linken/!5863447
## AUTOREN
Anna Lehmann
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