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# taz.de -- Aktuelle Lage in der Ukraine: Schattenspiel ums Schwarze Meer
> Russland sagt eine Marinefeier auf der Krim ab. Der Grund: ein
> Drohnenangriff auf den Sitz der Schwarzmeerflotte. Die Ukraine
> dementiert.
Bild: Dann eben in St. Petersburg: Russlands Staatschef Putin (links) zum „Ta…
Dem „Tag der Marine“, den Russland jedes Jahr am letzten Sonntag im Juli
begeht, sollte dieses Jahr eine besondere Bedeutung zukommen. Nicht nur
wollte Russland mit einer Show im Hafen von Sewastopol auf der annektierten
Krim seine Kontrolle des Schwarzen Meeres unterstreichen, sondern Präsident
Wladimir Putin wollte eine neue Marinedoktrin mit globalem Anspruch
vorstellen.
„Strategische Stabilität“ ist Berichten zufolge das Ziel in dem 53-seitigen
Dokument, das unter anderem eine verstärkte russische Marinepräsenz in der
Arktis und im Pazifik vorsieht, gegen die „Dominanz“ der Meere durch „die
USA und ihre Verbündeten“. Auch die Ostsee zählt demnach fortan zu den
Gebieten, die zum russischen „nationalen Interesse“ gehören.
Am Sonntag wurde gemeldet, Putin habe das Dokument unterschrieben. Aber die
Show in Sewastopol wurde kurzfristig gestrichen. Eine ukrainische Drohne
habe das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte getroffen, sagte der
Gouverneur von Sewastopol. Es habe im Hof sechs Verletzte gegeben.
Die Ukraine dementierte, aber konnte sich eine höhnische Reaktion nicht
verkneifen. „Tatsächlich hat sich der Feind nicht getraut, den Tag der
Schwarzmeerflotte der Russischen Föderation zu begehen, und um sich nicht
vor der ganzen Welt für seine Angst vor den Streitkräften der Ukraine zu
schämen, dachte er sich einen Vorwand aus“, erklärte der ukrainische
Generalstab. Mit der Absage „erkennt der Feind die Unwirksamkeit seiner
Luftverteidigung an“, hieß es weiter. Ein Sprecher der Regionalverwaltung
von Odessa sagte: „Die Befreiung der besetzten ukrainischen Krim wird auf
eine andere, viel effektivere Weise erfolgen.“
Ukraine bereitet sich auf heiße Phase vor
Es erscheint wie ein Schattenspiel um die Kontrolle des Schwarzen Meeres
pünktlich zur Vorbereitung der ersten ukrainischen Getreideexporte über das
Meer seit Kriegsbeginn. Voraussichtlich am Montag sollen die ersten Schiffe
mit Weizen in Odessa ablegen, gemäß den Vereinbarungen, die die UNO und die
Türkei am 22. Juli mit der Ukraine und Russland unterzeichneten. Das darin
vereinbarte Kontrollzentrum in Istanbul wurde vergangene Woche
eingerichtet. Und Ukraines Präsident Wolodimir Selenski begutachtete in den
vergangenen Tagen persönlich die Vorbereitungen der Exporte in Odessa.
Parallel zum Tod von 57 ukrainischen Kriegsgefangenen in russischem
Gewahrsam im Donbass zeigt der Vorgang aber auch, dass die Nerven blank
liegen. Manche Beobachter vermuten, Russland wolle mit solchen Aktionen die
ukrainische Seite dazu verleiten, die militärische Geduld zu verlieren. Die
Ukraine bereitet sich nämlich auf die heiße Phase ihrer Großoffensive zur
Rückeroberung des Südens vor.
Die hat bereits mit Schlägen gegen die russische Militärinfrastruktur und
einzelnen Vorstöße in den Distrikten [1][Cherson] und Saporischschja
begonnen. Die Ukraine will die russischen Truppen in der besetzten
Großstadt Cherson einkesseln. Das Risiko besteht aber auch, dass sie
stattdessen ihre eigenen Soldaten zu Tausenden in den Tod schickt.
Russland ist sich der Bedeutung dessen bewusst. Um die Stadt Cherson werden
die russischen Verteidigungsstellungen ausgebaut, Truppen aus dem Donbass
werden in die Südukraine verlegt und frische Truppen aus Russland in die
Ostukraine geschickt. Auch der Beschuss des ukrainischen Regierungsgebietes
wird verstärkt, vor allem an den Fronten bei Donezk im Osten. Präsident
Selenski rief am Samstagabend deshalb die Bewohner des von der Ukraine
kontrollierten Teils der Region Donezk auf, das Gebiet zu verlassen.
„Bitte, evakuieren Sie“, sagte er. „Je mehr Menschen aus dem Donezker
Gebiet gehen, desto weniger Leute kann die russische Armee töten.“
Die Frontstadt [2][Mykolajiw], deren Widerstand den Vorstoß Russlands in
der Südukraine Richtung Odessa im Frühjahr aufhielt und von der aus jetzt
die Gegenoffensive geführt wird, erlitt am Sonntag nach Angaben von
Bürgermeister Olexander Sjenkewytsch den heftigsten russischen Beschuss
seit Kriegsbeginn. Erst am Freitag wurden bei einem Angriff Wartende an
einer Bushaltestelle in Mykolajiw getroffen. Die Zahl der Toten stieg bis
Sonntag auf zehn.
31 Jul 2022
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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