| # taz.de -- Nach Explosion in Gefängnis in Donezk: Raketenangriff – oder nic… | |
| > Bei einer Explosion in der Haftanstalt Oleniwka starben 57 ukrainische | |
| > Kriegsgefangene. Die Ukraine wirft Russland das Vertuschen von | |
| > Folterbeweisen vor. | |
| Bild: Eine Mutter trauert um ihren Sohn, der im Gefängnis in Olewnika inhaftie… | |
| Kiew taz | 57 ukrainische Kriegsgefangene sind durch eine Explosion in der | |
| Haftanstalt Oleniwka in der von prorussischen Separatisten kontrollierten | |
| Region Donezk ums Leben gekommen, 73 weitere wurden zum Teil schwer | |
| verletzt. Bis auf zwei Opfer wurden alle namentlich genannt, berichtet das | |
| russische Verteidigungsministerium, das der Ukraine die Schuld an dem | |
| Angriff gibt. So schlugen laut dem Ministerium angeblich US-amerikanische | |
| Himars-Raketen in dem Gefängnis ein. In diesem seien auch Kämpfer des | |
| [1][Asow-Bataillons] interniert, die sich im Mai ergeben hatten. Mit diesem | |
| Angriff, so die offizielle russische Version, habe die Ukraine ihre | |
| Kämpfenden einschüchtern und warnen wollen, sich nicht dem Feind zu | |
| ergeben. | |
| Maxim Borodin, gewähltes Mitglied des Stadtrates von Mariupol, will das | |
| nicht glauben. Er zitiert auf seiner Facebook-Seite den Militärexperten | |
| Thomas Theiner, der ausschließt, dass das Gefängnis mit einer Rakete | |
| angegriffen wurde. Oleniwka, das 30 Kilometer südlich von [2][Donezk] | |
| liegt, befinde sich gerade einmal 15 Kilometer von der Front entfernt. Es | |
| sei nicht logisch, dass die ukrainische Seite für eine so kurze Entfernung | |
| teure Himars-Raketen einsetzen würde, wenn man genauso gut günstigere | |
| Artillerie hätte verwenden können. | |
| Auch haben ihn die von der russischen Seite veröffentlichten Fotos des | |
| Hauses davon überzeugt, dass der Angriff nicht mit einer Himars-Rakete | |
| erfolgt sei. Diese könnten Betonwände durchbrechen, Wände völlig | |
| niederreißen. Doch die Explosion von Oleniwka sei von so geringer | |
| Intensität gewesen, dass nicht einmal die Betten um nur wenige Zentimeter | |
| verrückt worden wären. Zudem sei kein für einen Einschlag von | |
| Himars-Raketen typischer Krater zu sehen. Eine nahe gelegene Kaserne blieb | |
| von dem Angriff verschont. | |
| „Das war eine Massenhinrichtung“ | |
| Auch Michajlo Podoljak, Berater des Chefs der ukrainischen | |
| Präsidialadministration, ist sich sicher, dass dies kein Raketeneinschlag | |
| war. Dies sei eine von russischer Seite geplante Tötung von Gefangenen | |
| gewesen. Dafür spreche auch, so Podoljak, dass die Gefangenen erst kurz vor | |
| dem Angriff in dieses Gebäude transferiert worden seien. | |
| Gegenüber der taz befürchtete die Mutter eines Kämpfers, der derzeit in | |
| Oleniwka festgehalten wird, die ihren Namen nicht in der Zeitung sehen | |
| möchte, dass die von Russland angegebene Zahl von 57 getöteten | |
| Kriegsgefangenen möglicherweise untertrieben ist. „Das war eine | |
| Massenhinrichtung“, sagt sie. „Nun sind auch die anderen dort internierten | |
| Gefangenen gefährdet.“ | |
| Schon am Freitagabend hatte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte | |
| Söldner der russischen Gruppe „Wagner“ beschuldigt, den Angriff auf die | |
| Strafkolonie ausgeführt zu haben. Erst zwei Tage zuvor waren die | |
| Kriegsgefangenen dorthin verlegt worden. Dieser Angriff habe der | |
| Verschleierung gedient. Man habe die Veruntreuung von Geldern und, | |
| wichtiger noch, die Folter ukrainischer Gefangener verschleiern wollen, so | |
| der Generalstab. | |
| Unterdessen dementierte das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) | |
| auf Twitter eine Meldung, die Organisation habe Zutritt zum Lager erhalten. | |
| Einen Tag vor dem Angriff auf das Gefängnis war ein Video durch russische | |
| Telegram-Kanäle gegangen, das Folter ukrainischer Gefangener in einer | |
| Haftanstalt zeigt. Darin ist auch die Kastration eines gefesselten | |
| Ukrainers zu sehen. | |
| Als einer der Ersten hatte Andriy Biletskyj die Folter der ukrainischen | |
| Militärangehörigen, die zum großen Teil Kämpfer des von Biletskyj | |
| gegründeten Asow-Bataillons sind, und den Angriff auf die Haftanstalt | |
| kommentiert. „Die russische Führung stellte die Massentötung von Gefangenen | |
| als eine Aktion der ukrainischen Armee dar. Doch es ist offensichtlich, | |
| dass es sich hier um eine im Voraus geplante Tat eines Landes handelt, dem | |
| der Begriff der Offiziersehre unbekannt ist, geschweige denn die Einhaltung | |
| der Genfer Konventionen, der Regeln und Gesetze des Krieges.“ | |
| Die meisten sind Asow-Kämpfer | |
| Nun werden alle Asow-Einheiten, so der rechtsradikale ehemalige | |
| Asow-Kommandeur, Jagd auf jeden machen, der an dem Massaker beteiligt war. | |
| „Wo auch immer ihr euch versteckt, ihr werdet gefunden und vernichtet | |
| werden“, so Andriy Biletskyj. Und der Blogger Denis Kasanski erklärt: „Ich | |
| habe das Video, das die Folter eines ukrainischen Kriegsgefangenen zeigt, | |
| gesehen. Den Autoren dieses Videos sei es gesagt: Ihr habt hoffentlich | |
| kapiert, was wir nun mit euren Leuten machen werden.“ | |
| Demgegenüber erklärt die ukrainische Menschenrechtlerin Tetiana Pechonchyk | |
| auf ihrer Facebook-Seite: „Die Verbreitung eines Videos, das zeigt, wie | |
| einem ukrainischen Soldaten die Genitalien abgeschnitten werden, ist eine | |
| weitere psychologische Operation des Feindes im Informationskrieg. Ziel ist | |
| es, bei den Ukrainern Wut, Rachedurst und den Wunsch zu wecken, das Gleiche | |
| mit den russischen Kriegsgefangenen zu machen.“ Doch die Ukraine dürfe sich | |
| nicht auch auf dieses Niveau herablassen, so die Menschenrechtlerin. | |
| So gehören laut Pechonchyk Folter und Hinrichtung zu den schlimmsten | |
| Kriegsverbrechen. Wenn die Ukraine als Reaktion auf die Handlungen des | |
| Feindes ebenso handele, weiche sie nicht nur von den Grundsätzen des | |
| humanitären Völkerrechts, der zivilisierten Welt und den internationalen | |
| Normen ab, sondern ähnele auch dem Aggressorland, das sich auf die Seite | |
| der Barbarei und Grausamkeit stelle. Unterdessen hat die russische | |
| Botschaft in London einen umstrittenen Tweet aus dem Netz genommen. In | |
| diesem hatten Bewohner von Mariupol gefordert, Angehörige von „Asow“ zu | |
| hängen. | |
| In dem für 1.100 Häftlinge ausgelegtem Gefängnis Oleniwka sollen sich nach | |
| ukrainischen Angaben derzeit über 3.000 Häftlinge aufhalten, die meisten | |
| von ihnen sind Kämpfer des Asow-Regiments, die das Gelände des | |
| Asow-Stahlwerkes im Mai verteidigten. 2.449 Asow-Kämpfer haben sich nach | |
| Angaben der ukrainischen Zeitung Ukrainska Prawda damals ergeben. Die | |
| meisten von ihnen seien in Oleniwka interniert. | |
| 31 Jul 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Soldaten-aus-ukrainischem-Stahlwerk/!5855760 | |
| [2] /Ukrainerinnen-trotzen-dem-Krieg/!5865245 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Clasen | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Asowsches Meer | |
| Donezk | |
| Folter | |
| Ukraine | |
| Russland | |
| Russland | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Ukraine | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Angriffe auf russische Truppen: Moskaus Blutzoll | |
| Neben dem Angriff in der Silvesternacht meldet die Ukraine eine weitere | |
| Attacke gegen russische Besatzungstruppen. Von mehreren Hundert Opfern ist | |
| die Rede. | |
| Berichte aus russischer Gefangenschaft: Verhört, gequält, „Müll“ genannt | |
| Auf russisch besetztem Gebiet gibt es viele willkürliche Festnahmen. Drei | |
| Männer erzählen, was Gefangenschaft und Folter mit ihnen gemacht haben. | |
| Waffenlieferungen an die Ukraine: Vermehrte Mehrfachraketenwerfer | |
| Neue Lieferungen aus den USA und Deutschland stärken die Abwehr der Ukraine | |
| gegen Russland. Derweil gehen die Kämpfe im Donbass intensiv weiter. | |
| Alltag in der Ukraine: In Gedanken im Krieg | |
| Das ukrainische Dorf Popiwka nahe der russischen Grenze blieb bisher vom | |
| Krieg verschont. Trotzdem beschäftigt die Bewohner nichts anderes. | |
| Milizionäre in der Ukraine: Generation Asow | |
| Sie kämpfen gegen Russland, tragen rechte Symbole und werden in der Ukraine | |
| gefeiert. Doch wer sind die Asow-Kämpfer? Ein Treffen in Charkiw. | |
| Soldaten aus ukrainischem Stahlwerk: Die mit der Wolfsangel | |
| Wer sind die ukrainischen Militärs, die sich in Mariupol ergeben haben? | |
| Manche gehören zum Asow-Regiment, das rechtsradikale Wurzeln hat. |